Elmshorn. Seit 1872 hat es am Alten Markt immer ein Geschäft unter diesem Namen gegeben. Nun endet eine lange Familiengeschichte der Stadt.
Brigitte Niehus und Heike Schröder haben gute Laune. Dabei müsste dies doch eigentlich ein Moment der Wehmut sein. Die Ehefrau von Uhrmachermeister Karl-Michael Niehus und ihre Mitarbeiterin machen Scherze mit ihrem dritten Teammitglied. „Sie ist ja ein bisschen still“, sagt Brigitte Niehus. „Und etwas steif ist sie auch noch“, fügt Heike Schröder hinzu.
„Sie“ – das ist die Modepuppe mit dunkelbraunem Haar und heller Bluse, die hinterm Tresen des kleinen Verkaufsraums von Uhren Niehus am Alten Markt in Elmshorn steht. Gut sieht sie aus. „So gut, dass sie immer wieder mal, auch nach so vielen Jahren, von Kunden aus Versehen angesprochen wird“, wie Brigitte Niehus zu berichten weiß. „Dabei hat sie immer noch keinen Namen.“
Uhren Niehus Elmshorn: Im Laden gibt es noch eine „stille“ dritte Mitarbeiterin
Das wird nun mit dem Besuch des Hamburger Abendblatts spontan geändert. „Hmmmm, Susanne? Nein“, beratschlagt das Duo. „Ich hab’s, Marion. Ab jetzt heißt sie Marion“, sagt Brigitte Niehus und kann sich ein breites Lächeln nicht verkneifen.
Das Lächeln tut gut, denn während Ladeninhaber Karl-Michael Niehus noch für Erledigungen außer Haus ist, bereitet das eingespielte Team den Warenbestand von Uhren Niehus auf sein „letztes Halali“ vor. Denn an diesem Donnerstag, 7. November, beginnt der „Totalausverkauf“ des Geschäfts, dessen Name seit 1855 in Elmshorn ein Begriff ist und das die Passanten und Kunden hier in der Elmshorner Innenstadt seit 122 Jahren an dieser Stelle, Alter Markt 14, kennen.
Uhren Niehus schließt: Mit 71 Jahren ist für den Inhaber der Zeitpunkt gekommen
„Mit 71 Jahren ist für mich einfach der Zeitpunkt gekommen, an dem man mal ans Aufhören denken sollte“, sagt Karl-Michael Niehus, der mittlerweile zurückgekehrt ist. „Wir wollten so lange weitermachen, bis meine Frau ohne Abzüge in Rente gehen kann. Und jetzt mit 64 ist es nun so weit.“
In Rente gehen ist ja das Eine, aber nun steht ein radikaler Umbruch für Niehus an. Anders als 1884 sein Ur-Ur-Großvater Barthold, der Firmengründer von 1855, anders als sein Ur-Großvater Johann anno 1934, anders als sein Großvater Karl 1974 und auch anders als seine Mutter Käthe im Jahr 1987 gibt Karl-Michael Niehus sein Geschäft nicht mehr an die Nachkommen weiter.
Ende einer Dynastie: Kinder des Uhrmachers haben andere Berufe
Ist halt so, aber der Absolvent des letzten Uhrmachermeister-Jahrgangs der Altonaer Uhrmacherschule im Jahr 1980 kann das Ende dieser Familientradition gut verkraften. „Es ist zwar erstmal ein komisches Gefühl, aber unsere Kinder machen jetzt alle was anderes“, sagt der 71-Jährige. „Unser Ältester ist bei der Berufsgenossenschaft und macht Sicherheitsüberprüfungen, unsere Tochter hat Maschinenbau studiert und unser Jüngster ist beim Bund Zugführer.“
Und ein externer Nachfolger aus dem Fach? War da niemand für dieses Geschäft zu gewinnen? „Nein, leider nicht. Da hast du heute kaum Chancen“, sagt der Uhrmachermeister, der nach 37 Jahren unter seiner Führung den Namen Uhren Niehus beenden wird.
Uhrmacher in Elmshorn: Der Weg war nicht vollkommen freiwillig
Aber geht das nicht doch tief ins Gemüt, nun nach der Geschäftsübernahme von der Mutter die Uhrmacherei-Linie der Familie zu beenden? Nein, keine Gefühlsaufwallungen bei Niehus. Denn der Weg in den Beruf war nicht wirklich eine Herzensangelegenheit für den jungen Mann von damals. „Das ist da einfach so beschlossen worden, und damit war es das, und ich war drin.“
Doch auch wenn der Weg in die Uhrmacherei vielleicht nicht hundertprozentig freiwillig verlaufen ist, seine Kunden hat der filigrane Techniker es nie merken lassen. Für ihn, seine Frau Brigitte und Heike Schröder, die vor zehn Jahren nach der Schließung des Uhrengeschäfts in Barmstedt zum Ehepaar Niehus kam, ist der Kundenkontakt stets eine Freude.
Elmshorn: Beratung und Kundenkontakt immer der große Trumpf
„Da kommen schon tolle Gespräche zustande“, sagt Brigitte Niehus. „Ich bin ja auch eine, die sich gern mal Zeit für einen Klönschnack nimmt; manchmal hab ich schon bei mir gedacht, dass ich mir hier eine Couch hinstellen könnte.“ Wieder schmunzelt sie.
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Ob das ihr und Heike Schröder in den kommenden Tagen und Wochen gelingen wird, wenn sich viele Stammkunden für einen letzten Besuch im Geschäft einfinden? Ein letzter Batterietausch, ein neues Schmuckstück, eine letzte Beratung. „Das wird bestimmt nicht immer leicht für uns“, glaubt auch Heike Schröder.
Ausverkauf bei Uhren Niehus: Kundenwünsche können noch erfüllt werden
Jedenfalls heißt es von nun an: „Alles muss raus!“ Aber ohne Stress. „Wir haben es nicht eilig; der Ausverkauf endet, wenn der Laden leer ist“, sagt Brigitte Niehus. Und wenn zwischendurch noch ein besonderer Kundenwunsch in Sachen Schmuck oder Uhren aufkommen sollte, wird auch jetzt noch im Ausverkauf möglicherweise etwas nachzubestellen sein.
Geöffnet hat Uhren Niehus wochentags von 10 bis 18 Uhr; sonnabends können die Kunden von 9.30 bis 14 Uhr einkaufen und sich gewohnt kompetent beraten lassen. Bis dann der Laden irgendwann leer sein wird. Und dann ist Schluss in Elmshorn mit Uhren Niehus – und mit den Verwechslungen mit der stillen Marion.