Elmshorn. Das Elmshorner Fachgeschäft für Küchenartikel ist nach über 125 Jahren nicht mehr inhabergeführt. Wie der Neustart aussehen soll.
Hier noch ein wenig zurechtrücken, da einen Karton wieder aus dem Regal nehmen. Inge Olandt tritt einen Schritt zurück und beäugt kritisch ihr Werk. Nach rund 28 Jahren in diesem Haus hat die Verkaufsberaterin für Koch- und Küchenutensilien einen gewissen Anspruch an sich und ihre Arbeit entwickelt. Die Elmshornerin ist zufrieden. So kann sie mit dem erstmalig eingeräumten Regal des neuen Sortiments für Kitchen Aid-Produkte den kommenden Mittwoch beruhigt angehen.
Eine Regalwand weiter neben ihr steht Manuela Stade vor einem ähnlichen Problem. Nach 23 Jahren Erfahrung im bisherigen Kerkamm Markenhaus weiß sie, welchen Ruf dieses Fachgeschäft für alles rund um die Küche künftig zu verteidigen hat. Sie legt letzte Hand an die Auslagen mit Dr. Oetker Backformen – ebenfalls ganz neu in der Produktpalette, für die sie wie auch ihre Kolleginnen Olandt und Nicole Uhl gerne Beratung anbieten. Auch, wenn sie alle dies von nun an unter dem Namen Kochshop tun werden.
Mitte Februar war der letzte Öffnungstag für das bisherige Kerkamm Markenhaus
Mitte Februar ist in den Räumen an der Schulstraße 16-18 endgültig die Klappe gefallen für den Küchen-, Koch- und Haushaltsspezialisten, der rund 125 Jahre lang ein wahre Landmarke in der Elmshorner Geschäftswelt gewesen ist. Der Räumungsverkauf hatte schon im Oktober 2023 begonnen, letzte Schnäppchen sind dann mit 70 Prozent Nachlass über den Ladentisch gegangen.
„Der Abverkauf ist richtig gut gelaufen“, resümiert Hans-Jürgen Dammann, der ins Traditionsgeschäft 2012 eingestiegen war, Geschäft und Einrichtung vier Jahre später erwarb und die Räumlichkeiten 2016 für vorerst fünf Jahre von Semmelhaack Immobilien angemietet hatte. „Herr Theodor Semmelhaack hat anscheinend eine Affinität zu inhabergeführten Geschäften“, sagt Dammann. „Eine Bedingung beim Gebäudekauf von Jörn Kerkamm im Jahr 2016 war, dass an dieser Stelle noch mindestens fünf Jahre in der gleichen Branche Handel getrieben wird.“
Hans-Jürgen Dammann hat professionelle Erfahrung mit Räumungsverkäufen
Eine Voraussetzung, die der in der Kirchenstraße mit seiner Ehefrau Elgard lebende Elmshorner gern erfüllen wollte und nun auch hat. Dabei hat ihm der Abverkauf seines Geschäfts im vergangenen Jahr gar nicht mal so weh getan. „Das ist ja das ursprüngliche Hauptstandbein für mich und meine Frau gewesen, ehe wir uns zum Einstieg bei Kerkamm entschlossen haben“, sagt Dammann. „Wir organisieren als Dienstleister Räumungsverkäufe für Geschäfte und setzen diese dann auch um. Das ist dann die Firma meiner Frau, mit der wir das machen.“
Aber warum dann doch als Besitzer aussteigen, wenn alles als eingespieltes Team so gut läuft? „Unser erster Mietvertrag lief bis 2021, also mitten hinein in die Corona-Phase“, blickt Dammann auf geschäftlich sehr herausfordernde Zeiten zurück. „Das war dann alles nicht leicht für uns, und ich habe danach nur Kurzzeit-Mietverträge abgeschlossen, um in meinen Entscheidungen flexibler sein zu können“, sagt Dammann.
Corona ist zwar überstanden, aber 2023 fällt doch die Entscheidung für den Verkauf
Zwei Jahre lang hat der Mittsiebziger weitergemacht, aber Mitte 2023 entschloss er sich dann doch, den Belastungen Tribut zu zollen. Die 600 Quadratmeter Verkaufsfläche, drei Festangestellte sowie einige 520-Euro-Kräfte waren dann doch zu viel. Aber eine Chance und Gelegenheit für die Küchenprofi GmbH in Solingen, die mit ihren Produkten und einer eigenen Kochshop-Filiale gern auch in Elmshorn sesshaft werden wollte.
Die Verhandlungen verliefen gut, man wurde sich einig. Und nun steht für diesen Mittwoch das sogenannte Soft Opening an, ehe dann am Freitag und Sonnabend mit ein wenig mehr Glanz und Gloria die Wiedereröffnung des Geschäfts an der Schulstraße 16-18, als elfte bundesdeutsche Kochshop-Filiale, begangen wird.
Hans-Jürgen Dammann hat zwar Kerkamm verkauft, aber er bleibt vor Ort aktiv
Bis dahin werden auch der Kerkamm-Schriftzug über der Tür und andere Hinweise auf die früheren Eigner des Traditionshauses Geschichte sein. Aber nicht der letzte Eigner; Hans-Jürgen Dammann wird weiterhin vor Ort sein. „Ich habe dann die offizielle Rolle des Geschäftsbesorgers inne“, sagt der Elmshorner. „Ich stelle das Personal und organisiere den Verkauf.“
Aber dann ist das doch immer noch das volle Maß an Arbeit für den Mann, der eigentlich viel kürzertreten wollte? „Überhaupt nicht“, sagt der nun Ex-Inhaber des Geschäfts. „Es fällt der gesamte Einkauf mit all seinen Erfolgsrisiken weg. Küchenprofi liefert seine Produkte, die nach eigenen Vorgaben und Qualitätsansprüchen produziert werden. Wir leisten nur noch Verkauf und Beratung.“
Auf einer zweitägigen Fahrt in die Zentrale lassen sich die Mitarbeiter für die neuen Produkte schulen
Und damit diese Beratung gleich vom ersten Tag an sitzt, haben Dammann und seine Mitarbeiterinnen Stade, Olandt und Uhl erst kürzliche eine Dienstreise zur Kochshop-Zentrale nach Solingen unternommen. „Da haben wir dann die gesamte Produktpalette kennengelernt und konnten uns mit den Besonderheiten der neuen Waren auseinandersetzen“, sagt Manuela Stade.
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Für viele neue Waren im Angebote mussten andere jedoch weichen. „Wir haben zum Beispiel kein Porzellan und auch keine Gläserserien mehr“, sagt Inge Olandt einerseits bedauernd, andererseits voller Verständnis für die neuen Zeiten. „Früher hatten wir hier reihenweise Hochzeitstische, mit denen sich Brautpaare Geschirr und Gläser für ihren gemeinsamen Hausstand schenken ließen. Aber die jungen Leute gehen doch heute dafür lieber zu Ikea. Geht etwas kaputt, wird es eben neu gekauft.“
Durch die Beratung hebt sich das Fachgeschäft sehr vom Onlinehandel ab
Deswegen freuen sich die Kochshop-Mitarbeiterinnen auf die Verkaufsgespräche, durch die sie das Gefühl bekommen, ihren Kundinnen und Kunden auch etwas Gutes zu tun. Inge Olandt erinnert sich gern an ein Musterbeispiel dafür, dass gute Beratung unersetzlich ist.
„Ich hatte eine ältere Kundin, die ein Brotmesser kaufen wollte. Ich bat sie, doch einmal ihre bevorzugte Brotsorte mitzubringen“, sagte die erfahrene Beraterin. „Dann haben wir Messer ausprobiert. Die waren auch gut, aber dann habe ich sie unser Premiummesser benutzen lassen. Das hat zwar über 200 Euro gekostet, aber sie war so begeistert, dass sie es genommen hat – und zwei Tage später war sie wieder da und wollte aus der gleichen Serie ein Küchenmesser haben. Da weiß ich dann, dass ich alles richtig gemacht habe.“