Elmshorn. Stadt und Kreisjägerschaft kooperieren bei der Bekämpfung der invasiven Art. Warum die Ausbreitung der Nager gestoppt werden soll.

Natur ist etwas Schönes. Einerseits. Denn wer freut sich nicht, beim Spaziergang im Park oder in der Feldmark einen seltenen Vogel, ein Reh, vielleicht sogar einen Otter oder anderes Getier entdeckt? Doch auf Elmshorner Stadtgebiet hält sich in einem ganz speziellen Punkt die Freude über sich gut vermehrende Wildtiere arg in Grenzen. Nachdem die Stadt bereits ein Krähenproblem hatte, hat sich nun die Nutria zur Plage entwickelt.

Die Biberratte, wie der große Nager auch genannt wird, zählt zu den invasiven Tierarten. Sie gehört nicht in die norddeutsche Natur. Ursprünglich in Südamerika beheimatet, wurde Myocastor coypus, so der wissenschaftliche Name der Nutria, wegen ihres Fells auch in Europa gezüchtet. Und nach Flucht oder Freisetzung aus Zuchtanlagen begann die Biberratte ihren bislang unaufhaltsamen Siegeszug.

Nutriaplage in der Stadt Elmshorn: Nager untergraben Deiche und Böschungen

Mit spürbaren Folgen auch für die Natur im Kreis Pinneberg, aber teils noch gravierender für die Bauwerke beziehungsweise Schutzmaßnahmen, die wir Menschen hier eingerichtet haben. „Die Tiere untergraben unsere Deichanlagen und Böschungen zum Beispiel die von Entwässerungsgräben“, erklärt Sebastian von Preyss vom Elmshorner Amt für Tiefbau und Verkehr.

Zwei anschauliche Beispiele für die Gefahr durch die Ansiedlung von Nutrias hat der städtische Mitarbeiter sofort parat: „Deren Bauten sieht man nicht auf den ersten Blick. Aber wenn sie mit einem Trecker darüberfahren, kann der Trecker einbrechen oder sogar umkippen. Und bei einem Deich sorgt ein anfangs nur kleines Loch für Unterspülungen und birgt so eine große Gefahr für das Hinterland.“

Anwachsen der Nutriapopulation: Es fehlen natürliche Fressfeinde, 485 Tiere erlegt

Das Problem: Die neuen Bewohner in unserer Umgebung haben keine nennenswerten, natürlichen Feinde. Und etwa Hunde, die in Kontakt mit den äußerst wehrhaften, erwachsenen Nagern geraten, tragen nicht selten durch die vier bis sechs Zentimeter langen Schneidezähne erhebliche Verletzungen davon. Die Folge der fehlenden natürlichen Reduktion, es werden immer mehr: Im Jagdjahr 2023 wurden im Kreis bereits 485 Nutrias erlegt. Rund ein Drittel mehr als im Vorjahr.

Und auch wenn die Tragzeit der Nutrias mit ungefähr 132 Tagen deutlich länger ist als die von Kleinnagern wie der Ratte (rund 23 Tage), so erfreut sich die Nutriapopulation eines fast schon exponentiellen Wachstums. Bei durchschnittlichen Würfen von fünf Jungtieren, es wurde aber auch schon bis zu einem Dutzend Junge beobachtet, ist der Nachwuchs nach nur fünftägiger Säugezeit allein überlebensfähig. Und die Paarungszeit ist ganzjährig.

Nutrias im Kreis Pinneberg: Tierische Invasoren verdrängen heimische Arten

Also niedlich hin oder her, es muss gehandelt werden. „Wir müssen konsequenter gegen die tierischen Invasoren vorgehen“, fordert zum Beispiel Hans Wörmcke, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Pinneberg. „Nutrias und andere Invasoren breiten sich aus, weil sie keine Fressfeinde haben. Sie verdrängen unsere einheimischen Arten.“

Mehr zum Thema

Die Wissenschaft gibt Pinnebergs oberstem Jäger recht: „Invasive Arten sind eine der ganz großen Bedrohungen für die Biodiversität. Sie können die Natur irreparabel beschädigen“, hat schon 2023 Professorin Helen Roy vom Weltbiodiversitätsrat IPBES klargestellt. „Bei 16 Prozent aller weltweit ausgestorbenen Arten waren laut des Biodiversitätsrats-Berichts allein invasive Arten ausschlaggebend.“

Maßnahmen gegen Nutrias: „Invasive Arten müssen stärker bejagt werden.“

Daraus resultiert nach Wörmckes Auffassung ein Handlungsauftrag an die Städte und Kommunen. „In unseren Behörden und einigen Institutionen muss deshalb schnellstens umgedacht werden. Invasive Arten müssen stärker bejagt werden.“

Der Appell ist in Elmshorn zumindest angekommen. Stadt und Kreisjägerschaft kooperieren und wollen in der kommenden Woche Maßnahmen vorstellen, mit denen der stetig wachsenden Nutriapopulation, aber auch der anderer Invasoren, Einhalt geboten werden soll.