Barmstedt. Drei Straßen in Barmstedt betroffen. Anwohner setzen sich gegen Pläne zur Wehr. Experte warnte Stadt schon vor Jahren vor Problemen.

Die Anwohner von mehreren Straßen in Barmstedt sind genervt. Ihnen droht, dass ihre Mülltonnen nicht mehr geleert werden. Ihre Straßen seien zu eng für die großen Müllfahrzeuge, hat ihnen die Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) jetzt mitgeteilt.

Die Stadt will nun von 6 bis 11 Uhr an den beiden Werktagen, wenn die Müllabfuhr kommt, generelle Halteverbote erlassen. Oder die Bürgerinnen und Bürger müssten frühmorgens ihre Tonnen jeweils einige Hundert Meter weit an die Enden der Straßen bringen. Betroffen sind gut 50 Haushalte in der Kirchenstraße, Chemnitzstraße und Neue Straße.

50 Haushalte in Barmstedt betroffen: GAB knüpft Müllabfuhr in drei Straßen an Bedingungen

Uwe Tiensch, der seit 20 Jahren in der Neuen Straße wohnt, ist sauer. Der Mann ist zugleich Sprecher und Experte in dieser Sache für seine Nachbarn. Mit Bild möchte er nicht im Abendblatt erscheinen. Aber er sagt: „Ich habe genau dieses Problem kommen sehen und mehrfach darauf hingewiesen.“

Die Müllfahrzeuge müssen zum Teil haarscharf an den geparkten Fahrzeugen vorbeifahren.
Die Müllfahrzeuge müssen zum Teil haarscharf an den geparkten Fahrzeugen vorbeifahren. © Burkhard Fuchs | Uwe Tiensch

Aber offenbar habe in der Stadtverwaltung niemand richtig zugehört, ärgert er sich. Tiensch kennt sich damit gut aus. Er ist als beratender Ingenieur seit Jahrzehnten für Straßen- und Tiefbaumaßnahmen tätig.

Anwohner hat die Stadt Barmstedt davor gewarnt, die Neue Straße schmaler zu machen

Als vor drei Jahren die Neue Straße neu asphaltiert werden musste, weil die Kanalisation erneuert worden war, wurde sie um zehn Zentimeter auf 4,50 Meter Breite schmaler gemacht. Tiensch protestierte dagegen und warnte die Verwaltung, das nicht zu tun.

GAB-Sprecher Julian Jenkel: „Der Fahrstreifen ist zu schmal für unsere Müllfahrzeuge. Wir schlagen deshalb vor, temporäre Halteverbote für diese Straßen einzurichten.“
GAB-Sprecher Julian Jenkel: „Der Fahrstreifen ist zu schmal für unsere Müllfahrzeuge. Wir schlagen deshalb vor, temporäre Halteverbote für diese Straßen einzurichten.“ © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Denn nun hätten die großen Müllfahrzeuge in dieser Einbahnstraße noch weniger Platz hindurchzufahren als zuvor. Dabei parken die Anwohner dort schon ausschließlich in Fahrtrichtung auf der rechten Seite, sonst würde dort keiner mehr durchkommen.

GAB und Stadtvertreter schauten sich die Situation an

Für die GAB ist die Angelegenheit eindeutig: „Der Fahrstreifen ist zu schmal für unsere Müllfahrzeuge“, teilt ihr Sprecher Julian Jenkel auf Abendblatt-Nachfrage mit. Nach einer Ortsbegehung im Juli mit dem Ordnungsamt der Stadt Barmstedt „wurde beschlossen, diesen Straßen unter den derzeitigen Bedingungen nicht mehr anzufahren.“

Parkende Autos erschwerten das Durchkommen. „Ohne den Fußweg zu befahren, ist ein Durchkommen nicht möglich. Die Fußwege sind aber nicht dafür gedacht, geschweige denn dafür ausgebaut, dass regelmäßig bis zu 26 Tonnen schwere Müllfahrzeuge darüber fahren.“

Die Bürgersteige in der Neuen Straße sind extra mit Beton verstärkt worden

Dem widerspricht aber Anwohner Tiensch. Beim Ausbau der neuen Straße seien auf seinen Vorschlag hin die Bürgersteige extra verstärkt worden, indem sie mit Beton-Recycling als Tragschicht unterfüttert und zusätzlich befestigt wurden. Darum könnten auf der linken Straßenseite in Fahrtrichtung durchaus schwere Lastwagen die Bordsteine überfahren, argumentiert Tiensch. „Das funktioniert“, sagt er. Aber möglicherweise sei das der GAB gar nicht bekannt.

Und noch in einem weiteren Punkt widerspricht der Bauingenieur der Stadtverwaltung. So hat diese in ihrem Schreiben an die Anwohner darauf hingewiesen, dass die Berufsgenossenschaft der Müllwerker vorschreibe, dass die Fahrbahn mindestens 3,55 Meter breit sein müsste, damit die 2,55 Meter breiten Müllfahrzeuge jeweils 50 Zentimeter Platz zu beiden Seiten hätten „und die Fahrzeuge sicher passieren können“, ohne andere Fahrzeuge zu touchieren oder zu beschädigen, teilte das Ordnungsamt mit.

Straßenverkehrsordnung: Muss die Breite einer Straße 3,05 oder 3,55 Meter frei sein?

Das sei aber so nicht richtig. Die Straßenverkehrsordnung schreibe lediglich einen Mindestabstand von 25 Zentimetern zu jeder Seite vor, erklärt Anwohner Tiensch. Somit müsse die Fahrbahn nur 3,05 Meter frei sein, was in der Neuen Straße durchaus gegeben sei. Dies sei auch durch Gerichtsentscheidungen bestätigt worden.

Auch die Kirchenstraße und die Chemnitzstraße sind womöglich bald von einem absoluten Halteverbot betroffen, damit die Müllfahrzeuge dort sicher durchfahren können.
Auch die Kirchenstraße und die Chemnitzstraße sind womöglich bald von einem absoluten Halteverbot betroffen, damit die Müllfahrzeuge dort sicher durchfahren können. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Doch für die GAB kommen nur „zwei Lösungen in Betracht“, erklärt ihr Sprecher Jenkel. So wäre es möglich, jeweils am Anfang und Ende der betroffenen Straßen Sammelstellen einzurichten. „Die Bürgerinnen und Bürger müssen ihre Abfallgefäße dann zu dieser Sammelstelle ziehen, damit wir diese leeren können.“ Die Straßen seien jedoch teilweise recht lang, sodass das teils beschwerlich für die Bürgerinnen und Bürger wäre.

Barmstedt: Stadt und GAB wollen eine Halteverbotsregelung durchsetzen

„Demnach ist das nicht die von uns avisierte Lösung“, betont Jenkel. Die GAB favorisiere deshalb „temporäre Halteverbote für diese Straßen einzurichten, wie es in anderen Gebieten im Kreis Pinneberg auch üblich ist.“ An den jeweiligen Leerungstagen sollte dann beispielsweise zwischen 7 und 11 Uhr ein absolutes Halteverbot erlassen werden, so Jenkel.

Ortwin Schmidt (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses in Barmstedt: „Warum jetzt auf einmal – das ging doch jahrelang gut.“
Ortwin Schmidt (CDU), Vorsitzender des Bauausschusses in Barmstedt: „Warum jetzt auf einmal – das ging doch jahrelang gut.“ © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

„Diese Anordnung kann jedoch nur die Stadt Barmstedt veranlassen. Die Einrichtung eines temporären Halteverbots ist die Wunschlösung der Stadt Barmstedt und uns, aber wir müssen die Prüfung der Stadt abwarten. Wir befinden uns zurzeit im Gespräch mit dem Ordnungsamt der Stadt Barmstedt und dem Außendienst der Abfallberatung des Kreises Pinneberg, um hier eine schnelle Lösung herbeizuführen.“

Kreis Pinneberg: Anwohner in Barmstedt fordern Gespräch mit der GAB und dem Ordnungsamt

Anwohner Tiensch fordert dazu auch dringend ein Gespräch der Stadt und der GAB mit den betroffenen Anwohnern. Aber diese Bitte blieb seit Wochen unbeantwortet, wundert er sich. Tiensch und seine Nachbarn wehren sich entschieden gegen das drohende absolute Halteverbot, das ja dann auch auf die Abfuhren von Sperrmüll oder den Gelben Tonnen ausgeweitet werden könnte. Zudem gebe es ohnehin zu wenige Parkplätze in der Barmstedter Innenstadt. „Ich will auch nicht mit 80 meine Mülltonne an das Ende der Straße schleppen.“

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Auch der Barmstedter Bauausschuss hat sich mit dieser Problematik befasst – ohne Ergebnis. Ausschussvorsitzender Ortwin Schmidt wunderte sich, „warum es jetzt auf einmal nicht mehr gehen soll – das ging doch jahrelang gut.“ Woraufhin Bürgermeisterin Heike Döpke sagte: „Es gibt neue Vorschriften und ist nicht mehr zulässig.“