Quickborn/Ellerau. Gutachten prognostiziert Verkehrskollaps an Autobahn. Erschließung sei nicht gesichert. US-Investor will abspecken - und weiterbauen.

Nun liegt das vollständige Verkehrsgutachten zur geplanten Ansiedlung des Logistikzentrums Hillwood in Ellerau vor, das die Stadt Quickborn für 55.000 Euro in Auftrag gegeben hat. Demnach würde der Verkehr der Quickborner Anschlussstelle zur A7 völlig zusammenbrechen, wenn täglich die beantragten zusätzlichen 1600 Lkw- und 330 Pkw-Fahrten zwischen dem Gelände am Bahnhof Tanneneck und der Autobahn verkehren würden.

Gleichwohl will der Investor an seinem 80-Millionen-Euro-Vorhaben festhalten und habe nun angekündigt, den Schwerlastverkehr reduzieren zu wollen, teilt der Kreis Segeberg auf Nachfrage mit. Bekanntlich wurde der Weiterbau des Großprojekts vorerst gerichtlich gestoppt. Das Oberverwaltungsgericht hatte der Stadt Quickborn in einem Eilverfahren zunächst recht gegeben.

Gutachter zu Hillwood-Projekt an A7: Zehn Minuten Stau auf 1,5 Kilometern Länge

„Die Autofahrer würden auf dieser nur 1,5 Kilometer langen Strecke auf der Bahnstraße und Friedrichsgaber Straße etwa zehn Minuten im Stau stehen“, erklärte Ingenieur Christian Klafs vom Halstenbeker Verkehrsbüro dänekamp und partner vor dem Stadtentwicklungsausschuss seine Berechnungen für den Fall, sollte das Logistikzentrum doch noch weiter gebaut werden dürfen.

Verkehrsgutachter Christian Klafs (rechts, links Quickborns Stadtplaner Lasse Friedel) vor dem Stadtentwicklungsausschuss in Quickborn: „Eine ausreichende verkehrliche Erschließung des Logistikstandortes in Ellerau ist nicht gewährleistet.“
Verkehrsgutachter Christian Klafs (rechts, links Quickborns Stadtplaner Lasse Friedel) vor dem Stadtentwicklungsausschuss in Quickborn: „Eine ausreichende verkehrliche Erschließung des Logistikstandortes in Ellerau ist nicht gewährleistet.“ © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

„Die Anschlussstelle wäre komplett überlastet. Die Verkehre wären nicht mehr abzuwickeln. Es würde zu massiven Problemen führen“, sagte der Gutachter und zog das Fazit: „Eine ausreichende verkehrliche Erschließung des Logistikstandortes in Ellerau ist nicht gewährleistet.“ Das gelte nicht nur für die Prognose bei zusätzlichen 1600 Lkw am Tag, die etwa 100 Lkw-Fahrten in der Stunde verursachen würden. Auch bei 33 oder 66 Lkw-Fahrten seien die Zufahrtsstraßen völlig überlastet.

Oberverwaltungsgericht hat den Bau gestoppt

Zu diesem Urteil kam das Oberverwaltungsgericht in Schleswig, das Ende Juli – wie berichtet – den Weiterbau der fünf jeweils 10.000 Quadratmeter großen Lagerhallen auf dem zehn Hektar großen Gelände an der Werner-von-Siemens-Straße/Buchenweg untersagt und mit sofortiger Wirkung gestoppt hatte.

Mit dieser sogenannten mikroskopischen Verkehrsuntersuchung hofft Quickborns Bürgermeister Thomas Beckmann nun, dass auch der Kreis Segeberg der Argumentation Quickborns, der Gutachter und der Richter vom OVG folgt und die Baugenehmigung für dieses Bauvorhaben zurückzieht. Sowohl Quickborn als auch Ellerau haben der Baugenehmigung bereits vor eineinhalb Jahren widersprochen.

Quickborner Bürgermeister hofft auf Einsehen beim Kreis Segeberg

„Unsere Straßen können diese Menge an Schwerlastverkehr durch das geplante Massenlogistikzentrum nicht aufnehmen“, ist Beckmann überzeugt. Das Projekt des US-Konzerns Hillwood hätte ohnehin von der Segeberger Behörde nie genehmigt werden dürfen, so der Quickborner Bürgermeister.

Mit einer mikroskopischen Verkehrssimulation zeigte der Gutachter anschaulich, wie die Straßen zur A7 permanent verstopft sein würden. Die roten Punkte sollen die zusätzlichen Lkw-Verkehrte durch Hillwood darstellen.
Mit einer mikroskopischen Verkehrssimulation zeigte der Gutachter anschaulich, wie die Straßen zur A7 permanent verstopft sein würden. Die roten Punkte sollen die zusätzlichen Lkw-Verkehrte durch Hillwood darstellen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Gutachter Klafs demonstrierte den drohenden Verkehrskollaps auf den Straßen Quickborns und Elleraus zur Autobahn mit Computer simulierten Verkehrsprognosen, die er filmisch darstellen konnte. Sich kaum bewegende blaue und rote Punkte, die für den bisherigen und durch Hillwood verursachenden Verkehr stehen sollten, quälten sich darauf stockend bis stoppend auf den Straßen zur A7. Dabei verzögerte sich der Verkehr, je mehr Lastwagen hinzukämen. Im Höchstfall würden es 100 Lkw zusätzlich pro Stunde sein, wenn tatsächlich die angekündigten 1600 Lkw-Fahrten am Tag das Hillwood-Gelände an- und abfahren würden.

Die Verkehrssituation am Bahnübergang Tanneneck würde noch gefährlich werden

An der Grundstücksausfahrt vom Buchenweg zur Bahnstraße, wo sich auch Bahnübergang Tanneneck befindet, ging praktisch nichts mehr. Der Verkehr käme dort quasi zum Erliegen. Während es dort weiterhin keine Ampel und nicht einmal einen Fußgängerüberweg gibt, der das Überqueren der Bahnstraße für Fußgänger und vor allem auf ihrem Schulweg sicherer machen würde.

„Und jeder Störfall auf der A7 würde die Situation auf der Landesstraße 76, also der Friedrichsgaber Straße und Bahnstraße, verschlimmern“, urteilte der Gutachter Klafs am Ende seines Vortrages.

Kreis Segeberg: Hillwood will nachbessern

Gleichwohl will der US-Investor mit Deutschlandsitz in Frankfurt am Main offenbar an seinen Plänen festhalten. Er soll bereits 20 Millionen Euro für dieses nach seinen Angaben 80 Millionen-Euro-Vorhaben in Ellerau investiert haben.

Das Bauvorhaben auf dem zehn Hektar großen Gelände an der Bahnstraße/Buchenweg/Werner-von-Siemens-Straße in Ellerau direkt an der Stadtgrenze zu Quickborn ruht zurzeit, nachdem das Oberverwaltungsgericht Ende Juli einen Baustopp verhängt hat.
Das Bauvorhaben auf dem zehn Hektar großen Gelände an der Bahnstraße/Buchenweg/Werner-von-Siemens-Straße in Ellerau direkt an der Stadtgrenze zu Quickborn ruht zurzeit, nachdem das Oberverwaltungsgericht Ende Juli einen Baustopp verhängt hat. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

So teilt Segebergs Kreissprecherin Sabrina Müller auf Anfrage mit: „Der Bauherr hat im Widerspruchsverfahren angekündigt, einen sogenannten Nachtrag zur Baugenehmigung zu beantragen.“ Eine Nachtragsbaugenehmigung würde die ursprünglich erteilte Baugenehmigung „modifizieren, ohne das Vorhaben in seinem Wesen zu verändern“, erklärt die Kreissprecherin.

Hillwood will Lkw-Verkehre reduzieren und Gutachten vorlegen

So sollen nach Angaben des Bauherrn die geplanten Nutzungen nun „deutlich geringere Verkehre bedingen als noch in der ursprünglichen Baugenehmigung vorgesehen.“ Insofern habe Hillwood  angekündigt, eine geänderte Betriebsbeschreibung und eine eigene Verkehrsuntersuchung einzureichen.

Müller: „In dem Nachtragsverfahren hätte der Kreis Segeberg dann zu prüfen, ob die Erschließung hinsichtlich der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs an allen relevanten Knotenpunkten gesichert ist, die Gefahr der nachhaltigen und strukturellen Schädigung der Straßensubstanz nicht besteht und Rechte Dritter nicht verletzt werden.“ Der Eingang und die sorgfältige Prüfung des Nachtragsantrags blieben nun  abzuwarten.

Entscheidung über Widersprüche weiter vertagt

Die erklärte Absicht des Bauherrn müsse im Widerspruchsverfahren des Kreises berücksichtigt werden, erklärt die Kreissprecherin weiter. „Der Bauherr hat einen Anspruch darauf, dass über seinen Antrag entschieden wird. Die Erteilung einer Nachtragsgenehmigung würde voraussetzen, dass die Erschließung gesichert ist und Rechte Dritter (also insbesondere die Rechte der heutigen Widerspruchsführer) nicht verletzt werden.“

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Sollte dies der Fall sein, ist es wahrscheinlich, dass der Bauherr beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Abänderung stellte, mit dem Ziel, dass der Baustopp aufgehoben werde. Die Entscheidung des Kreises Segeberg über die Widersprüche von Ellerau und Quickborn würde bis zu dieser Entscheidung zurückgestellt werden, erklärt Sabrina Müller.

Bestünde dagegen keine Genehmigungsfähigkeit für den Nachtragsantrag, würde der Kreis zunächst den Bauherrn hierüber informieren und diesem mitteilen, dass der Kreis bei Beibehaltung seines Antrags über die Nachbarwidersprüche zu entscheiden hätte.