Quickborn/Ellerau. Das riesige Logistikzentrum liegt zwar gerichtlich auf Eis, aber Elleraus Politik greift jetzt Rathaus und Politik in Quickborn an.
Der Streit um die viel diskutierte und zurzeit gerichtlich stillgelegte Ansiedlung des Hillwood-Logistikzentrums entwickelt sich immer mehr zu einem politischen Grabenkampf zwischen Ellerau und Quickborn. Jetzt hat Julian Sander, Gemeindevertreter des Bürgervereins Ellerau (BVE), eine offizielle Rüge gegen die Quickborner FDP-Abgeordnete Annabell Krämer beim Landtag angestrengt. Elleraus Bürgermeister Ralf Martens (ebenfalls BVE) wirft der Quickborner Verwaltung indes vor, vor der Baugenehmigung Fehler gemacht zu haben.
Währenddessen ruft die Ellerauer SPD ihre Ratskollegen von der BVE dazu auf, endlich mit Quickborn zusammenzuarbeiten statt unnötige Schuldzuweisungen zu verteilen. Nur so sei das viel wichtigere Problem der Schulwegsicherung zu lösen, mahnt Vize-Bürgermeisterin Claudia Hansen (SPD). „Am Bahnhof Tanneneck ist eine Schulwegsicherung nicht gewährleistet – nicht für die vielen Schulkinder und auch für alle anderen Fußgänger nicht. Unsere Straßen und diese Verkehrssituation ist nicht geeignet für Schwerlastverkehr.“
Streit um US-Projekt bei Quickborn: Bis zu 1600 Lkw-Fahrten am Tag sollen für Hillwood rollen
Der Investor Hillwood hatte angegeben, dass die Ansiedlung des Logistikzentrums bis zu 350 Pkw-Fahrten und 1600 Lkw-Fahrten am Tag nach sich ziehen würde. Ein Verkehrsgutachten wurde erstellt, die Gemeinden Ellerau und Quickborn fürchten das Schlimmste für die Verkehrsbelastung.
Zurzeit ruht die Baustelle auf dem zehn Hektar großen Areal am AKN-Bahnhof Tanneneck. Der US-Konzern Hillwood, der nach eigenen Angaben 80 Millionen Euro in fünf jeweils 10.000 Quadratmeter große Lagerhallen investieren will, musste die Bauarbeiten abbrechen. Die Stadt Quickborn hatte in einer Eilentscheidung Ende Juni vor dem Oberverwaltungsgericht einen sofortigen Baustopp erreicht – „weil die Erschließung des Vorhabens nicht gesichert ist“, hieß es in dem Beschluss des OVG, der rechtlich nicht anfechtbar war.
Elleraus Bürgermeister wirft Quickborner Verwaltung Fehler vor
Umso bemerkenswerter ist es, dass Elleraus Bürgermeister Martens nun nachträglich der Quickborner Verwaltung vorwirft, die fehlende Erschließung des damaligen Industriegebiets falsch eingeschätzt zu haben. So habe diese auf dem Bauantrag Hillwoods angekreuzt, die Erschließung sei gesichert. Das sei „ein Fehler“ gewesen, so Martens. Worauf es aus dem Quickborner Rathaus heißt, Martens sei dieser Bauantrag zur Vorbereitung des gemeindlichen Einvernehmens Elleraus vorher zur Prüfung vorgelegt worden und er habe ihn auch so unterzeichnet. Der Kreis Segeberg als zuständige Genehmigungsbehörde habe ihn daraufhin 2022 gebiligt.
„Skurril“ wird der Zoff zwischen den Parteien beider Kommunen für Quickborns Bürgervorsteherin und Landtagsabgeordnete Krämer. Wie berichtet, hatte eine Anliegerin aus Ellerau den Petitionsausschuss des Landtages angerufen, weil sie um die Sicherheit ihrer Kinder fürchte, wenn diese bei all dem vielen Lkw-Verkehr morgens über die Bahnstraße zum Bahnhof Tanneneck laufen müssten, die nicht einmal eine Ampel hat.
Hillwood-Projekt: Petitionsausschuss des Landtages beriet vor Ort
Der Petitionsausschuss des Landtages informierte sich daraufhin im Juli vor Ort in Ellerau über die Verkehrsverhältnisse und beriet sich dann vier Stunden lang im Quickborner Rathaus – allerdings ohne eine Entscheidung zu treffen. Dafür sei die Segeberger Kreisverwaltung zuständig, hieß es auf dieser Sitzung von Vertretern aus dem Innenministerium.
Elleraus Gemeindevertreter Sander kritisiert nun scharf die Abgeordnete Krämer, die dem Petitionsausschuss angehört und in dieser Sache dessen Berichterstatterin ist. Sie sei „befangen“ und habe „nicht nachvollziehbare Einladungen ausgesprochen“, hat Sander jetzt in einer Protestnote vor dem Bauausschuss Elleraus formuliert, den er selbst leitet. So seien er und der erste stellvertretende Bürgermeister Elleraus. Peter Groth, nicht dazu eingeladen worden, kritisiert Sander. Was Groth dementiert: „Ich bin eingeladen worden und habe auch an der Sitzung des Petitionsausschusses teilgenommen.“
BVE-Politiker kritisiert, dass er nicht eingeladen wurde
Dass auch die zweite stellvertretende Bürgermeisterin Elleraus, Claudia Hansen, eingeladen wurde, er aber nicht, kritisiert Sander. Weshalb er nun die Abgeordnete Krämer bei der Geschäftsstelle des Petitionsausschusses offiziell „rügen“ lässt. Aus seiner Sicht habe die Abgeordnete Krämer „aus Eigeninteresse politisch motiviert geladen“, wodurch „die Gemeinde Ellerau klar benachteiligt“ worden sei.
Auf Nachfrage des Abendblatts teilt Sander mit, dass für ihn die Abgeordnete Krämer schon bei der ersten öffentlichen Vorstellung der Hillwood-Pläne im Oktober vorigen Jahres „durch lautstarke Wortmeldungen und Protest aufgefallen“ sei. Dabei müsste sie als „Leiterin eines solchen Ausschusses, hier die unterschiedlichen Lager anhören, neutral bewerten und entsprechend dafür sorgen Kompromisse zu erarbeiten“, fordert Sander. Er persönlich sei „weder für noch gegen Hillwood“.
Sander: „Ich bin weder für noch gegen das Hillwood-Projekt“
Und er betont: „Selbstverständlich haben wir - wie Frau Hansen es auch immer betont - an einer Zusammenarbeit mit Quickborn ein großes Interesse.“ Worauf Krämer entgegnet, dass das Büro des Petitionsausschusses wie immer und auch in diesem Fall die Teilnehmer der Sitzung eingeladen habe. Ihr obliege diese Aufgabe nicht. Der Petitionsausschuss habe sogar öffentlich getagt und jedermann oder jede Frau, auch Herr Sander, hätte daran teilnehmen können. Sie sei auch keineswegs die Vorsitzende dieses Ausschusses, so Krämer.
Krämer: Ich setze mich für die Anwohner in Quickborn und Ellerau ein
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„Anstatt positiv zur Kenntnis zu nehmen, dass ich es als wichtig erachtet habe, dass sich der Petitionsausschuss vor Ort ein Bild von der Sachlage macht, wird mir Befangenheit vorgeworfen“, wundert sich Annabell Krämer. Ihr Einsatz für die Ellerauer und Quickborner Bürger „gegen die Ansiedlung des nicht verkehrs- und gemeindeverträglichen Großlogistikers wird permanent von Teilen der Ellerauer Politik konterkariert“, sei ihr Eindruck. „Ich frage mich mittlerweile wirklich, ob der BVE und Bürgermeister Martens Politik zum Wohle Elleraus machen.“