Quickborn/Ellerau/Kiel . Nach Verbot der umstrittenen Ansiedlung des Logistikparks gab es nun einen Vor-Ort-Termin. Ein Amt will sich dem Urteil nicht fügen.
Jetzt befasst sich auch der Landtag in Kiel mit der vorerst vom Gericht gestoppten Ansiedlung des Massenlogistikzentrums des US-Konzerns Hillwood in Ellerau bei Quickborn. So tagte am Montagvormittag vier Stunden lang der Petitionsausschuss des Landtages auf Initiative einer Anwohnerin aus Ellerau im Quickborner Rathaus, nachdem sich die Abgeordneten in einer Busfahrt die Gegebenheiten vor Ort angesehen haben.
Die Bauarbeiten für die fünf jeweils 10.000 Quadratmeter großen Lagerhallen, die schon sehr weit fortgeschritten sind, ruhen zurzeit. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hatte – wie berichtet – aufgrund der „nicht gesicherten Erschließung“ des Lkw-Verkehrs mit bis zu 1600 Sattelschleppern am Tag zum zehn Hektar umfassenden Firmengelände das Bauvorhaben gestoppt.
US-Projekt in Ellerau: Hillwood hatte erst spät die wahre Dimension eingeräumt
Hillwood hatte erst nach der Baugenehmigung im März 2022 im Zuge der schalltechnischen Untersuchung eingeräumt, dass zwischen 6 und 22 Uhr täglich 800 Lkw das Grundstück befahren, verladen und wieder abfahren werden, heißt es in der Begründung des OVG-Urteils.
Und so hatte Quickborns Bürgervorsteherin Annabell Krämer, die als Abgeordnete für diesen Fall die Berichterstatterin des Petitionsausschusses ist, - bis auf Hillwood – neben ihren Abgeordnetenkollegen Ulrike Täck und Ole-Christopher Plambeck aus dem Kreis Segeberg alle Beteiligten dazu eingeladen.
Abgeordnete Krämer hat Behörden und Petitionsausschusses nach Quickborn eingeladen
Die Quickborner Verwaltung mit Bürgermeister Thomas Beckmann und seinem ehrenamtlichen Kollegen Peter Groth aus Ellerau, der zurzeit Bürgermeister Ralf Martens vertritt, sowie der Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr gehörten dazu, der für die Landesstraße 76 zuständig ist. Beide Kommunen haben Widerspruch gegen die vom Kreis Segeberg erteilte Baugenehmigung eingelegt.
Doch die Kreisbehörde aus Bad Segeberg will sich offensichtlich nicht so einfach dem Baustopp-Urteil des OVG fügen. So erklärte der leitende Kreisbaudirektor Hendrik Schrenk, der den Fachbereich Bauen, Umwelt und Planen in der Segeberger Kreisverwaltung leitet und gleich zwei Rechtsbeistände nach Quickborn mitbrachte, dass der Kreis Segeberg wohl erst in zwei bis drei Monaten über die Widersprüche aus Ellerau und Segeberg befinden werde. Die Behörde wolle zunächst abwarten, ob und wie Investor Hillwood sein Bauvorhaben nun womöglich dem OVG-Urteil anpassen und die Lkw-Fahrten reduzieren wolle.
Kreis Segeberg will abwarten, wie sich Investor Hillwood nach OVG-Urteil äußert
Der „Vorhabenträger“ Hillwood sei nun zunächst am Zug, sagte die vom Kreis Segeberg beauftragte Verwaltungsrechtlerin Angelika Leppin. Hillwood sei „am dransten“ – die Behörde gehe von einem geänderten Bauantrag aus. „Aber noch liegt hier nichts auf dem Tisch.“
Diese abwartende Haltung der Segeberger Kreisverwaltung unterstützte Robert Reußow von der Abteilung Bauen und Wohnen im Kieler Innenministerium, an die sich die Stadt Quickborn als Fachaufsichtsbehörde der Kreisverwaltung mit ihrer Beschwerde wandte. „Es ergibt schon Sinn, vielleicht nicht drei Monate, aber sechs bis acht Wochen abzuwarten, ob und wie sich der Investor dazu äußert.“ Würde der Kreis Segeberg jetzt gleich die bereits vor zwei Jahren erteilte Baugenehmigung zurückziehen, könnte der Investor Hillwood klagen. „Und dann sind wir auch keinen Schritt weiter.“
Verkehrsgutachter stellte die Belastung der Kreuzungen als dramatisch dar
Wie belastet die Verkehrssituation schon heute im Bereich der Bahnstraße ist, davon konnten sich die Beteiligten vor Ort ein eigenes Bild machen. Die L76 wäre jedenfalls an der Kreuzung Bahnstraße/Friedrichsgaber Straße durch die von Hillwood beantragten bis zu 100 zusätzlichen Lkw-Fahrten pro Stunde in den Morgen- und Nachmittagsstunden völlig überlastet, erläuterte der Verkehrsplaner Christian Klafs sein mikroskopisches Simulationsgutachten für diese Engstelle, die das OVG zum Baustopp bewegt hat.
Seine gutachterliche Expertise zeigte deutlich auf, dass die ohnehin schon stark belastete Zufahrt zur A7-Anschlussstelle Quickborn durch eine Vervierfachung des Lkw-Verkehrs zum völligen Erliegen käme. Rückstaus von 500 bis 800 Metern Länge wären die Folge, die sich erst nach zwei bis vier Stunden wieder auflösen würden.
Gericht stopp Hillwood: Petitionsausschuss strebt meist gütliche Einigung an
Eine „gütliche“ Einigung der verschiedenen Parteien, wie sie der Petitionsausschuss des Landtages immer anstrebe, scheint damit eher nicht zustande zu kommen, wie sie die Geschäftsstellenleiterin Michaela Becker zu Beginn der Sitzung in Quickborn angekündigt hat.
Die Aussage von Quickborns Bürgermeister Beckmann – „Hillwood hat keine Zukunft in Ellerau“ – lässt sich so auch noch nicht aufrechterhalten. Sein Ellerauer Amtskollege Groth glaubt eher, dass sich mit Hillwood „eine Lösung finden ließe“. Der US-Konzern mit Deutschlandsitz in Frankfurt hat erneut die Presseanfragen vom Abendblatt dazu unbeantwortet gelassen.
Angestrengt hatte die Sitzung des Petitionsausschusses die Bürgerin Barbie Reim aus Ellerau. Sie hatte, wie sie sagte, 1400 Unterschriften von Anliegern in Ellerau und Quickborn gesammelt, die das Bauvorhaben von Hillwood rigoros ablehnten. „Ich stehe hier für eine Masse an Leuten, die das Bauvorhaben für nicht tragbar halten“, sagte die Mutter, deren Kinder auch über den Bahnübergang Tanneneck zur Schule kämen. „Die Verkehrssituation dort ist heute schon grenzwertig. Irgendwann ist auch für uns Bürgerinnen und Bürger die Grenze erreicht, wo wir was dagegen tun müssen.“
Nächste Woche will der Petitionsausschuss das Thema in Kiel besprechen
Der Petitionsausschuss des Landtages werde sich nächste Woche erneut in Kiel mit dem Hillwood-Projekt befassen, kündigte die Abgeordnete Krämer an. „Es war gut und richtig, dass wir uns die Verkehrssituation noch mal vor Ort angeschaut haben“, sagte sie nach der vierstündigen Sitzung. „Nicht alle kannten vorher den Sachverhalt vor Ort.“ Nun hoffe sie auf „eine zeitnahe Entscheidung des Kreises Segeberg. Der Ballliegt in seinem Feld.“
- Mega-Logistikpark von Hillwood: „Unverträglich“ - Gutachten soll US-Projekt stoppen
- S-Bahn nach Quickborn und Kaltenkirchen: Endlich geht es los
- Northvolt-Effekt: Bis zu 1500 Arbeitsplätze - Wo neue Gewerbegebiete geplant sind
Ihr Landtagskollege Ole-Christopher Plambeck aus dem Nachbarkreis Segeberg sagte, dass am Bahnübergang Bahnstraße/Buchenweg am AKN-Bahnhof Tanneneck unbedingt eine vernünftige Verkehrslösung geschaffen werden müsse, die den Fußgängern und Radfahrern eine sichere Querung der Bahnstraße und des Bahnübergangs ermöglichten. „Das ist ein absolutes Muss und darauf hat auch das OVG-Urteil angestellt.“