Kreis Pinneberg. Veterinäramt bestätigt gestiegene Infektionsrate. Ausbreitung der Krankheit trifft Tierhalter schwer - Einbußen bis zu 40 Prozent.

Binnen kürzester Zeit sind 38 Betriebe von der neuen Tierseuche heimgesucht worden: Die Blauzungenkrankheit breitet sich im Kreis Pinneberg rasant aus. Anfang August war das Virus zum ersten Mal in der Region festgestellt worden. Mittlerweile sind in ganz Schleswig-Holstein 1100 Tierhalter von der Seuche betroffen. In Pinneberg konnten inzwischen Infektionen in 19 Rinderhaltungen und 19 Schafhaltungen nachgewiesen werden. Die Ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) geht davon aus, dass die Infektionsrate noch im September ihren Höhepunkt erreichen wird.

„Die letzten Augustwochen waren perfekt für die Gnitzen“, so Imme Dittrich von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein. Die sommerlichen Temperaturen hätten exzellente Vermehrungsbedingungen für die Virusüberträger geboten. „Das hat das Infektionsgeschehen deutlich verstärkt“, berichtet Dittrich. Deshalb rechnet die StIKo Vet auch damit, dass bisher verschonte Gebiete bis Ende Oktober ebenfalls betroffen sein werden.

Landwirtschaftskammer klagt: „Bis zu 40 Prozent ihrer Bestände verloren“

„Es ist ein dynamisches Geschehen“, sagt Dr. Antje Lange von der Veterinär- und Lebensmittelaufsicht des Kreises Pinneberg. Laufende Verdachtsmeldungen und Laborereignisse würden die Lage ständig verändern. Laut Imme Dittrich, die Expertin für Rinderhaltung bei der Landwirtschaftskammer, seien mittlerweile viele Betriebe betroffen. „Einzelne Betriebe haben bis zu 40 Prozent ihrer Bestände verloren“, berichtet Dittrich.

Für Menschen bietet die Blauzungenkrankheit keinen Grund zur Sorge, sie können sich nicht mit dem Virus infizieren. Ausschließlich Wiederkäuer sind gefährdet. Die erkrankten Tiere leiden stark unter den Symptomen wie Fieber und Abgeschlagenheit. Betroffen sind bisher vor allem Rinder und Schafe. „Schafe leiden deutlich mehr unter der Erkrankung, sie haben häufig einen schwereren Verlauf“, erklärt Dittrich.

Blauzungenkrankheit: Hohes Tierleid und wirtschaftliche Folgen

Neben dem hohen Tierleid zeichnen sich jedoch auch wirtschaftliche Folgen für die Tierhalter ab. Erkrankte Rinder erbringen eine geringere Milchleistung als gesunde Artgenossen. Wie lange die verminderte Milchleistung anhält, ist unklar. „Noch kann man nicht sagen, ob sie wieder an die alten Leistungen anknüpfen können“, so Dittrich.

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Für verendete Tiere werden Halter ebenfalls nicht entschädigt. Darüber, wie viele Tiere bisher an der Infektion verstorben sind, liegen dem Ministerium für Landwirtschaft bisher keine genauen Informationen vor. In Schleswig-Holstein werden lediglich die Kosten für die Tierkörperbeseitigung übernommen. Das Landwirtschaftsministerium in Kiel hatte dafür das Unternehmen Rendac Jagel beauftragt. „Rendac Jagel sind die Einzigen, die die toten Tiere einsammeln dürfen“, erklärt Antje Lange vom Kreis Pinneberg. Aufgekommene Gerüchte, dass das Unternehmen mit der Tierkörperbeseitigung nicht hinterherkomme, könne Lange nicht bestätigen.

Imme Dittrich: „Man war nicht von null auf sehr viele Tiere vorbereitet“

„Es gab Probleme in Einzelfällen“, so die Leiterin des Veterinäramtes. Die weite Anfahrt des im Norden Schleswig-Holsteins sitzenden Unternehmens hätte nur in zwei Fällen zu Verzögerungen geführt. Imme Dittrich bewertet die Lage anders: „Es gab mitunter Schwierigkeiten, aber es hat sich beruhigt“. Ursächlich sei vor allem eine andere Erwartungshaltung gewesen. „Man war nicht von null auf sehr viele Tiere vorbereitet“, meint Dittrich.

Auf Anfrage weist das Ministerium für Landwirtschaft auf bereits eingeführte Maßnahmen wie Wochenendabholungen und zusätzliche Fahrer hin. „Dem MLLEV ist nicht bekannt, dass es nach Einleitung der Maßnahmen bei der Abholung aktuell in größerem Umfang zu stark verzögerten Abholungen kommt“, sagt Jana Ohlhoff, Sprecherin des Ministeriums. Wegen technischer Probleme, fehlerhafter Anmeldungen und krankheitsbedingten Personalausfalls könne es zu einzelnen Verzögerungen kommen.