Barmstedt. Ute und Coen de Jong ziehen in eines der ersten Mikrohäuser im Kreis Pinneberg. Wie radikal sie ihren Hausstand verkleinert haben.

Für Ute und Coen de Jong in Barmstedt heißt es jetzt, ihren Haushalt um mehr als die Hälfte zu verkleinern. Sie werden demnächst nach fast 30 Jahren ihre 100 Quadratmeter große Altbauwohnung in der Innenstadt verlassen, um am Stadtrand in ihr neues, nur 44 Quadratmeter kleines Zuhause einzuziehen.

Ihr Holzhäuschen, das sie Mikrohaus nennen, ist eines der wenigen im Kreis Pinneberg und steht dort bereits auf einem 400 Quadratmeter großen Grundstück, das sie gepachtet haben. Strom haben sie schon. Wasser und Abwasser werden gerade angeschlossen.

Tiny House im Kreis Pinneberg: „Größte Herausforderung ist das Aussortieren“

„Die größte Herausforderung wird es sein, auszusortieren, was mit soll und was nicht mehr mitkommen kann“, sagt Coen de Jong, der in Barmstedt als Projektleiter arbeitet. Vor allem Bücher, Geschirr und geerbtes Porzellan hätten sie bereits verschenkt und weggetan, erklärt Ute de Jong. Auch ihr Bett und das neue Sofa passten nicht mehr in die erheblich verkleinerten vier Wände.

Ute de Jong steht in ihrem noch nicht eingerichteten, neuen Wohnzimmer.
Ute de Jong steht in ihrem noch nicht eingerichteten, neuen Wohnzimmer. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Denn das L-förmige Holzhaus bietet nur noch begrenzten Platz. Ein Wohn- und Schlafraum sowie eine Wohnküche und ein Bad auf einer Ebene, die sie über 70 Zentimeter hohe Treppenstufen erreichen. Das Mikrohaus steht auf Stelzen inmitten einer kleinen Idylle beim Reihergehölz. In der Nachbarschaft befinden sich ein paar althergebrachte Steinhäuser, eine Kleingartensiedlung und ein Maisfeld, auf das sie von ihrem Garten aus schauen werden, wenn der bald angelegt ist.

Umzug ins Mikro Haus: Die Idee kam ihnen im Dänemark-Urlaub an der Ostsee

Die Idee, in ein viel kleineres Mikrohaus umzuziehen, sei ihnen auf ihren Urlaubsreisen an der dänischen Ostsee gekommen, berichten die de Jongs. Dort hätten sie in Ferienhäuschen gelebt, die zum Teil noch viel kleiner gewesen wären. „Warum brauchen wir 100 Quadratmeter Wohnfläche, wenn wir auf viel engerem Raum nur mit Ess- und Schlafzimmer glücklich und zufrieden sein können?“, hätten sie sich gefragt. „Das hat uns inspiriert“, erklärt der gebürtige Holländer Coen de Jong.

So sieht das Bad in dem Mikrohaus aus, das sich das Ehepaar de Jong jetzt nach Barmstedt hat liefern lassen.
So sieht das Bad in dem Mikrohaus aus, das sich das Ehepaar de Jong jetzt nach Barmstedt hat liefern lassen. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Ehefrau Ute sei die treibende Kraft dabei gewesen, gesteht er ein. Die ersten Mikrohäuser, die sie sich ansahen, hätten ihm gar nicht gefallen. Zu klein, zu eng, zu unbequem. „Da ist der Funke nicht übergesprungen“, sagt de Jong. Eine Mikrohaus-Ausstellung in Flensburg habe dem Projekt dann plötzlich den nötigen Anschub gegeben. Dort stand dann ihr Musterhaus „Grönland“ eines „Chalet“-Anbieters aus Hessen, in das sie sich sofort verguckt hätten. „Da konnten wir uns gut vorstellen, künftig drin zu wohnen.“

Grundstück gesucht und gepachtet, Mikrohaus im Januar bestellt

Dann ging alles recht schnell. Sie suchten das passende Grundstück, das sie ganz im Westen von Barmstedt, nicht weit von der Ortsgrenze nach Bokholt-Hanredder fanden. Dort stand bereits mal ein Steinhaus, sodass es bereits mit den notwendigen Versorgungsleitungen erschlossen war. Jetzt im August wurde dann das Mikrohaus aus Nordrhein-Westfalen mit einem Schwertransport und Polizeieskorte angeliefert. Zum Glück habe es sich um einen Tag verspätet. „Sonst hätten wir es bei Starkregen aufbauen müssen.“

In der Wohnküche wird noch reichlich gewerkelt.
In der Wohnküche wird noch reichlich gewerkelt. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Rund 150.000 Euro haben sie in ihr neues Schmuckstück investiert, berichten die de Jongs. Küchenzeile, Bad und Toilette sind inklusive. Geheizt wird von der bis zu 2,75 Meter hohen Decke des leichten Spitzdachs mit einer Infrarotheizung. Eine Luftwärmepumpe soll noch folgen, um das Mikrohaus auch im heißen Sommer etwas abzukühlen, erklärt Ute Jong. „Wir haben aber schon festgestellt, dass das Raumklima in unserem neuen Häuschen besser ist als in unserer Altbauwohnung.“

Jetzt müssen sie ihren Hausstand verkleinern und Möbel aussortieren

Die könnten sie noch ein paar Monate lang behalten, sodass sie jetzt in aller Ruhe ein-und umziehen könnten, erklärt Coen de Jong. „Da werden sicherlich noch allerlei Möbel hin- und her transportiert“, ahnt der Mann. „Nur mein Arbeitsweg in die Innenstadt hat sich dramatisch verlängert“, sagt er und muss selber schmunzeln, weil der keine zwei Kilometer entfernt ist.

Da steht das Schmuckstück in Form eines Tiny House: Noch müssen die Versorgungsleitungen an das Mikrohaus gelegt werden.
Da steht das Schmuckstück in Form eines Tiny House: Noch müssen die Versorgungsleitungen an das Mikrohaus gelegt werden. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Mit ihrer neuen Nachbarschaft seien sie schon im regen Kontakt, erzählt das Ehepaar. „Als das Mikrohaus kam, haben wir zusammen Richtfest gefeiert.“ Alle hätten über das gemütliche, kleine Häuschen gestaunt und es bewundert. „Tolle Idee, kommt aber für uns wohl nicht in Frage“, hätten die meisten geäußert.

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Doch einige sagten, sie könnten sich durchaus vorstellen, auch einmal darin wohnen zu wollen. Vor allem die Frauen würden es dem größeren Wohnraum vorziehen, sei ihr Eindruck aus den zahlreichen Gesprächen mit Freunden und Nachbarn.

Wenn bald alle Anschlüsse gelegt und der Innenausbau fertig seien, würden sie nach und nach ihr neues Zuhause einrichten, erzählen die Jongs stolz. Danach soll dann noch der kleine Obst- und Gemüsegarten mit einer insektenfreundlichen Blumenwiese angelegt werden. „Für uns geht hier ein Traum in Erfüllung.“