Tornesch/Kreis Pinneberg/Kiel. Tornescher fordern die Wiedereinführung des Zuges, der morgens Pendler der ganzen Region bis zum Hamburger Hauptbahnhof gefahren hat.

Das Land streicht zurzeit etliche S- und Regionalbahnverbindungen gerade im Hamburger Umland – gegen den vehementen Protest der betroffenen Kommunen. Da mahnt die Bürgerinitiative „Starke Schiene“ aus Tornesch zur Vor- und bahnpolitischen Weitsicht und wünscht sich den sogenannten „Hüllmann-Express“ für die Regionalbahn 61 zurück.

Das war vor zwei Jahren eine zusätzliche Bahnverbindung der Nordbahn, die morgens um 7.20 Uhr von Tornesch aus gestartet die Berufspendler in 26 Minuten Fahrtzeit direkt zum Hamburger Hauptbahnhof brachte. Diese erhebliche Verbesserung für Bahnpendler aus dem Raum Tornesch, Uetersen und den Elbmarschgemeinden sei eine Art Geschenk des damaligen Verkehrsministers Bernd Buchholz an die jahrelange Fleißarbeit der Tornescher Bürgerinitiative gewesen, sagt deren Sprecherin Gisela Hüllmann. Doch bereits wenige Monate danach, von Mitte Dezember 2022 an, sei das Angebot wieder verwässert worden. Seitdem startet dieser Zug bereits um 7.15 Uhr in Elmshorn.

Hüllmann: Wenn der Zug in Tornesch hält, ist er bereits überfüllt

„Doch dann ist der voller Fahrgäste, wenn er fünf Minuten später in Tornesch ankommt“, ärgert sich Gisela Hüllmann. Nur noch die wenigsten der bis zu 500 Fahrgäste, die mit dem Auto oder Bus zum Tornescher Bahnhof kämen, fänden dann noch einen Sitzplatz für sich im Zug. „Die meisten müssen stehen, bis sie in Hamburg angekommen sind“, weiß die BI-Sprecherin aus zahlreichen Gesprächen mit verärgerten Betroffenen. Sie könnten dann nicht am Laptop arbeiten oder würden sogar zu spät zur Arbeit kommen, wenn sie einen Zug später nach Hamburg nehmen würden.

Erst wenn das dritte und vierte Fernbahngleis zwischen Pinneberg und Elmshorn realisiert ist, was nun geplant wird, dürfte sich der Bahnverkehr für die Berufspendler im Kreis Pinneberg entscheidend verbessern.
Erst wenn das dritte und vierte Fernbahngleis zwischen Pinneberg und Elmshorn realisiert ist, was nun geplant wird, dürfte sich der Bahnverkehr für die Berufspendler im Kreis Pinneberg entscheidend verbessern. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

„Viele Berufspendler haben sich auf dieses Versprechen des Landes verlassen“, sagt Gisela Hüllmann. „Die Zugverbindung ist auch sehr gut angenommen worden.“ Darum wundere es sie auch sehr, dass die Tornescher Direktverbindung so schnell wieder einkassiert wurde. „Dabei ist Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit gerade im öffentlichen Nahverkehr so wichtig.“

Nordbahn-Sprecher: Technisch machbar, aber wenig sinnvoll

Die Bürgerinitiative, die im Juli ihr zehnjähriges Bestehen gefeiert hat, will sich nun erneut an das Verkehrsministerium in Kiel wenden, um diesen verlorenen „Hüllmann-Express“ zurückzubekommen. Doch daraus wird wohl nichts, wie Nordbahnsprecher Nico Jaenecke auf Anfrage des Abendblatts mitteilt. Technisch sei es zwar machbar, den „Hüllmann-Express“ von Tornesch aus wieder aufleben zu lassen. Allerdings sei dies kaum sinnvoll.

Denn der Zug müsste ohnehin in Elmshorn wenden, weshalb es den Bahnpendlern in Elmshorn kaum vermittelbar wäre, wenn der Zug dort leer abfahren würde, um erst in Tornesch offiziell loszufahren. „Die Fahrgäste würden dann am Bahnsteig Elmshorn ziemlich sparsam schauen, wenn sie dort nicht ansteigen dürften“, erklärt der Nordbahnsprecher.

Es gebe frühmorgens zwei weitere Alternativen für die Bahnpendler

Zumal es in kurzer Zeit zwei Alternativen für die Tornescher Bahnfahrer geben, erklärt Jaenecke weiter. So würde um 7.28 Uhr ein weiterer Zug der Regionalbahnlinie 61 in Tornesch halten und weiter zum Hauptbahnhof fahren, wo er dann um 7.54 Uhr ankommt. Und die Regionalbahn 71 würde um 7.45 Uhr von Tornesch nach Hamburg fahren, dort allerdings um 8.04 Uhr im Bahnhof Altona halten, was für Berufspendler, die in die Hamburger Innenstadt möchten, zu spät oder durch das abermalige Umsteigen zu umständlich sein könnte.

Auch Nah.SH-Sprecherin Eva Fischer macht der Tornescher Initiative um Gisela Hüllmann wenig Hoffnung, dass sich bald daran etwas ändern wird. „Es ist nicht geplant – und auch nicht versprochen worden – den sogenannten ‚Hüllmann-Express‘ um 7:20 Uhr erst in Tornesch beginnen zu lassen“, betont sie auf Nachfrage. „Das Fahrzeug muss aus Elmshorn kommen, daher ist es sinnvoll, Fahrgäste aus Elmshorn mitzunehmen und nicht leer nach Tornesch zu fahren.“

Die Zahl der Fahrgäste hat sich in kurzer Zeit verdreifacht

Dennoch habe es erhebliche Verbesserungen auch für die Bahnpendler gegeben, die erst in Tornesch zugestiegen sind, erklärt die Nah.SH-Sprecherin. Denn anders als noch zu jenen Zeiten, als der Zug erst in Tornesch eingesetzt wurde, fahre dieser nun in „Doppeltraktion“ mit zwei Triebwagen. Dadurch habe sich die Anzahl der Sitzplätze von zuvor 320 auf nun 580 Sitzplätze erhöht.

Und das Angebot werde sehr gut angenommen, erklärt Eva Fischer weiter. Die Fahrgastzahlen hätte sich so von 161 Fahrgästen, die noch Anfang 2022 durchschnittlich täglich in den „Hüllmann-Express“ eingestiegen sind, bis Ende 2023 auf 457 Fahrgäste am Tag gesteigert. „Das ist sehr erfolgreich“, sagt die Nah.SH-Sprecherin und betont: „Fahrgäste ab Tornesch finden trotzdem noch Sitzplätze im Zug.“

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Auch von Seiten des Verkehrsministeriums in Kiel ist keine Änderung zu Gunsten der Tornescher Initiative in Sicht. Anfangs habe die Nordbahn diese Verbindung nur mit einem einteiligen Zug anbieten können, erklärt ein Ministeriumssprecher. „Deshalb wurde damals beschlossen, den Zug vorübergehend als Sonderlösung leer von Elmshorn nach Tornesch zu fahren.“ Inzwischen aber fahre die Nordbahn planmäßig mit einem zweiteiligen Zug, sodass die Kapazitäten ausreichten, um die Verbindung auf dem gesamten Streckenabschnitt des Zuges anbieten zu können und die Fahrgäste in Elmshorn nicht mehr ausschließen zu müssen.

Verstärkerzüge nach Altona werden nächstes Jahr nur bis Pinneberg fahren

Eine weitere Einschränkung wird es für die Bahnpendler im Kreis Pinneberg allerdings geben, teilt die Nah.SH-Sprecherin aus Kiel noch mit: „Wegen der Bauarbeiten für den neuen Bahnhof Altona wird es auch im nächsten Jahr nicht möglich sein, die Verstärkerzüge bis zum Bahnhof Altona zu fahren. Die Züge enden wie auch in diesem Jahr in Pinneberg.“

Sie unterzeichneten im November im Tornescher Heimathaus die Planungsvereinbarung zum Bau des dritten und vierten Bahngleises zwischen Pinneberg und Elmshorn: Ute Plambeck (DB AG, sitzend von rechts), Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen und Verkehrssenator Anjes Tjarks.
Sie unterzeichneten im November im Tornescher Heimathaus die Planungsvereinbarung zum Bau des dritten und vierten Bahngleises zwischen Pinneberg und Elmshorn: Ute Plambeck (DB AG, sitzend von rechts), Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen und Verkehrssenator Anjes Tjarks. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Und so verfolgt die Bürgerinitiative „Starke Schiene“ weiter ihr Hauptanliegen, dass möglichst bald das dritte und vierte Fernbahngleis zwischen Pinneberg und Elmshorn gebaut werde, um den Nahverkehr für diese Region entscheidend zu verbessern und den Autoverkehr zu entlasten. 13.000 Unterschriften hatte die BI seinerzeit dafür gesammelt und im Januar 2015 dem damaligen Verkehrsminister in Kiel übergeben, erinnert Mitinitiator Erhard Wasmann an die Vorgeschichte.

Was dann im November 2023 dazu führte, dass die beiden Länder Hamburg und Schleswig-Holstein im Tornescher Heimathaus eine Vereinbarung unterzeichneten, diesen seit vielen Jahren geforderten Schienenengpass zu beseitigen und den Gleisneubau endlich konkret zu planen. „Die Landesregierung bekennt sich zur Verkehrswende und finanziert die Planungskosten von 17 Millionen Euro in voller Höhe allein“, sagte da Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen.