Kreis Pinneberg. Hamburg und Schleswig-Holstein geben Planungsauftrag an die Deutsche Bahn. Engpass zwischen Pinneberg und Elmshorn bald Geschichte?
Ein wichtiger Schritt für die Mobilitätswende ist am Mittwochvormittag in Tornesch besiegelt worden. Die beiden Bundesländer Schleswig-Holstein und Hamburg schlossen im dortigen Heimathaus die Planungsvereinbarung für das dritte und vierte Gleis zwischen Pinneberg und Elmshorn.
„Die Landesregierung bekennt sich zur Verkehrswende und finanziert die Planungskosten von 17 Millionen Euro in voller Höhe allein“, sagte Verkehrsminister Claus Ruhe Madsen und fügte hinzu: „Das ist ein guter Tag für Schleswig-Holstein. Wir wollen ja, dass die Menschen den öffentlichen Nahverkehr nutzen.“
Deutsche Bahn: Schienenausbau soll bis Mitte der 2030er-Jahre verwirklicht werden
Minister Madsen hatte den Ort für diese Vertragsunterzeichnung mit seinem Hamburger Amtskollegen, Verkehrssenator Anjes Tjarks, und der Konzernbevollmächtigten er Deutschen Bahn AG, Ute Plambeck, bewusst gewählt.
In der Stadt, wo die Bürgerinitiative „Starke Schiene Tornesch“ seit vielen Jahren bessere Zugverbindungen für die Bahnpendler fordert, wollte Madsen demonstrieren: „Es geht endlich los.“ Auch wenn es noch bis „Mitte der 2030er Jahre“ dauern werde, bis die Züge auf dieser landesweit meistbefahrenen Bahnstrecke auf den beiden neuen Gleisen fahren können, wie DB-Bevollmächtigte Plambeck sagte.
Lockere Stimmung: Minister Madsen lud zum Spaß zur Schneeballschlacht
Die Stimmung zwischen den Landespolitikern und den Bahnvertretern war ausgesprochen locker, fast ausgelassen. Bei Kaffee, Kuchen und belegten Brötchen, für die die 20 anwesenden Vertreter der BI gesorgt hatten, forderte Minister Madsen den Kollegen Tjarks zum Spaß zur „Schneeballschlacht zwischen Hamburgern und Schleswig-Holstein“ heraus, während es draußen kräftig schneite.
„Oder die Länder gegen den Bund, wie es sonst auch immer läuft“, konterte der Hamburger Senator schlagfertig. Auch diese spaßige, kleine Einlage zeigte, wie einig sich die beiden Landesregierungen bei diesem seit Jahrzehnten geforderten Schienenprojekt sind und eng zusammenarbeiten wollen.
Die DB Netz AG wird den Schienenausbau im Kreis Pinneberg bis Ende 2026 planen
In den nächsten drei Jahren soll die DB Netz AG den Trassenverlauf auf dieser etwa 17 Kilometer langen Bahnstrecke zwischen den Bahnhöfen in Pinneberg, Prisdorf, Tornesch und Elmshorn ausarbeiten. Damit ist Amina Karam betraut, die bereits als Projektleiterin der DB Netze den Ausbau der S-Bahnlinie 4 von Hamburg nach Bad Oldesloe plant.
Ihre Arbeit für den Gleisausbau im Kreis Pinneberg beginne am 1. Januar 2024, sagte sie. Es gehe um eine Bestandsaufnahme, das Abklären von möglichen Hindernissen und Naturschutzgebieten sowie Grundstücksverhandlungen. Bis Mitte nächsten Jahres wolle sie ein Konzept vorlegen, wie der Gleisbau machbar und umzusetzen sei und was es kosten wird.
Die Kosten werden auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag geschätzt
Arne Beck vom landeseigenen Bahnplanungsunternehmen Nah.SH schätzte die Baukosten auf Nachfrage des Abendblatts auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Drei Viertel davon soll der Bund, ein Viertel das Land Schleswig-Holstein tragen. „Wir wollen unter rollenden Rädern bauen“, kündigte Projektleiterin Amina Karam an.
„Damit der Kunde weiterhin zufrieden bleibt, während wir bauen. Wir wollen bürgernah bleiben.“ Auf der Bahnstrecke zwischen Hamburg, Kiel, Flensburg und Westerland sei das Teilstück zwischen Pinneberg und Elmshorn „das Nadelöhr“ schlechthin, sagte Beck.
Täglich fahren bis zu 40.000 Bahnpendler auf dieser „Nadelöhr“-Bahnstrecke
Ganz ohne Einschränkungen aber werde dieses große Infrastrukturprojekt, das Anfang der 2030er Jahre gebaut werden soll, aber nicht ablaufen können, sagte der Nah.SH-Chef. „Es wird Betriebsunterbrechungen geben.“ Darum sei es wichtig, dass dann ein „zuverlässiger und leistungsfähiger Schienenersatzverkehr“ die täglich 20.000 Bahnpendler aus Richtung Elmshorn und 40.000 Bahnpendler aus Pinneberg zur Arbeit nach Hamburg und wieder zurückbringe.
Schon ab 2027 werde es mehr und größere Doppelstockzüge auf dieser Bahnstrecke geben, versprach Beck: und vor. „Dann werden alle Fahrgäste auf jeden Fall einen Sitzplatz haben.“
Noch unklar ist nach Becks Angaben, ob die beiden neuen Gleise für den S-Bahnverkehr oder die Regionalbahnen gebaut werden. Was Erhard Wasmann von der BI „Starke Schiene“ aus Tornesch bedauerte, weil er sich für die Kreis Pinneberger ein attraktiveres Fernbahnnetz wünschte. Auch wenn er die jetzt unterzeichnete Planungsvereinbarung natürlich sehr begrüßte. „Ich bin begeistert, dass die Planung nun endlich beginnt und es nicht nur bei Ankündigungen bleibt.“
Die Stadt Hamburg baut ihr Schienennetz mit zwei Tunneln aus
Aber auch die Hansestadt Hamburg investiere kräftig in den Bahnverkehr, sagte Senator Tjarks. So würden in den nächsten Jahren zwei neue Tunnel für die neue U-Bahnlinie 5 sowie die S-Bahnverbindung zwischen dem Hauptbahnhof und Altona gegraben und beide Bahnhöfe ausgebaut beziehungsweise verlagert. Auch das werde in Hamburg zu erheblichen Einschränkungen während der Bauphase führen.
„Wir wollen, dass die Menschen aus Pinneberg, aus Elmshorn und aus Flensburg mit der Bahn nach Hamburg kommen“, sagte Tjarks. „Das ist die stärkste Achse.“ Weil nun einmal die allermeisten Hamburger nördlich der Elbe lebten. „Wir müssen das gemeinsam stemmen.“ Es sollten nicht mehr wie heute 96.000 Fahrzeuge am Tag auf der A23 nach Hamburg fahren, sondern weniger.
In Elmshorn werde zudem der Bahnhof um einen Bahnsteig erweitert und nach Süden verlagert, sagte DB-Bevollmächtigte Plambeck. „Wir haben hier einen Engpass, der endlich aufgelöst werden muss.“ Nur so könnte hier im Norden die Mobilitätswende gelingen und mehr Fahrgäste in die Züge gelockt werden. Darum sei es auch wichtig, „dass die Züge nicht an der Landesgrenze enden.“ Worauf Senator Tjarks ankündigte, dass er offen dafür sei, auch zwischen Pinneberg und Diebsteich/Neu-Altona dann zwei zusätzliche Gleise zu verlegen. „Wir in Hamburg haben ein großes Interesse, auf eine Viergleisigkeit zu kommen und werden unseren Beitrag dazu leisten.“
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Auch die Industrie- und Handelskammer zu Kiel begrüßt diese Vereinbarung außerordentlich, wie IHK-Vizepräsident Henrik Fock sagte. „Wir sind dankbar, dass diese Vereinbarung zwischen dem Land und der DB AG zustande kommt.“ Mit der aktuellen Infrastruktur seien qualitative Verbesserungen nicht herbeizuführen.
Auch nach dem Bau der festen Fehmarnbeltquerung werde die Jütlandlinie für die Güterverkehre mit den wachsenden Volkswirtschaften in Skandinavien weiterhin eine hohe Bedeutung haben. „Für die notwendige Kapazitätserhöhung auf dieser Schienenverbindung stellt der Bau eines dritten und vierten Gleises die infrastrukturelle Grundvoraussetzung dar.“ Im Personenverkehr seien hier täglich 200 bis 300 Züge unterwegs, hinzu kämen weitere 50 bis 60 im Schienengüterverkehr.