Uetersen/Itzehoe. Seit Dienstag muss sich ein 17-jähriger Albaner vor Gericht verantworten, der in Uetersen einen Landsmann erschossen haben soll.
Vor dem Landgericht Itzehoe hat am Dienstag der Prozess um einen rätselhaften Mord in Uetersen begonnen – und zwar mit einer faustdicken Überraschung: Der Angeklagte Qerim D., der sich am 25. November vorigen Jahres auf der Polizeiwache in Pinneberg gestellt und ein Geständnis abgelegt hatte, will es nun nicht mehr gewesen sein.
An besagtem Abend war der Albaner, der sein Alter zum damaligen Zeitpunkt mit 17 Jahren angab, auf der Wache erschienen und hatte die Beamten in der Folge zur Holstentherme in Kaltenkirchen gelotst. Dort stießen die Einsatzkräfte in einem kleinen Waldstück in der Nähe des Freibades auf eine Leiche.
Leiche bei Holstentherme: Albaner (27) soll mit Kopfschuss hingerichtet worden sein
Es handelte sich um einen 27 Jahre alten Mann, ebenfalls albanischer Staatsbürger. Er war erschossen worden – mutmaßlich durch einen Kopfschuss. Der 17-Jährige soll die Tat gestanden haben. Er kam anschließend in Untersuchungshaft und wurde von der Staatsanwaltschaft später wegen Totschlags angeklagt.
Außer seiner Aussage auf der Polizeiwache in Pinneberg soll sich der junge Mann während des Ermittlungsverfahrens nicht weiter zu den Vorwürfen eingelassen haben. Zum Prozessauftakt am Dienstag, der aufgrund des Alters des Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, machte er nun eine Kehrtwende.
Angeklagter streitet Vorwürfe über seinen Verteidiger ab
Wie das Gericht bestätigte, hat der Angeklagte über seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen lassen und darin den Tatvorwurf abgestritten. Der erste Prozesstag war nach Verlesung der Anklage und der Einlassung des 17-Jährigen nach 45 Minuten beendet.
Am Donnerstag wird die Dritte Große Jugendkammer des Landgerichts die Beweisaufnahme fortsetzen. Dann werden ein Kriminalbeamter von der Spurensicherung sowie ein Sachverständiger gehört. Die Kammer hat insgesamt 13 Prozesstage bis Ende November angesetzt.
Das gesamte Verfahren findet aufgrund des vermuteten Alters des Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, obwohl ein Gutachten der Staatsanwaltschaft in der Altersfrage zu einem anderen Schluss kam. Die Anklagebehörde hatte eine Untersuchung vorgelegt, wonach der junge Mann zur Tatzeit mindestens 18 Jahre alt gewesen sein muss. Demzufolge wäre das Verfahren öffentlich gewesen. Dem folgte das Gericht jedoch nicht.
Dass der Angeklagte die Bluttat nun abstreitet, ist nicht wirklich eine Überraschung. Schon zu Beginn der Ermittlungen kam in der zuständigen Mordkommission in Itzehoe der Verdacht auf, dass es sich bei ihm nur um einen Strohmann handeln könne. Die Staatsanwaltschaft hat seit Längerem vier weitere Mittäter im Visier, unter denen sich möglicherweise auch der tatsächliche Todesschütze befinden könnte.
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Mindestens zwei der Verdächtigen sollen sich in ihr Heimatland, die Türkei, abgesetzt haben. Die Türkei liefert keine eigenen Staatsbürger nach Deutschland aus, sodass sich die Männer dort in Sicherheit befinden.
Es handelt sich um einen 60 Jahre und einen 30 Jahre alten Mann, einer aus Hamburg, der andere aus Uetersen. Ende Januar hatten 130 Polizeibeamte zehn Objekte in Uetersen, Schenefeld, Hamburg und Bremen durchsucht. Dabei wurde unter anderem in Uetersen eine professionelle Hanfplantage mit 120 Pflanzen entdeckt – und zwar im Obergeschoss jener Sisha-Bar, in deren Erdgeschoss der 27 Jahre alte Albaner nachweislich getötet wurde.
Einer der möglichen Haupttäter verübte schon eine Bluttat im Kreis Pinneberg
Einer der Tatverdächtigen, ein 30 Jahre alter Uetersener, ist laut Abendblatt-Informationen wegen einer weiteren im Kreis Pinneberg verübten Bluttat vorbestraft. Es soll sich um Ferhat K. (30) handeln – der Mann, der am 19. April 2015 vor der Schenefelder Kult-Disco „Ebert`s“ zwei Männer mit Schüssen aus einer halbautomatischen Ceska niedergestreckt hatte.
Das Landgericht Itzehoe schickte den damals 23-Jährigen am 15. Juli 2016 wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und illegalen Waffenbesitzes für fünfeinhalb Jahre hinter Gitter. Der heute 30-Jährige scheiterte mit der Anfechtung des Urteils. Er soll nach Abendblatt-Informationen einen Großteil der Strafe abgesessen und dann nach Uetersen zurückgekehrt sein.