Elmshorn/Itzehoe. Angehörige des erstochenen Mannes (36) hatten den Prozess auf dem Rechtsweg erzwungen. Warum der Angeklagte straffrei bleibt.

Die Familie des Opfers hatte auf dem Rechtsweg erzwungen, dass ein Tötungsdelikt aus Elmshorn vor Gericht landete. Doch das Verfahren vor der Dritten Jugendkammer des Landgerichts Itzehoe endete knapp drei Jahre nach der Tat mit einem Freispruch für den Angeklagten Deniz P. (22), der aus einer Notwehrsituation heraus gehandelt hat. So hatte die Staatsanwaltschaft den Fall auch von Beginn an eingeschätzt und zunächst auf die Erhebung einer Anklage verzichtet.

Doch trotz des erneuten Rückschlags will die Familie des verstorbenen Jakob K. (36) – Eltern, Bruder und Ehefrau hatten sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen – nicht aufgeben. Nach Angaben des Landgerichts Itzehoe hat die Nebenklage als einzige Revision gegen das Urteil eingelegt. Die Staatsanwaltschaft und naturgemäß auch die Verteidigung hatten auf diesen Schritt verzichtet.

Fünf Prozesstage, dann sprach die Jugendkammer den Angeklagten frei

Fünf Prozesstage hat die Dritte Jugendkammer benötigt, um zu diesem Urteil zu kommen. Verhandelt wurde eine tödliche Messerattacke, die sich am Morgen des 14. August 2021 in Elmshorn ereignet hat. Tatort war in dem kleinen Durchgang von der Holstenstraße in Richtung Holstenplatz.

Hier an der Juli-Bar hatten Täter und Opfer vorher gefeiert. Die Bluttat ereignete sich im Durchgang hinter dem Eiscafé am linken Bildrand.
Hier an der Juli-Bar hatten Täter und Opfer vorher gefeiert. Die Bluttat ereignete sich im Durchgang hinter dem Eiscafé am linken Bildrand. © Katja Engler | Katja Engler

Der damals 19 Jahre alte Angeklagte hatte zunächst mit drei Freunden in einer Pinneberger Shisha-Bar eine Flasche Whisky, gemischt mit Cola, geleert. Auch seien einige Joints geraucht worden, ehe man mit der Bahn nach Elmshorn fuhr und sich in der Juli-Bar mit weiteren Bekannten traf.

Messerattacke vor Juli Bar: Angriff ging vom späteren Opfer aus

Dort befand sich auch das spätere Opfer Jakob K. (36). Als Deniz P. gemeinsam mit mehreren Freunden gegen 6 Uhr morgens in dem kleinen Durchgang stand, griff der 36-Jährige in das Gespräch ein. Es kam zum Streit. Dann – so viel ist unstrittig – griff Jakob K. den Angeklagten mit einer eingeklappten Bierbank an und schlug zu.

Deniz P., der bereits zuvor den Angreifer durch Vorhalt eines Messers auf Distanz gehalten hatte, beantwortete den Bierbank-Angriff mit einer Messerattacke. Laut Anklageschrift erlitt Jakob K. zwei Stichverletzungen – eine an der linken Schulter, eine oberflächlichere im Oberbauch. Der Stich an der Schulter öffnete die linke Brusthöhle und durchstach den linken Lungenlappen, sodass es zu einem starken Blutverlust nach außen kam und das Opfer verblutete.

Tödliche Attacke von 2021: Angeklagter hatte einen Messerstich eingeräumt

Den Messerstich in die Schulter hatte Deniz P. in dem Verfahren eingeräumt. Den zweiten könne er sich nicht erklären. Ein Augenzeuge und Freund des Angeklagten bestätigte im Prozess dessen Angaben und dass der Angriff von dem späteren Opfer ausging. Allerdings gab der Freund an, dass der Stich wohl die Brust getroffen habe.

Beamte der Mordkommission sichern im August 2021 Beweise am Tatort in Elmshorn.
Beamte der Mordkommission sichern im August 2021 Beweise am Tatort in Elmshorn. © Danfoto/Daniel Friedrichs | Danfoto

Für die Richter war klar, dass beide Stichverletzungen durch den Angeklagten ausgelöst worden sind. Dieser habe jedoch das Recht dazu gehabt, er handelte in Notwehr. Jakob K., 110 Kilogramm schwer, sei dem Angeklagten an Körperkraft weit überlegen und zudem mit einer Bierbank bewaffnet gewesen, mit der er massiv zugeschlagen habe.

Mehr zum Thema

Um einen weiteren wuchtigen Schlag auf den Kopf von Deniz P. abzuwehren, habe dieser sich mit dem Messer verteidigt und den letztlich tödlichen Stich gesetzt. Das Gericht, so der Vorsitzende Richter Dominik Groß, habe an der Notwehrthese keine Zweifel.

Diese Einschätzung teilte im Prozess auch Staatsanwaltschaft Jan-Hendrik Schwitters. Seine Behörde hatte bereits nach Abschluss der Ermittlungen eine Notwehrsituation angenommen und keine Anklage erhoben. Die Opferfamilie legte Beschwerde ein und zog nach deren Ablehnung bis vor das Oberlandesgericht.

Bei einer Revision vor dem Bundesgerichtshof können nur Rechtsfehler gerügt werden

Das hatte in einem sogenannten Anklageerzwingungsverfahren die Staatsanwaltschaft Itzehoe angewiesen, gegen Deniz P. Anklage wegen Totschlags zu erheben. Die Opferfamilie will jetzt den Freispruch anfechten, bis zum Bundesgerichtshof ziehen. Dort können jedoch nur Rechtsfehler des Gerichtes gerügt werden.