Elmshorn/Itzehoe. Ein Vater und Ehemann wird 2021 in Elmshorn erstochen. Staatsanwaltschaft verzichtete auf Anklage. Nun kommt der Fall doch vor Gericht.

Die Bluttat – sie hatte am 14. August 2021 in Elmshorn für Bestürzung gesorgt. Ein 36 Jahre alter Mann kam gegen 6 Uhr morgens in einem kleinen Durchgang von der Holstenstraße in Richtung Holstenplatz ums Leben, nachdem ein damals 19 Jahre alter Mann mit einem Messer zugestochen hatte. Tagelang erinnerten Kerzen und Blumen an das Opfer.

Fast drei Jahre später kommt der Fall nun doch nur vor ein Gericht. Am kommenden Donnerstag, 23. Mai, beginnt vor der Dritten Jugendkammer des Landgerichts Itzehoe der Prozess gegen den Messerstecher, der sich wegen Totschlags verantworten muss. Zu verdanken ist dies der Familie des Opfers, die letztlich mit einem sogenannten Klageerzwingungsverfahren Erfolg hatte.

Mann erstochen: Staatsanwaltschaft erkannte auf Notwehr und klagte nicht an

Denn die Staatsanwaltschaft hatte in diesem Fall „keine Anklage erhoben“, bestätigt Oberstaatsanwalt Peter Müller-Rakow, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Itzehoe ist. Aus Sicht der Anklagebehörde habe zunächst eine gerechtfertigte Notwehrhandlung vorgelegen.

Davon ging die Staatsanwaltschaft bereits in einem frühen Ermittlungsstadium aus. Denn der damals 19 Jahre alte Täter kam nach einem Tag bereits wieder auf freien Fuß, ein Haftbefehl gegen ihn wurde bis heute nicht erlassen.

Bluttat in Elmshorn: Es begann mit einer verbalen Auseinandersetzung

Zwischen ihm und dem späteren Opfer war es am 14. August gegen 6 Uhr vor einer Bar an der Holstenstraße zu einer – zunächst verbal geführten – Auseinandersetzung gekommen. Es folgte laut den Ermittlungen ein körperlicher Angriff des 36-Jährigen auf den jüngeren Kontrahenten. Dieser soll dann mit dem Einsatz eines Messers für den Fall gedroht haben, dass es zu weiteren Übergriffen kommen würde.

Das soll der Angreifer ignoriert und sich mit einer Bierbank bewaffnet haben. Der 19-Jährige flüchtete in den Innenhof der Bar, sein Widersacher folgte ihm mit der Bierbank. Dort soll der 36-Jährige mit dem Sitzmöbel dem jüngeren Mann einen Schlag versetzt haben.

Opfer starb trotz Reanimationsversuchen noch am Tatort

Als er zu einem weiteren Schlag ausholte, griff der 19-Jährige zum Messer und stach zu. Der 36-Jährige erlag trotz schnell eingeleiteter Reanimationsversuche vor Ort seinen schweren Verletzungen.

Dieser Ablauf der Konfrontation galt laut den Ermittlungsergebnissen der Mordkommission als gesichert. Aufgrund der Zeugenaussagen und der vorliegenden rechtsmedizinischen Gutachten stellte die Anklagebehörde im Frühjahr 2022 die Ermittlungen „mangels hinreichenden Tatverdachts“ ein.

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Die Opferfamilie – der Verstorbene war verheiratet, hatte ein Kind – ging von einem anderen Ablauf aus und reichte Beschwerde beim Generalstaatsanwalt Schleswig-Holstein gegen die Einstellung der Ermittlungen ein. Dort wurde der Fall geprüft und letztlich die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Itzehoe bestätigt.

Die Wende brachte schließlich ein sogenanntes Klageerzwingungsverfahren vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (OLG) in Schleswig. Der 1. Strafsenat hat angeordnet, dass gegen den Beschuldigten Anklage wegen Totschlags zu erheben ist. Das hat die Staatsanwaltschaft Itzehoe folgerichtig im November 2022 auch getan.

Oberverwaltungsgericht: Tat ist ein Fall für das Gericht

Das Oberlandesgericht begründete die Entscheidung damit, dass das Tatgeschehen bestmöglich in einer Hauptverhandlung unter Ausnutzung aller zur Verfügung stehenden Beweismittel aufgeklärt werden müsse, bevor man sich der Frage zuwenden könne, ob die Tat tatsächlich als Notwehrhandlung zu bewerten sei.

Das wird die Dritte Jugendkammer nun ab dem 23. Mai prüfen. Aufgrund zahlreicher Haftsachen, die Vorrang haben, kann die Hauptverhandlung erst jetzt beginnen. Die Kammer hat zunächst drei Prozesstage bis Ende Mai angesetzt.