Elmshorn/Itzehoe. Jörg T. war wegen Missbrauchs vorbestraft, als er rückfällig wurde. Als falscher Arzt behandelte er Patienten. Das ist das Urteil.
Drei Tage vor seinem Geburtstag erhielt Jörg T. (62) ein eher unliebsames Geschenk: Das Landgericht Itzehoe verurteilte den Elmshorner am Dienstag zu sechs Jahren Gefängnis – unter anderem wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen sowie gefährlicher Körperverletzung.
Seit Ende April hatte sich die 15. Große Strafkammer des Landgerichts Itzehoe mit dem Fall des Elmshorners befasst, der als falscher Arzt in seiner Heimatstadt eine Privatpraxis führte und sogar als Kandidat für die Kammerwahl der Ärztekammer Schleswig-Holstein kandidierte – wenn auch erfolglos.
Angeklagter hat weder Medizin studiert noch promoviert
Dabei hat der 62-Jährige weder Medizin studiert noch promoviert. Hinter der Fassade des smarten Privatarztes verbarg sich ein vorbestrafter Sexualstraftäter. Jörg T. war bereits am 8. Mai 2015 vom Amtsgericht Elmshorn wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in zwei Fällen zu einer Strafe von zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden.
Trotz laufender Bewährung, das stellte jetzt die 15. Große Strafkammer fest, hat sich der Angeklagte erneut an einem Kind vergangen, nachdem ihn seine Frau nach der ersten Verurteilung verlassen hatte. Betroffen war ein zu Beginn der Taten zwölf Jahre alter Junge, zu dessen Ersatzvater Jörg T. geworden war. Der leibliche Vater des Jungen war 2009 verstorben.
Jörg T. war ein Ersatzvater für das Missbrauchsopfer
Jörg T., der mit der Familie befreundet war, sprang ein – und nutzte das Vertrauensverhältnis laut Anklage zur Befriedigung seiner eigenen sexuellen Bedürfnisse aus. Ab 2016 verging sich der Angeklagte an dem Jungen. Mehrere Taten umfasste die Anklage, von Masturbation und Oralverkehr war die Rede.
Und davon, dass der Angeklagte die sexuellen Übergriffe aufzeichnete. Die Aufnahmen wurden bei ihm gefunden, ebenso wie weitere kinderpornografische Dateien. Folgerichtig verurteilte die Kammer den unter Bewährung stehenden Mann wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern im Wiederholungsfall in sechs Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit dem Erstellen von kinderpornografischen Materials.
Angeklagter filmte laut Urteil den Missbrauch mit einem Handy
Jörg T. ist außerdem schuldig in vier weiteren Fällen des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, wobei er in zwei Fällen mit dem Smartphone seine Taten filmte. Zudem umfasst das Urteil drei Fälle von gefährlicher Körperverletzung.
Opfer waren in diesen Fällen nichtsahnende Patienten des falschen Mediziners, die die Praxis des Hochstaplers für eine Corona-Impfung aufgesucht hatten. Weil der 62-Jährige eine Approbationsurkunde gefälscht und unberechtigterweise einen Doktortitel geführt hatte, kommt eine Verurteilung wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen hinzu.
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Zu guter Letzt hat der Angeklagte außerdem eine Urkundenfälschung begangen – und zwar durch Fälschen einer Vollmacht, womit Jörg T. vortäuschte, Entscheidungen für die Familie des missbrauchten Jungen treffen zu können.
Das Missbrauchsopfer hatte sich dem Prozess als Nebenkläger angeschlossen. Auch mehrere Mitglieder seiner Familie, darunter seine Mutter, wurden in dem Verfahren als Zeugen gehört. Die Opferfamilie hatte dem Angeklagten, dessen Stiefsohn ähnlich alt ist wie das 2003 geborene Missbrauchsopfer, vertraut.
Angeklagter hatte sich nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert
Jörg T. residierte in einer feudalen Villa an einer der exklusivsten Straßen Elmshorns. Am Haus prangte auch ein Schild, das den Elmshorner als Privatarzt auswies – inklusive werktäglicher Sprechzeiten. Laut der Arztauskunft im Internet führte der Elmshorner den Titel Dr. med.
Jörg T. hatte sich in dem Verfahren zu den Vorwürfen geäußert. Dafür hatte die Vorsitzende Richterin Rebecca Knof die Öffentlichkeit ausgeschlossen, um die schutzwürdigen Interessen des Angeklagten zu achten.
Jörg T. muss sein Opfer auch finanziell entschädigen
Der wird nicht nur längere Zeit hinter Gitter verbringen, sondern muss das Opfer der sexuellen Übergriffe auch finanziell entschädigen. In einem sogenannten Adhäsionsverfahren, das parallel zum Strafprozess geführt wurde, wurde der Angeklagte unter anderem verpflichtet, alle zukünftigen immateriellen Schäden, die dem Opfer entstehen, zu übernehmen.