Halstenbek. Ein Patt im Gemeinderat könnte dafür sorgen, dass ein großes Mehrfamilienhaus in einer Einzelhaussiedlung entsteht. Das sind die Pläne.
Ein Patt im Halstenbeker Gemeinderat könnte dazu führen, dass ein größeres Mehrfamilienhaus in einer kleinen Wohnsiedlung entsteht, die rein mit Einzelhäusern bebaut ist. Die Verwaltung wollte eine Veränderungssperre erlassen, um dem Projekt einen Riegel vorzuschieben.
Im Bauausschuss fand sich dafür eine Mehrheit, in der Gemeindevertretung jedoch nicht. 14 Vertreter von Grünen und SPD stimmten für die Veränderungssperre, die 14 Mandatsträger von CDU und FDP dagegen. Was nun folgt, ist ein heftiger politischer Streit.
Halstenbek: Bebauungsplan wurde zwischen 1977 und 1985 aufgestellt
Es geht um den Bebauungsplan mit der Nummer 34, der zwischen 1977 und 1985 aufgestellt wurde. Er umfasst ein Gebiet nördlich des Eidelstedter Weges, das zwischen der Seestraße und der Landesgrenze zu Hamburg liegt. Zum Zeitpunkt der Planaufstellung befanden sich auf dem Areal einige ältere Wohnhäuser sowie eine Firma für Elektrofeinmechanik.
Der B-Plan setzte ein allgemeines Wohngebiet fest, in dem der nicht störende Gewerbebetrieb ausnahmsweise zulässig war. Der existiert allerdings nicht mehr. Bereits 2022 wurde die Immobilie abgerissen. Drumherum hatten sich seit den 1980er-Jahren in kleinen privaten Stichstraßen eingeschossige Einfamilienhäuser mit einer Firsthöhe von acht Metern angesiedelt – auf mindestens 550 Quadratmeter großen Grundstücken.
Alter B-Plan: Keine Begrenzung der Anzahl der Wohneinheiten
Was noch existiert, ist der alte B-Plan. Er lässt Einzelhäuser zu, allerdings ohne eine Begrenzung der Anzahl der Wohneinheiten. Das will sich nun der Grundstückseigentümer zunutze machen. Angefragt ist ein zweigeschossiges Gebäude mit neun Wohneinheiten. Die Firsthöhe läge bei 13,50 Meter, die Gebäudegrundfläche bei 325 Quadratmeter.
All das auf einem Grundstück, das abzüglich der Zufahrt 965 Quadratmeter groß ist. Auf dieser Fläche müssten zudem elf Stellplätze geschaffen werden. Die Verwaltungsvorlage listet zudem auf, dass laut dem gültigen B-Plan sogar ein noch größerer Baukörper möglich wäre – mit einer Grundfläche von 385 Quadratmetern.
FDP stimmte im Ausschuss für die Veränderungssperre, später dann dagegen
„Entstehen würde dadurch ein sich im Umfeld der Einfamilienhausbebauung nicht einfügender, die Dimensionen sprengender Baukörper, der aufgrund der Vielzahl der notwendigen Stellplätze auch Unruhe in das Wohnumfeld bringen würde“, urteilt das Halstenbeker Bauamt. Es regte eine Überarbeitung des alten B-Plans und den Erlass einer Veränderungssperre an, um den Riesen im Reich der Zwerge zu verhindern.
Im Bauausschuss fand sich dafür eine Mehrheit. In der Gemeindevertretung änderte die FDP ihre Meinung und stimmte gemeinsam mit der CDU gegen den Erlass der Veränderungssperre. Das erzürnt Dieter Thomas, Fraktionschef der Grünen und Gegner des Geschosswohnungsbaus an dieser Stelle.
„Das Baufenster für den Handwerksbetrieb kann nun mit einem größtmöglichen Mehrfamilienhaus bebaut werden, ohne dass der Bauausschuss überhaupt beteiligt wird“, schimpft der Grüne. Er moniert, dass mit diesem Votum auch die Belange der Anwohner bei der Planung außen vor bleiben.
Grüne: CDU und FDP überlassen bauliche Entwicklung einem Investor
Thomas: „CDU und FDP geben die Gestaltungsmöglichkeit der Gemeinde bewusst aus der Hand und überlassen sie dem Investor.“ Beide Parteien hätten damit auch verhindert, dass die Gemeinde Mitspracherecht bei der Gestaltung des Gebäudes habe.
„Es ist aber originäre Aufgabe der politischen Gremien, die bauliche Entwicklung der Gemeinde zu steuern. Das dürfen wir nicht allein einem Investor überlassen“, moniert der Grünen-Fraktionschef.
CDU und FDP argumentieren mit dem Prinzip der Fairness
Die auf diese Weise gescholtene CDU argumentiert mit dem Fairnessprinzip. Hätte der Bauherr beim zuständigen Kreisbauamt einen Bauantrag gestellt, hätte er angesichts des gültigen B-Plans grünes Licht bekommen, die Gemeinde wäre machtlos gewesen. „Jeder Bürger muss sich auf geltendes Recht verlassen können“, sagt der Vize-Fraktionschef der CDU, Ingvar Neubauer.
Dem Investor jetzt mit einer Veränderungssperre einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen, obwohl der mit seinen Plänen zunächst bei der Gemeinde vorstellig geworden ist, finden Neubauer und die CDU-Fraktion „nicht gerecht“.
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Ähnlich argumentiert die FDP. „Dem Investor steht ein Baurecht zu, daran müssen wir uns halten“, sagt FDP-Gemeindevertreter und Ortschef Wolfgang Pipping. Zum Zeitpunkt der Bauausschusssitzung hätten noch nicht alle Informationen vorgelegen, um eine endgültige Entscheidung zu treffen, so Pipping weiter. Daher habe seine Fraktion ihre Meinung geändert.
Auch Bürgermeister Jan Krohn (CDU) ist inzwischen in den Fall involviert. Er hat in dieser Woche einen Termin mit dem Investor, einem Bauunternehmen aus Hamburg. „Ich hoffe auf eine gütliche Einigung“, so der Verwaltungschef.
Bürgermeister: Neubebauung muss sich in die Umgebung einfügen
Krohn macht deutlich, dass die Neubebauung an dieser Stelle sich in die Umgebung einfügen müsse. Das wäre der Fall gewesen, wenn der Grundstückseigentümer eine bestehende Baugenehmigung ausgenutzt hätte. Nach Abriss des Firmengebäudes wurden drei Einfamilienhäuser auf dem Areal, das insgesamt 1287 Quadratmeter groß ist, genehmigt.
Ein Verkaufsprospekt des nicht realisierten Projektes ist noch im Internet zu finden. Demnach sollte die Firma Viebrockhaus dort im Februar 2023 mit der Errichtung von drei Stadtvillen beginnen, die im Sommer vorigen Jahres bezugsfertig gewesen wären. Preis pro Haus: 980.000 Euro. Das Bauvorhaben wurde jedoch aufgrund der geänderten Marktlage aufgegeben.