Halstenbek. Auf dem Weg nach Italien stranden Mannschaftsführer und Coach der Ü75-Basketballer in München. Wie der Traum vom Titel doch wahr wird.

Die Fußball-EM im eigenen Land ist für deutsche Fans nach dem 1:2-Drama gegen Spanien aus und vorbei. Aber während die Freunde des DFB-Teams von Coach Julian Nagelsmann nun Trübsal blasen, haben nahezu zeitgleich sieben Athleten und ihr Trainer im Zeichen von Schwarz-Rot-Gold für reichlich EM-Jubel gesorgt. Auch, weil sie von ganz unerwarteter Seite Hilfe bekommen haben.

Die deutschen Basketballer der Altersklasse 75+ sind im italienischen Pesaro in ihrer Altersklasse Europameister geworden. Mit dabei als Mannschaftskapitän und treibende Kraft: der Pinneberger Basketball-Professor Hans-Jürgen Duchstein (75). An seiner Seite hatte der emeritierte Hochschullehrer (Chemie, Pharmazie) ein vertrautes Gesicht aus der BG Halstenbek/Pinneberg (Holstein Hoppers), für die er seit Jahren auf Korbjagd geht. Nationaltrainer war in Pesaro Jürgen Freybe, Vorsitzender der Halstenbeker TS.

Weil die älteren Altersklassenspieler nicht zusammenrücken wollen, gibt es ein zweites Ü75-Team

Als über Jahrzehnte im deutschen Basketball bestens vernetzter Akteur und Funktionär hatte der im April 75 gewordene Pinneberger für die neue Altersklasse ein neues Team geformt. „Die Mannschaft, die bislang in dieser Altersklasse für Deutschland antrat, wollte gern weiter unter sich bleiben“, berichtet die Nummer 7 des neuen Titelträgers, „also haben wir Jungen uns gesagt, dass wir dann halt ein zweites Team formen.“

Namen bekam er eigentlich ausreichend viele für ein gutes Team zusammen; und doch wurde es noch ganz eng mit einem wettbewerbsfähigen EM-Kader. „Krankheit, Urlaub, Verletzung, Verhinderung – da kam alles zusammen. Zum Schluss waren wir nur noch sechs, später immerhin sieben“, sagte Duchstein. „Kurzzeitig haben wir überlegt, ob wir es sein lassen. Mit einem so kleinen Kader konnten wir doch nicht konkurrenzfähig sein.“

Auf dem Hinflug endet beinahe schon das Turnier für die beiden Pinneberger

Zum Glück aber wollten die DBB-Senioren ihr Startgeld nicht verfallen lassen, sie traten also ihre individuellen Anreisen aus allen Teilen der Republik an. Und damit wäre beinahe das vorzeitige Aus für das Projekt EM-Titel schon vor dem ersten Tip-off gekommen.

„Jürgen Freybe und ich sind gemeinsam von Hamburg nach München geflogen, um dort unseren Anschlussflug nach Ancona zu nehmen. Aber das hat nicht geklappt, wir sind in München gestrandet“, berichtet Duchstein von genau dem Fall, der nicht hätte eintreten dürfen. „Es war kein anderer Flieger nach Ancona zu finden; sie wollten uns ein Hotel geben und uns dann einen Tag später fliegen lassen; aber da sollten wir doch schon spielen.“

Das Lufthansa-Bodenpersonal „zaubert“ einen Flug nach Italien herbei

Der rettende „Engel“ fand sich in der Mitarbeiterin vom Bodenpersonal der Lufthansa. „Nachdem ich ihr klargemacht hatte, dass wir unbedingt schon am Sonnabend spielbereit in Pesaro sein mussten, hat sie wirklich alle Hebel in Bewegung gesetzt, um uns dorthin zu bekommen“, erzählt Duchstein voller Dankbarkeit. „Sie hat uns dann in eine Maschine nach Bologna bekommen und sogar geschafft, dass unser Gepäck, das schon für Ancona aufgegeben war, auch in unseren neuen Flieger kam.“

BB Ü75 EM
Das hat sich Hans-Jürgen Duchstein als Mannschaftskapitän und treibende Kraft nicht nehmen lassen: Der Siegerpokal aus Pesaro ziert nun die heimische Fensterbank. © Holstein Hoppers | Holstein Hoppers

Von Bologna ging es per Mietwagen weiter zu den Wettkampfstätten von Pesaro. Alles Weitere ist nun EM-Geschichte. „Wir wussten ja nicht, wie stark wir waren“, blickt Hans-Jürgen Duchstein auf den Turnierstart zurück. „Aber als wir dann das erste Match gegen die Vertreter von Estland mit 44:25 gewonnen haben, wussten wir, dass etwas möglich ist.“

EM-Triumph der Basketballer: Sie deklassieren sogar ihre Gegner

Es folgten Gruppensiege über Gastgeber Italien (43:32) sowie das US-Einladungsteam East Bank Saloon (39:34). „Im Halbfinale standen wir unseren älteren Landsleuten gegenüber; nach einiger Zeit meinte dann einer von denen zu mir, dass wir das nicht zu dicke machen sollen“, erinnert sich Duchstein schmunzelnd. Haben die „jungen“ Deutschen aber doch gemacht. 55:14 hieß es zum Schluss, das Tor zum Finale stand offen. In dem ließen sich die Deutschen die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Gegen das zweite Gastgeberteam hieß es am Ende 50:16.

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Den unerwarteten Triumph feierten die beiden Pinneberger ausgiebig vor Ort im Kreis ihrer Angehörigen und Mannschaftskameraden. Dann ging es zurück nach Hause – und diesmal klappte es mit allen Flügen.

Hans-Jürgen Duchstein musste aber erfreuliches Übergepäck korrekt verstauen. Der Siegerpokal trat mit ihm die Heimreise nach Pinneberg an. „Der steht jetzt auf meiner Fensterbank, das habe ich mir nicht nehmen lassen.“