Pinneberg. Hans-Jürgen Duchstein ist Delegationschef von 300 Spielern und Funktionären in Finnland. Mit 24 Teams stellt Deutschland das größte Kontingent
Es scheint so, als ob Hans-Jürgen Duchstein immer gern viel um die Ohren hat. Zweimal in der Woche spielt er Basketball – 1962 hat er mit dieser Sportart angefangen. Mittlerweile ist er 70 Jahre alt, hat an der Universität Hamburg immer noch ein Büro und hält als Dozent nach wie vor regelmäßig Vorträge im Themenbereich Chemie und Pharmazie.
In der Hamburger Seniorenliga tritt Duchstein auch für das nach oben hin im Altersklassenbereich offene Ü35-Team der Holstein Hoppers an. Im Hörsaal hat der Professor mit Doktortitel bereits insgesamt etwa 3000 Studenten sein Wissen vermittelt – auf dem Basketball-Feld ist er ganz hemdsärmelig für die meisten aber völlig uneitel der „Ducki“.
Er ist derjenige, der vorangeht und die Verantwortung übernimmt. An diesem Donnerstag geht es für die deutsche Seniorenbasketball-Delegation zur Weltmeisterschaft nach Espoo (Finnland). Etwa 300 Spieler, aufgeteilt auf fast alle Altersklassen von 30 bis 80, treten für Deutschland an. Damit stellt Deutschland – mit 24 Teams – erstmals das größte Kontingent bei einer Senioren-WM. Duchstein ist quasi der Chef. „Ob es Spaß macht, der Organisator von 300 Leuten zu sein? Jein. Ich weiß jetzt schon, dass ich 97 Fragen gestellt bekomme“, sagt er mit einem Augenzwinkern.
Für den in Pinneberg-Thesdorf wohnenden 1,83 Meter großen Aufbauspieler, der auch als Shooting Guard eingesetzt wird („Ich war schon immer ein Drei-Punkte-Spezialist“) ist es bereits das 18. internationale Basketball-Turnier, bei dem er aktiv ist.
Mit dem deutschen M70-Team trifft er an diesem Sonnabend zum Auftakt auf Russland. Los geht es um 9 Uhr morgens. „Vor zwei Jahren haben wir bei der WM in Italien sogar um 8 Uhr angefangen. Vielleicht denken sie, dass wir Alten alle unter seniler Bettflucht leiden“, scherzt der Basketballer, der 2016 Senioren-Europameister wurde, vor zehn Jahren Vizeweltmeister, 2014 noch einmal Vize-Europameister und vor vier Jahren als WM-Dritter noch einmal auf dem Siegerpodest stand. Weitere Gegner sind Italien und Gastgeber Finnland.
Duchstein hofft, mit der M70 das Halbfinale zu erreichen
„Ich glaube, dass wir diesmal wieder ganz gute Chancen haben, zumindest das Halbfinale zu erreichen“, meint der Sportler. Schließlich sind sechs Spieler aus dem Vizeweltmeister-Team 2009 wieder vereint.
Auch die Damen 40 könnten weit vorn landen. Bei der Europameisterschaft im Vorjahr im slowenischen Maribo gewann die Mannschaft des Halstenbeker-Trainers Nils Klauck mit den Hoppers-Spielerinnen Lenka Fuskova, Jana Gehrmann-Vorbau und Steffi Teichert die Goldmedaille.
Mit Ausnahme von Teichert sind erneut alle wieder Spielerinnen der BG Halstenbek/Pinneberg (Holstein Hoppers) in Finnland mit dabei. Die Vorrundengegner sind Russland B und Großbritannien. Insgesamt zwölf Teams wollen Weltmeister werden. Für eine deutsche F50-Mannschaft tritt zudem die Pinnebergerin Sabine Schwarzlmüller-Lahtz (ebenfalls Hoppers an). Vorrundengegner sind Estland, Kolumbien und El Salvador. Klauck tritt als Spieler auch für die M45 an. Bei einem M50-Team sind neben dem Hoppers-Routinier Ralf Jonasson diesmal mit Christian Pauk und Ingo Knillmann erstmals zwei Veteranen des SC Rist dabei.
Für Germany B laufen in der Altersklasse M60 die Hoppers-Basketballer John Sable, Betram Wagner, Frank Keruth, Frank Retzlaff und Boyko Pangarov. Jürgen Freybe (M65) komplettiert die Halstenbeker Fraktion. Nils Grand für Germany C. „Generell haben alle deutschen Frauen meiner Meinung nach gute Platzierungschancen. Die Ü45-Herren von Nils Klauck könnten auch für eine Überraschung sorgen“, meint Duchstein.
Noch wichtiger als der sportliche Vergleich aber scheint auch das Treffen und der Austausch mit alten Freunden und Bekannten zu sein. In Duchsteins M70-Mannschaft spielt der ehemalige Bundesliga-Akteur Ralph Ogden. Dieser ist zwar US-Amerikaner, lebte aber 30 Jahre in Deutschland, und darf aus diesem Grund (Resident Role) für seine zweite Heimat starten.
Duchstein war der Pionier des deutschen Seniorenbasketballs
2002 nahm Duchstein mit seinen „basketballverrückten“ Clubkollegen Jürgen Freybe und Thomas Reimann in einer gemischten Mannschaft mit drei Griechen und zwei Slowenen erstmals an einer Senioren-EM in Athen teil. Es war der Startschuss der Basketball-Ära im deutschen Senioren-Basketball. Seitdem hat er mitgeholfen, den Stein so richtig ins Rollen zu bringen. 235 Mannschaften aus 41 Ländern und allen fünf Kontinenten geben sich in Finnland bis zum 4. August die Ehre.
„Dass wir die meisten Teams entsenden, ist auch mein Verdienst. Das kann ich einfach mal so locker sagen und das macht mich auch stolz“, sagt Duchstein, der auch Repräsentant der Fimba (Federación Internacional de Maxibasquetbol, Sitz: Argentinien), ist. Als Maxibasketball wird der Sport bezeichnet, wenn die Teilnehmer aufgrund ihres Alters nicht mehr am Regelspielbetrieb teilnehmen.
Fünf Teams in Finnland treten in der Altersklasse 80 an. Deutschland ist (noch) nicht darunter. Duchstein und Co sind einfach zu jung.