Quickborn/Ellerau. In einem Eilverfahren hat das Oberverwaltungsgericht der Stadt Quickborn recht gegeben. Das große Vorhaben steht damit vor dem Aus.
Das ist ein juristischer Sieg mit Anlauf und langem Atem für die Stadt Quickborn, über den sich sicherlich viele Anwohner in Quickborn und Ellerau freuen dürften: Das geplante Mega-Logistikzentrum des US-Investors Hillwood in Ellerau darf nicht gebaut werden. Vorerst jedenfalls nicht. Das hat am Donnerstag das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden. Damit hob das Gericht einen anderslautenden Beschluss des Verwaltungsgerichts auf.
Wie mehrfach berichtet, regte sich im benachbarten Quickborn (Kreis Pinneberg) und der kleinen Gemeinde Ellerau (Kreis Segeberg) gewaltiger Protest gegen das aus Sicht der Kommunen überdimensionierte 50-Millionen-Euro-Projekt. Vor allem an den bis zu 1600 prognostizierten Lkw-Fahrten pro Tag und der fehlenden Verkehrsinfrastruktur störten sich die beiden Gemeinden. Darauf nahm nun das Oberverwaltungsgericht Bezug.
Gericht stoppt Mega-Logistikzentrum in Ellerau: Das sagen die Richter
An der Gemeindegrenze zur Stadt Quickborn wurde das geplante Logistikzentrum zunächst vom Bauamt des zuständigen Kreises Bad Segeberg genehmigt. Nun darf es vorerst nicht gebaut werden, so die Richter. Sie haben am Donnerstag den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 7. Februar 2024 geändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Stadt Quickborn gegen die Baugenehmigung für das Logistikzentrum angeordnet (Az. 1 MB 2/24). Einsprüche seitens von Hillwood seien nicht möglich, so das Gericht: „Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
Quickborn hatte im Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht ein neues Verkehrsgutachten in Form einer mikroskopischen Verkehrsuntersuchung vorgelegt, die die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort einbezieht und nicht lediglich auf Grundlage einer Berechnung erstellt worden ist. Für die Verkehrsgutachten und Rechtsanwälte hat die Stadt einen sechsstelligen Betrag ausgegeben.
Aber auch der Logistikkonzern Hillwood, der die zehn Hektar große Industriebrache an der Werner-von-Siemens-Straße in Ellerau erworben hat, will nach eigenen Angaben bereits etwa 20 Millionen Euro in das Vorhaben investiert haben. So sei das seit etwa 20 Jahren brachliegende Gelände gekauft worden, um dort fünf jeweils 10.000 Quadratmeter große Lagerhallen errichten zu können.
Tatsächlich wurde sogar schon mit dem Bau begonnen. Nach dem Abbruch der Altgebäude Ende vorigen Jahres sind die Rohbauten inzwischen recht weit fortgeschritten. Insgesamt, so ein Hillwood-Sprecher, wolle das Unternehmen sogar 80 Millionen Euro in das Projekt in Ellerau investieren.
Hillwood in Ellerau: 1600 Lkw-Fahrten pro Tag seien für die Gemeinde zu viel
Das Oberverwaltungsgericht kam nun zu dem Ergebnis, dass nach derzeitigem Erkenntnisstand die straßenmäßige Erschließung des Vorhabens nicht gesichert sei. Es sei ausgehend vom Inhalt der Baugenehmigung unter Heranziehung einer schalltechnischen Untersuchung mit einem durch das Logistikzentrum verursachten zusätzlichen werktäglichen Verkehr von insgesamt 350 Pkw-Fahrten und 1600 LKW-Fahrten zu rechnen. Das Verwaltungsgericht war zuvor noch von nur 1080 zusätzlichen LKW-Fahrten ausgegangen.
- Mega-Logistikpark von Hillwood: „Unverträglich“ - Gutachten soll US-Projekt stoppen
- US-Projekt von Hillwood: „Die Landesregierung lässt Quickborn und Ellerau im Stich“
- Zoff um Logistikpark: Land soll nun das Mega-Projekt des US-Investors stoppen
Aus diesem Mehraufkommen ergebe sich laut Gericht „eine strukturelle, täglich wiederkehrende Überlastung jedenfalls des Knotenpunktes an der Friedrichsgaber Straße/Bahnstraße, die nicht nur kurzfristig auftrete“. Außerdem lägen ausreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Steigerung des Verkehrsaufkommens zu einer nachhaltigen und strukturellen Schädigung von Straßensubstanz im Stadtgebiet Quickborns führen würde.
US-Projekt: Das war eigentlich nahe der A7 geplant
Der grundsätzliche Plan des Investors aus den USA sah vor, auf dem Gelände fünf gleich große Hallen zu bauen, die den künftigen Mietern jeweils 10.000 Quadratmeter Platz böten. Eine Fünf-Megawatt Solarstromanlage sollte auf den Dächern installiert werden. Wie bei 22 anderen Standorten von Hillwood könnten auch Produktionsstätten untergebracht werden, die zum Beispiel Fahrzeugteile für die Automobilindustrie fertigten oder Lüftungstechnik herstellten. Jeder Hallenkomplex könnte bis zu 100 Mitarbeitende beschäftigen.
Nach jahrelanger Planung hatte das Halstenbeker Ingenieurbüro dänekamp und Partner den Bau einer sogenannten Bahnübergangs- und Straßensicherungsanlage (BÜSTRA) vorgeschlagen, die eine abgestimmte Lichtzeichenanlage mit Steuerung der Bahnschranken an diesem Bahnübergang vorsah.
Durch das OVG-Urteil können Familien hoffen, dass eine Ampel-Anlage realisiert wird
Die Fußgänger hätten dann sicher über die Bahnstraße laufen können. 2,7 Millionen Euro sollte diese BÜSTRA-Anlage kosten, die in diesem Jahr gebaut werden sollte. Sie ist dann aber durch das Hillwood-Projekt hinfällig geworden und müsste neu überplant werden, hatte das Verkehrsministerium mitgeteilt.
Durch das OVG-Urteil können jetzt vor allem die dort lebenden Familien darauf hoffen, dass diese Ampel-Anlage dort endlich zur Sicherheit ihrer Kinder errichtet wird. Insofern seien die Anwohner und deren Kinder ebenfalls „die Gewinner“ in diesem Rechtsstreit, ist Bürgervorsteherin Annabell Krämer überzeugt. „Die Verkehrssicherungsanlage war durch Hillwood in weite Ferne gerückt. Das dürfte jetzt anders sein.“