Kreis Pinneberg. Früher reisten auch Hobbyfußballer nach Mallorca oder auf die Kanaren. Warum diese durchaus wichtigen Fahrten nicht mehr stattfinden.

Beim Blick aus dem Fenster überkommt Martin Schwabe, der seinen Vertrag als Chefcoach von Union Tornesch ebenso wie der weitere Trainerstab (Christian Ahrens, Florian Grosse, Danilo Veselinovic, Sven Lund) bis 2025 verlängert hat, ein bisschen Wehmut. Wegen Frost im Boden kann das vorgesehene Testspiel der Tornescher Oberliga-Fußballer am Sonnabend, 13. Januar, gegen den Niendorfer TSV II nicht stattfinden. Es gibt eine Generalabsage des Hamburger Fußball-Verbands, die bis Sonntag inklusive gilt.

Ob der geplante Freundschaftskick am Dienstag von 19.30 Uhr an gegen den Kummerfelder SV ausgetragen werden kann, muss sich noch zeigen. Dabei hatten sich viele Kicker im Kreis Pinneberg früher in jeder Saison auf den Januar gefreut. Ulf Becker, Paradestürmer des VfL Pinneberg (58), erinnert sich noch gut daran, wohin sein Team 1988 vor dem Winter geflüchtet war.

Fußballteams: Im Januar ging es für eine Woche ins Trainingslager auf Gran Canaria

„Da waren wir eine Woche auf Gran Canaria. Trainingslager nannte sich die Reise. Die Wahrheit ist, dass wir abends am Strand ein bisschen gelaufen sind. Die Nächte haben wir uns in den einschlägigen Diskotheken und Bars der Party-Hochburg Playa del Ingles um die Ohren geschlagen, tagsüber bei 25 Grad Celsius am Pool oder am Meer entspannt.“

Playa
Es ist nicht immer Malle im Sommer gewesen.  Das Ligateam des VfL Pinneberg hat es sich zum Beispiel 1988 in Playa del Ingles auf Gran Canaria gutgehen lassen, rechts unten: Ulf Becker. © Wolfgang Helm | Wolfgang Helm

Um die Kosten im Rahmen zu halten, waren die Kicker in Mehrbettzimmern von einfachen Hotels untergebracht. Der damalige Obmann Gerhard Klingenberg (76) logierte vornehmer im „Gloria Palace“ und machte im Steakhaus unweit des Vergnügungszentrums „Kasbah“ die Schatulle auf.

Die Strandpromenaden waren im Januar ein Treffpunkt für die Fußballer

Denn: Während sich Klingenberg den Cocktail im Edel-Club „Pascha“ leisten konnte, saß das Geld schon damals bei den Spielern nicht so locker, vor allem bei den jungen nicht. Gleichgesinnte liefen den Pinnebergern zahlreich über den Weg. Die Kneipen der Strandpromenade waren fest in der Hand des TV Haseldorf. Blicke ließen sich auch auf Profis von Bayer Leverkusen, Schalke 04 und dem VfL Bochum am Tresen nebenan erhaschen.

Vorbei. Wer noch vor Corona unternehmungslos Playa del Ingles besuchte, der erschrak. Die einst so angesagten Diskotheken Joy, Chic, La Bamba, Boney M.? Alle dicht. Andere kämpfen in einer nüchternen Betonlandschaft, die wie die Reeperbahn auf St. Pauli nur zu fortgeschrittener Stunde glitzert, ums Überleben. Fernreisen im Winter, bei Nicht-Profi-Fußballern schon lange nicht mehr „in“. Wieso eigentlich?

Vor einem Jahrzehnt konnten die Vereine ihre Kicker noch großzügig unterstützen

Andreas Lätsch, Vorsitzender des SV Rugenbergen, gibt die Antwort. „Es ist alles eine Frage des Geldes.“ Im Februar 2015 hatten die Sponsoren um Wolfgang Borchert und Günter Kuhsiek dem Bönningstedter Team eine Finca auf Mallorca finanziert. Zusätzlich bekamen die Kicker aber auch Ausflüge zu SVR-Ehrenmitglied Nico Hoogma, früherer HSV-Abwehrchef, nach Almelo (Niederlande), Barkassen-Fahrten im Hamburger Hafen und ein Trainingslager im Juli in St. Peter-Ording angeboten.

Wer soll das alles bezahlen bei einem Durchschnitt von etwa 100 Besuchern pro Oberliga-Heimspiel? Vielleicht ja die Spieler in diesem Jahr zum Großteil aus „eigener Tasche“. Beim zurückliegenden Bährs-Cup des VfR Horst gewann der SV Rugenbergen das Finale gegen die SG Geest nach Neunmeterschießen 7:5. Siegprämie: stolze 1500 Euro.

Der Trend zum Hallenkick im Winter hat sich mehr und mehr durchgesetzt

Der Trend zur Halle setzte sich schon in den 90er-Jahren langsam durch. Zusätzliche Verdienstmöglichkeiten kurz nach dem Jahreswechsel eröffneten sich vor allem bei den Turnieren des VfL Pinneberg, des TuS Holstein Quickborn, des Wedeler TSV und des FC Elmshorn. Die Folge davon: ein immer enger gestrickter Terminkalender. Von den kanarischen Inseln sprach bald niemand mehr.

Beliebtes Reiseziel bleibt aber Mallorca, allerdings nach Saisonende, vorzugsweise der „Ballermann“, wenn die Mannschaftskasse stimmt. Ulf Becker: „Uns hat einmal der Förderkreis ein paar Tage in El Arenal spendiert. Als wir ein Jahr später auf Ibiza feiern wollten, gab es keinen Pfennig dazu. Die Reise haben dann nur fünf Mann mitgemacht.“

Die vermeintliche Dauerparty ist ein wichtiger Faktor für den Zusammenhalt der Teams

Dabei erwiesen sich die gemeinsamen Tage doch immer wieder als förderlich für den Teamgeist und den sportlichen Ertrag. Die Pinneberger wurden 1988 Verbandsliga-Vizemeister. Der TV Haseldorf schaffte den Klassenerhalt in der Bezirksliga. Der SV Rugenbergen in der Saison 2014/15: absolut im Soll (9. Platz). Aktuell ist es der letzte Rang. Andreas Lätsch sieht einen Fehler. „Dass wir wie 2023 auf St. Peter-Ording verzichtet haben, sollte uns nicht nochmal passieren.“

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Auch aktuell gilt es an der Ellerbeker Straße wieder, neue Spieler des SVR mit den eingesessenen vertraut zu machen. Weitere Zugänge nach Stürmer Khamzat Gasgiriev (Stürmer) sind Bennet Dalkiran aus dem eigenen Nachwuchs und Rechtsverteidiger Dimitri Moor, der bis 2022 der U 19 des HSV angehörte. Unterdessen machte der Dienstälteste im Kader nach Kapitän Hendrik Rühmann den Abflug.  Linksverteidiger Jan Düllberg schloss sich aus familiären Gründen Barmbek-Uhlenhorst (Landesliga) an.

Auch bei Union und der SVHR dreht sich das Spielerkarussell

Union Tornesch meldet den Verlust von Offensivspieler Ayvas Shamoyan, den es zum Hetlinger MTV (Bezirksliga) zog, und des verletzungsbedingt kaum berücksichtigten Artemi Polonski.

Die SV Halstenbek-Rellingen freut sich auf die weitere Zusammenarbeit mit Trainer Heiko Barthel, der bis mindestens 2025 bleibt, und auf Offensivspieler Kevin Steinhagen, den Kaderplaner Michael Bernhardt von Teutonia 05 II (Bezirksliga) loseiste.