Barmstedt. Erst die Zusage, nun der Rückzug: Ein Barmstedter wollte das originelle Café betreiben. Nun erhebt er schwere Vorwürfe gegen die Stadt.
Es gibt mächtig Krach um eines der am schönsten gelegenen Ausflugslokale im gesamten Hamburger Umland. Seit einem halben Jahr steht das Galerie-Café Schlossgefängnis auf der Rantzauer Schlossinsel in Barmstedt nun schon leer. Jetzt zieht ein aussichtsreicher Bewerber sein Angebot im Streit zurück und erhebt schwere Vorwürfe.
Mirka Heim war einer derjenigen, der zur engsten Auswahl für die Pachtnachfolge des historischen und Denkmal geschützten Gebäudes von 1836 gehörte. Der ausgebootete Bewerber erhebt schwere Vorwürfe gegen die Verantwortlichen der Stadt, wie fehlerhaft diese die Neuvergabe betrieben hätten.
Vergabe für Gefängniscafé: Interessent spricht von Geschmäckle
Mirko Heim spricht von einem „Geschmäckle“ und hat bereits die Vergabekammer des Landes eingeschaltet. Sie soll nun ermitteln. Der Barmstedter sagt, bereits im Januar sei ihm direkt nach seiner Vorstellung seines Betreiberkonzeptes für das Café der Zuschlag erteilt worden, um ihn dann hinzuhalten und plötzlich noch einen anderen Bewerber aus dem Hut zu zaubern. Verwaltung und Politik weisen die Vorwürfe zurück, räumen aber ein, dass da einiges schiefgelaufen sei.
Mirko Heim ist bitter enttäuscht. „Ein echter Lebenstraum ist zerplatzt“, sagt der 47-Jährige, der seit ein paar Jahren mit seiner Familie in Barmstedt lebt. Schon als Kind sei er oft aus Norderstedt zum Rantzauer See gefahren und habe dort das einzigartige Ensemble der historischen Bauten von Schlossgefängnis, Amtsgericht, Herrenhaus und Wassermühle bestaunt und bewundert, erzählt Heim.
Jahrzehntelange Erfahrung in Gastronomiebetrieb und –konzepten
Darum habe er sich sofort mit einem umfangreichen Betreiberkonzept bei der Stadt beworben, als er im Herbst davon erfuhr, dass die vorherige Pächterin zum Jahresende aufhören wollte.
Heim hat nach eigenen Angaben jahrzehntelange Erfahrung mit gastronomischen Betrieben, jahrelang den Club „La Casa“ in Henstedt-Ulzburg betrieben, Tanzveranstaltungen im früheren Rohling in Norderstedt organisiert, die Schlager-Move-Partygänger am Hamburger Spielbudenplatz beköstigt. Zudem habe er für andere neue moderne Gastronomie-Konzepte entwickelt und ausgearbeitet.
Speisen aus der Region mit Ausstellungen aus Kunst und Hochzeitsfeiern
Aktuell arbeite er für eine Stadtverwaltung in der Region und plane dort für den Sommer einen Beachclub mitten in der Stadt. Selber hinter dem Tresen wollte er nur noch stehen, wenn mal seine Traum-Location im Schlossgefängnis freiwerden sollte. Als sich dieser Wunsch jetzt erfüllte, sei er sofort Feuer und Flamme gewesen.
Zusammen mit einem guten Freund, der Wochen- und Jahrmärkte sowie den Barmstedter Weihnachtsmarkt mit „Events, Catering und Street Food“ bewirte, wollte Heim in Barmstedt neu loslegen. Die Schlossinsel sollte zu der angesagten Hochzeitslocation im Kreis Pinneberg werden. Das Trauzimmer im Obergeschoss des Gefängnisses sollte belebt und alle Räume und die große Terrasse für Tagesgäste und Familienfeiern neu ausgestattet werden.
Große Pläne mit vielen Details waren schon ausgearbeitet
Er plante regelmäßige Kunst- und Schmuckausstellungen im Café, wollte Craft-Bier-Messen, Weinfeste und nostalgische Weihnachtsmärkte auf die Schlossinsel bringen. Motto: „Es gilt, Historisches zu erhalten und es in die Zukunft zu tragen“ mit einem frischen Angebot, das „Leuchtturm-Wirkung“ in die gesamte Region entfaltet.
Angedacht gewesen sei, das Café donnerstags bis sonntags für Tages- und Abendgäste geöffnet zu haben und sie von fünf festen Mitarbeitenden mit Kaffee, Kuchen und Restaurantspeisen zu bedienen. Zahlreiche Ideen für verschiedene Logos („Vino Barmstede“, „Rantzauer Pils“, „Die Insel“) hatte er fertig ausgearbeitet. Die Inneneinrichtung sollte im dänischen „Hygge“-Stil mit skandinavisch antiken Möbeln wohlige Gemütlichkeit ausstrahlen, berichtet Heim.
Interessent für Café im Schlossgefängnis wollte fünfstellig investieren
Er selbst hätte eine fünfstellige Summe investieren wollen. Die Stadt wiederum müsste eine sechsstellige Summe in das seit Jahren nicht renovierte Café für eine neue Küche und neue Elektrotechnik stecken und dabei die strengen Denkmalschutzauflagen einhalten.
Mitte Januar sei er dann von einem Ausschuss zur Vorstellung seines Konzeptes in nichtöffentlicher Sitzung in die Feuerwache eingeladen worden, den die Ratsfraktionen eigens dafür gebildet hatten, berichtet Heim. Zwei andere Bewerber seien auch da gewesen und unmittelbar danach noch am selben Abend habe ihn ein leitender Rathausmitarbeiter angerufen und ihm erklärt, er habe den Zuschlag erhalten, weil er das eindeutig beste Konzept vorgelegt habe.
Rathaus hat so getan, als habe Heim den Zuschlag erhalten
Begeistert und voller Tatendrang habe er dann mit mehreren Mitarbeitern im Rathaus die Details besprochen und das Konzept weiter ausgearbeitet und angepasst. Dabei seien mit ihm alle möglichen Details zur Höhe der Pacht und Vertragsinhalte der Stadt besprochen worden. Es gab gemeinsame Begehungen im Café.
„Ich habe viel Zeit da reingesteckt“, sagt Heim. Als er sich mit der Verwaltung „einig“ war, wie er erzählt, sollte die Politik darüber informiert werden. Die Verwaltung wollte das mit ihm fertig ausgearbeitete Betreiberkonzept dem Hauptausschuss vorstellen. Doch die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die Änderung der Tagesordnung kam nicht zustande.
Rathausmitarbeiter habe sich krank gemeldet und sei bis heute nicht im Dienst
Dann herrschte auf einmal Funkstille, erzählt Heim. Keiner der Mitarbeitenden, mit denen er vorher alles akribisch besprochen und vorbereitet hatte, sei für ihn erreichbar gewesen. Der Rathausmitarbeiter, der ihn nach der Vorstellungsrunde angerufen und ihm da die Pachtnachfolge bereits versprochen hätte, habe sich auf einmal krank gemeldet und sei bis heute nicht wieder im Dienst, wie er erfahren habe.
Mitte März habe er dann selbst in der Einwohnerfragestunde bei der Sitzung des Hauptausschusses nachgefragt, was denn los sei. Und da sei ihm erstmals mitgeteilt worden, dass noch mit einem weiteren Bewerber Verhandlungen geführt würden, der aber gar nicht bei der Vorstellungsrunde im Januar dabei gewesen sei.
Plötzlicher neuer Bewerber: Es sollen gute Kontakte zur CDU vorliegen
Dieser Gastronom aus dem Raum Pinneberg soll bereits Mitte Januar vor Zeugen erklärt haben, dass er im Januar das Schlossgefängnis-Café in Barmstedt übernehme, behauptet Heim aus angeblich sicherer Quelle. Zudem soll der gut bekannt mit einem CDU-Ratsmitglied sein und Politiker und Rathausmitarbeiter in dessen Restaurant gerne zum Essen vorbeikommen.
Verwaltung und Politik stellen die Sachlage etwas anders da. „Den Zuschlag hat er nicht erhalten“, versichert Bürgermeisterin Heike Döpke, die im Januar bei der Vorstellungsrunde dabei war. Das müsse der Bewerber Heim „definitiv falsch verstanden“ haben. Was Erster Stadtrat Ernst-Reimer Saß (CDU) und Peter Gottschalk (FWB) bestätigen, die beide dem Bewerbungsausschuss angehören.
Rathausmitarbeiter habe wohl voreilig falsche Tatschen verkündet
Es habe aber an diesem Abend jemand aus der Verwaltung so etwas Ähnliches gesagt, was aber überhaupt nicht abgesprochen oder autorisiert gewesen sei, erinnert sich Saß. Denn die letztliche Entscheidung über die Vergabe träfe nur der Hauptausschuss, der noch gar nicht involviert war und nun Mitte Mai die Pachtvergabe regeln will.
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„Das Pferd ist völlig falsch von hinten aufgezäumt worden“, sagt Saß. Es sollte mit den zwei aussichtsreichsten Bewerbern, der eine war Heim, der andere der Gastronom aus dem Raum Pinneberg, in Ruhe die Vertragsmodalitäten ausgehandelt und dann dem Hauptausschuss zur Entscheidung vorgelegt werden. Dabei galt es, vor allem die strengen Denkmalschutzauflagen einzuhalten. Der zweite Bewerber konnte an dem Januar-Termin nicht teilnehmen und sei deshalb noch mal extra eingeladen worden.
Bürgermeisterin: „Ich hätte mir das anders gewünscht“
Eine Vorentscheidung zu Gunsten eines Bewerbers sollte keinesfalls ausgesprochen werden, betonen Saß und Gottschalk. Das sei aber von der Verwaltung völlig falsch kommuniziert worden, was Bürgermeisterin Döpke zugegeben habe, wie Gottschalk sagt.
„Wir haben uns sauber aufgestellt.“ Döpke sagt: „Ich hätte mir das anders gewünscht. Wir müssen jetzt versuchen, das Beste daraus zu machen.“ Saß sagt: „Nun ist der Wurm drin. Die Politik wird jetzt dafür gescholten, obwohl sie gar nichts dafür kann. Das ist jetzt ein Totalschaden.“