Norderstedt/Kreis Segeberg. Neuer Haushalt beschlossen – aber es fehlen 19 Millionen Euro. Was das für Bürger bedeutet und welche Kosten auf die Kommunen zukommen.
Der Kreis Segeberg ist klamm. Sehr klamm. Gerade hat der Kreistag mit den Stimmen aller Fraktionen, bis auf die der AfD, einen Haushalt fürs nächste Jahr beschlossen. Dieser hat ein gewaltiges Volumen von 606 Millionen Euro, wovon aber 19 Millionen Euro nicht gedeckt sind. Allein für Jugend-, Eingliederungs- und Sozialhilfe muss der Kreis Segeberg nächstes Jahr 340 Millionen Euro aufwenden – zehn Millionen mehr als in diesem Jahr.
Darum mahnen Kreispolitik und Verwaltung zum Sparen. Konsolidierung ist dafür das Zauberwort. Immerhin hat der Kreistag für 2025 Einsparungen von 3,3 Millionen Euro beschlossen. „Die dringend erforderlichen Konsolidierungsbeschlüsse führen zu einer Entlastung des Ergebnishaushaltes von 10,5 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren“, sagt dazu Kreis-Kämmerin Traute McGregor. „Trotzdem betragen die Defizite 2025 bis 2028 zusammen immer noch gut 50 Millionen Euro.“ Die Verschuldung des Kreises wird sich bis Ende 2025 von aktuell 75,7 Millionen Euro auf 142,7 Millionen Euro nahezu verdoppeln.
Verschuldet und klamm: Kreis Segeberg muss jetzt sparen
McGregor: „Dies verdeutlicht den weiteren Konsolidierungsbedarf, um die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kreises wiederherzustellen und die drohende Verschuldung mit der einhergehenden Zinslast zumindest teilweise zu verhindern.“ Die Verwaltung werde gleich Anfang nächsten Jahres mit den Kommunen ins Gespräch kommen müssen, kündigt sie an. „Haushaltskonsolidierung umfasst die Reduzierung von Aufwendungen, aber auch die Erhöhung der Erträge.“
Damit deutet die Kreis-Finanzchefin an, dass die Kreisumlage, die wichtigste Einkommensquelle eines Kreises, wohl wieder angehoben werden muss. Zurzeit beträgt sie im Kreis Segeberg 29,75 Punkte, womit der Kreis 145,7 Millionen Euro im Jahr einnimmt. Jeder Punkt Erhöhung würde dem Kreishaushalt also rund 4,9 Millionen Euro mehr einbringen.
FDP: „Musikschule wird teurer für die Eltern!“
Doch nur an der Gebührenschraube zu drehen und den Städten und Gemeinden das Defizit ausbaden zu lassen, wollen die Kreispolitiker nicht. So haben sie jetzt beschlossen, dass die Personalkosten 2025 von zurzeit etwa 70 Millionen Euro um höchstens drei Prozent steigen dürfen – auch wenn ein höherer Tarifabschluss erfolgen sollte.
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Das geht der FDP noch nicht weit genug, erklärt Fraktionschef Klaus J. Scheunert. Die Liberalen wollen, dass die sogenannten freiwilligen Leistungen um 10 Prozent gekürzt werden. Die Norderstedter Musikschule würde nicht mehr 380.000 Euro im Jahr an Zuschuss erhalten, sondern gut 40.000 Euro weniger. „Dann müssten die Eltern tiefer in die Tasche greifen, damit ihre Kinder Musik lernen“, sagt Scheunert. Aber es träfe nicht unbedingt die ärmeren, sondern bürgerliche Schichten der Gesellschaft, die dies auch verkraften könnten, ist er überzeugt.
CDU: „Ausgaben dürfen nicht aus dem Ruder laufen!“
Dieser Auffassung ist auch CDU-Fraktionschef Torsten Kowitz. „Ein zentraler Bestandteil“ der Konsolidierung müsse „eine Deckelung der Aufwendungen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit sein“, fordert er. „Wir müssen verhindern, dass die Ausgaben des Kreises weiter aus dem Ruder laufen.“ Dazu gehöre auch die „Einführung eines Personalkostendeckels“.
Der Spielraum für weitere Einsparungen ist nicht groß. Für 2025 und die Folgejahre hat der Kreistag die Förderungssumme für neue Radwege auf jeweils eine Million Euro halbiert. Das Programm für die Anwerbung von zusätzlichen Hausärzten läuft aus, weil es nicht einen neuen Landarzt verpflichten konnte. Damit wird bis 2027 eine halbe Million Euro eingespart. Auch die 150.000 Euro, die jedes Jahr für die Förderung von privaten Ladesäulen für Elektrofahrzeuge vorgesehen war, sind nun wieder gestrichen.
Das aber werde nicht ausreichen, sind sich alle einig. CDU-Fraktionschef Kowitz verspricht, dass an der Kreisumlage nur dann gedreht werde, wenn weiter Einsparungen am Kreishaushalt vorgenommen werden. „Sonst fassen wir die Kreisumlage nicht an.“ Wo aber gespart werden soll, dürfte heftig diskutiert werden.
SPD: „Kreisumlage erhöhen!“
So hätten sich die Grünen dagegen ausgesprochen, dass nun die Radwegeförderung halbiert und die Eine-Million-Zusatzförderung für den öffentlichen Nahverkehr künftig gestrichen werden soll, erklärt Fraktionschef Arne Hanse. Stattdessen sollte lieber die Investitionszulage für Anschaffungen der Gemeinde abgeschafft werden, die in fünf Jahren rund zehn Millionen Euro umfasst.
SPD-Fraktionschef Dirk Wehrmann sieht kaum noch zumutbare Einsparungen. Diese würden den sozialen, kulturellen Sektor oder die Vereine treffen. „Wir müssen die Einnahmesituation verbessern“, sagt er und meint damit explizit, die Kreisumlage zu erhöhen.
Dabei geht es dem Kreis Segeberg noch vergleichsweise gut. Der Nachbarkreis Pinneberg hat gerade seinen Doppelhaushalt beschlossen, der für 2026/26 ein Defizit von 90 Millionen Euro aufweist. Und der Kreis Segeberg investiert noch kräftig. So fließen 2025 26,5 Millionen Euro in den Breitbandausbau, 6,4 Millionen Euro in den ÖPNV, jeweils drei Millionen Euro in neue Kindergartenplätze und das Berufsbildungszentrum in Norderstedt, sowie jeweils etwa 20 Millionen Euro gehen in den Tief- und Hochbau. Wovon der Neubau des Kreishauses allein 8,7 Millionen Euro kostet.