Norderstedt/Kiel. Landesregierung will 2025 sparen, auch die Bildung ist betroffen. 200 Lehrerstellen sollen wegfallen. Die Folgen für Norderstedt.
- Schwarz-Grün will eine Milliarde einsparen, Kürzungen gibt es in fast allen Bereichen.
- Je 50 Stellen sollen an Grund- und Gemeinschaftsschulen wegfallen, 40 an Gymnasien.
- An Gymnasien und Gemeinschaftsschulen werden deshalb die Unterrichtsstunden reduziert.
Weniger Unterricht, weniger Lehrerinnen und Lehrer: Das sind, grob umrissen, die Folgen des Sparkurses der schwarz-grünen Landesregierung für die Schulen in Schleswig-Holstein. Die Beschlüsse sind noch nicht in trockenen Tüchern, aber schon jetzt zeichnet sich ab, dass alle Schulformen betroffen sein werden. 200 Lehrerstellen sollen wegfallen, dafür werden Unterrichtsstunden reduziert. An Norderstedter Schulen sorgt das für einige Aufregung. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) protestiert scharf.
Etwa eine Milliarde Euro will die Landesregierung im kommenden Jahr weniger ausgeben, das sieht der aktuelle Entwurf für den Landeshaushalt 2025 vor, den Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) und Finanzministerin Silke Schneider (Grüne) kürzlich vorstellten. Gespart werden soll in fast allen Bereichen, unter anderem bei der Kultur, den Flüchtlingsunterkünften, beim Städtebau und eben auch an den Schulen.
Sparvorgabe: Weniger Unterricht an Norderstedter Schulen
„Die Finanzlage des Landes ist infolge der jüngsten Krisen erheblich beeinträchtigt“, sagte Finanzministerin Schneider, die im August das Amt von Monika Heinold (Grüne) übernahm. Trotz des Sparkurses wird Schleswig-Holstein auch 2025 neue Schulden aufnehmen. Endgültig beschlossen werden soll der Haushalt im Januar.
Was konkret auf die Schulen zukommen dürfte, sieht so aus: Das Land will die Versorgung mit Lehrerstellen zurückfahren, von (auf dem Papier) 101 Prozent auf 100 Prozent. Das entspricht einem Wegfall von 200 Stellen. Wie sich dieser Wegfall auf die Schulformen verteilt, geht aus einer Anfrage des SPD-Landtagsabgeordneten Martin Habersaat an das Bildungsministerium hervor. Demnach fallen an Grundschulen und Gemeinschaftsschulen je 50, an Gymnasien 40 und an Förderzentren sowie Berufsschulen je 30 Stellen weg.
Fremdsprachen und Naturwissenschaften betroffen, an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen
Das bedeutet: weniger Unterricht. Was genau wegfallen könnte, zeichnet sich für die Gemeinschaftsschulen und Gymnasien schon recht konkret ab, im Bereich der sogenannten Kontingentstundentafel. So sollen an den Gemeinschaftsschulen in sechs Bereichen je eine Wochenstunde wegfallen, und zwar bei der ersten Fremdsprache, bei den Naturwissenschaften, beim Wahlpflichtfach I, bei der Ästhetischen Bildung, bei Arbeit-Verbraucherbildung sowie in den Gesellschaftswissenschaften. Verschont werden soll allerdings das Fach Wirtschaft/Politik (WiPo), was bedeutet, das etwa Geographie oder Geschichte betroffen sein könnten.
Die Gymnasien sollen in den Klassenstufen 5 bis 10 in vier Bereichen je eine Stunde kürzen, und zwar bei den Naturwissenschaften, der 1. Fremdsprache, bei der Ästhetischen Bildung und bei den Gesellschaftswissenschaften, wobei auch hier WiPo ausgenommen ist. Außerdem sollen in der Oberstufe nur noch zwei statt drei Fächer „auf gehobenem Niveau“ (frühere Bezeichnung: als Leistungskurs) unterrichtet werden, also mit fünf statt drei Wochenstunden. Hier könnte es das Fach Deutsch, Mathematik oder Englisch treffen. Die Landesregierung betont aber auch, dass damit das Anforderungsniveau der Oberstufe nur an das von Hamburg angeglichen werde, wo es auch nur zwei Leistungskurse gibt.
Rainer Bülck: „Ziemliches Paket, das da auf uns zukommt“
Wie die Kürzungen umgesetzt werden, wird schon jetzt an Norderstedts weiterführenden Schulen diskutiert. „Es ist ein ziemliches Paket, das da auf uns zukommt. Wir überlegen in der Schulleitung, was wir da wo rausziehen können“, sagt Rainer Bülck, Leiter der Gemeinschaftsschule Harksheide. Aktuell sei allerdings „noch nicht klar, welche Fächer betroffen sein werden“. Das werde auch erst dann kommuniziert, wenn die Beschlüsse in Kiel mit „verbindlichen Vorgaben“ definitiv feststünden.
Torben Krüger, der Schulleiter des Lise-Meitner-Gymnasiums, informierte kürzlich in einem Rundschreiben die Eltern über die „notwendigen Sparmaßnahmen der Landesregierung“. Weiter heißt es: „Weniger Unterricht bedeutet weniger Lehrer, könnte man es umschreiben. Dass davon die Ergebnisse nicht besser werden, ist hierbei jedem bewusst.“ Aber dem Land bleibe „keine andere Wahl, als die nötigen Kürzungen umzusetzen“. Im Frühjahr 2025 werde die Schulleitung einen Vorschlag ausarbeiten, wie was gekürzt werden könne, und diesen dann „in einer gesonderten Schulkonferenz debattieren“.
Heike Schlesselmann: „Glaube, dass weniger Schüler Mathe wählen werden“
Auch am Coppernicus-Gymnasium wird schon über die Umsetzung beraten. Eine wahrscheinliche Konsequenz sieht Schulleiterin Heike Schlesselmann schon jetzt: „Ich glaube, dass nur noch wenige Schüler Mathe wählen werden.“ Denn bald reiche es ja, nur noch zwei Fächer fünfstündig zu wählen. Schlesselmann sagt aber auch: „Ich sehe grundsätzlich ein, dass wir sparen müssen.“ Eine Schulkonferenz im Juni werde die konkrete Umsetzung beschließen.
GEW-Kreisvorsitzender: Schon 101 Prozent Versorgung sind zu wenig
Deutlich schärfer klingt die Kritik von Christian Steenbuck, Co-Vorsitzender des GEW-Kreisverbandes Segeberg. „Unterrichtskürzungen sind generell problematisch. Aber in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern Stunden zu streichen, ist in diesen Zeiten geradezu gefährlich!“, sagt er. Auch Grundschulen würden die Einschnitte noch schmerzlich spüren. „Schon 101 Prozent Versorgung sind zu wenig. 100 Prozent bedeutet, dass nie jemand krank sein darf. Das ist aber in keinem Betrieb der Welt so.“ Um de facto 100 Prozent zu erreichen, müsste es eine Besetzungsquote von 110 bis 120 Prozent geben. Unter dem Strich müssten also die Schulen damit rechnen, dass künftig viel mehr Unterricht ausfällt.
- Eltern-Kritik in Norderstedt: „Luxus-Bildungshaus – und dafür Schul-Ruinen“
- Norderstedt: Willy-Brandt-Schule – Umzug verzögert sich bis Ostern
- Gymnasium Harksheide: Neubau an der Straße Fadens Tannen?