Norderstedt. Fußballclub droht der Abstieg aus der Regionalliga. Welche Auswirkungen der Absturz in die Oberliga für den Tabellensechzehnten hätte.
Im letzten Punktspiel des Jahres 2025 beim Topteam SV Meppen überraschten die Fußballer von Eintracht Norderstedt. Sie erkämpften sich ein vorher kaum für möglich gehaltenes 1:1-Unentschieden. Es war der hoffnungsvolle Abschluss eines verkorksten ersten Halbjahres in der Regionalliga Nord.
„Bitte kein Herzschlagfinale mehr“ lautete im Sommer der Wunsch von Sportchef Denny Schiemann mit Blick auf die nervenaufreibende Rettung mit dem 2:0 beim SC Weiche Flensburg 08 am letzten Spieltag der Vorsaison. Mittlerweile ist Schiemann genau wie Trainer Jean-Pierre Richter, die Co-Trainer Max Krause und Yannick Petzschke, Torwart-Trainer David Gosciniak und Videoanalyst Sebastian Scharrer längst Geschichte. Und die personell im Trainerteam runderneuerte Eintracht kann froh sein, sollte der neue Coach Elard Ostermann mit seiner Mannschaft erneut in einem Herzschlagfinale am letzten Spieltag die Klasse halten.
Eintracht Norderstedt: Vereinsverantwortliche haben viele Fehler gemacht
Die Fehler in der laufenden Spielzeit sind oft benannt worden. Im Sommer wurde trotz ersichtlicher Notwendigkeit kein zentraler Stürmer geholt. Durch den zum damaligen Zeitpunkt am vierten Spieltag unnötigen Wechsel im Tor von Dave Ceesay zu Arne Exner entfachte Ex-Trainer Jean-Pierre Richter ein Torwart-Drama. Rechtsverteidiger Henok Tewolde konnte die überraschende Trennung von Routinier Juri Marxen, mit dem der Club dringend hätte verlängern sollen, nie auffangen und patzte sich durch die Hinrunde.
Dazu kamen zahlreiche krasse individuelle Fehler in allen Mannschaftsteilen, eine zu oft zu brav und leise auftretende Mannschaft und ein Kapitän Ersin Zehir, der insgesamt weit unter seinen Möglichkeiten agierte. Plus, noch vor dem Trainerwechsel, das Theater um den vorzeitigen Abgang von Sportchef Denny Schiemann. Kaum Spielglück und viele Verletzte gab es obendrauf.
Abstieg aus der Regionalliga Nord wäre hausgemacht
Der erste Abstieg in der noch jungen Vereinsgeschichte des 2003 gegründeten Fußballclubs Eintracht Norderstedt, das Ende der zwölfjährigen Ära in der Regionalliga Nord, wäre hausgemacht. Der große Umbruch im Sommer müsste endgültig als komplett misslungen, der Kader als nicht regionalliga-tauglich bewertet werden.
Noch aber ist es nicht so weit. Was die Eintracht nun als Erstes braucht, ist eine starke Transferphase im Winter. Der neue Sportchef Frank Spitzer wird beweisen müssen, ob er im Rahmen eines im Vergleich zu anderen Vereinen schmalen Etats mit seinen angepriesenen guten Kontakten gute Qualität in einem schwierigen Markt verpflichten kann. Ob im Tor, rechts hinten, im zentralen Mittelfeld, auf den Flügeln oder im Sturmzentrum – Bedarf nach Leistungssteigerung hat das Aufgebot nach den bislang gezeigten Auftritten, die zu 19 Punkten aus 21 Partien und Abstiegsplatz 16 führten, überall.
In der zweiten Saisonhälfte sind harte Maßnahmen erforderlich
Der von Spitzer angekündigten „knallharten Analyse“ wird eine Priosierung bei den Transfers – denn fünf Qualitätsspieler wird die Eintracht wohl kaum verpflichten können – folgen müssen. Und weitere harte Maßnahmen, die bei einem so großen Kader kaum vermieden werden können. Entweder in Form von Spielerverkäufen oder aber Tribünenplätzen für überforderte Akteure.
Für den Club von der Ochsenzoller Straße steht ja nicht nur der Klassenerhalt in der Regionalliga Nord auf dem Spiel. Die Garstedter sind bekannt für ihre überragende Jugendarbeit. Die U-19-Mannschaft ist gerade erst in die Bundesliga aufgestiegen, misst sich künftig mit den Nachwuchs-Leistungsteams der Proficlubs. Der in der Vergangenheit so erfolgreiche Norderstedter Weg sieht vor, junge Talente exzellent auszubilden oder bereits gut ausgebildete Jugendspieler an die Ochsenzoller Straße zu holen und ihnen den letzten Schliff zu geben.
Absturz in Oberliga hätte Auswirkungen auf den Jugendbereich
Das Ziel ist in beiden Fällen dasselbe: Junge Spieler für die Regionalligamannschaft heranzuziehen, die die Eintracht als Sprungbrett für ihre Karriere nutzen können und die, egal ob sie später wechseln oder nicht, mit großer Identifikation im Trikot des Vereins von der Ochsenzoller Straße auflaufen. Ex-Spieler wie Juri Marxen und Linus Meyer stehen ebenso für diesen Norderstedter Weg wie beispielsweise im aktuellen Kader Dane Kummerfeld, Philipp Koch und Dave Ceesay.
Im Kampf um die besten Nachwuchskicker würde die Eintracht bei einem Abstieg in die Oberliga Hamburg aber ein Alleinstellungsmerkmal unter den ersten Mannschaften der Amateurvereine im Hamburger Fußball-Verband verlieren. Schließlich setzte Regionalliga-Konkurrent FC Teutonia 05 für seine Herrenmannschaft bislang nicht auf die Jugendarbeit. Die unter den Clubs im Hamburger Fußball-Verband einmalige Perspektive, als junger Spieler sofort in der vierthöchsten deutschen Klasse aufzulaufen, könnten die Norderstedter als Oberligist nicht mehr bieten.
Eintracht Norderstedt: Sympathisches Geschäftsmodell steht auf dem Spiel
Mit anderen Worten: Das in diesen ökonomisch oft überdrehten Zeiten sympathischere Geschäftsmodell der Eintracht steht im restlichen Saisonverlauf auf dem Spiel. Ein Abstieg wäre nicht einfach nur ein Betriebsunfall. Die Folgen würden sich mittel- und langfristig umso deutlicher zeigen. Ob der sofortige Wiederaufstieg glücken würde, steht in einer deutlich stärker gewordenen Spitzengruppe der Oberliga Hamburg nämlich in den Sternen.
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Eintracht Norderstedt hat in dieser Saison eine Menge falsch gemacht. Doch wenn der Verein jetzt die richtigen Maßnahmen trifft – und der Fußballgott nach der Winterpause ein bisschen hilft – ist noch alles drin. Dann kann die großartige Ära in der Regionalliga Nord weitergehen. Zur Not nach einem weiteren erfolgreichen Herzschlagfinale.