Norderstedt. Wärmeplanung Norderstedt: Wie Norderstedt bis 2040 die Wärmewende schaffen will und wie die Bürger in Zukunft heizen können.

Kann ich ans Fernwärmenetz angeschlossen werden oder eignet sich für mich eine Wärmepumpe als Heizquelle? Das sind Fragen, die sich viele Menschen momentan stellen. Antworten darauf gibt die kommunale Wärmeplanung – die Fachbüros PlanEnergi und Hamburg Institut haben im Auftrag der Stadt das Norderstedter Stadtgebiet untersucht und für jeden Haushalt den passenden Wärmelieferanten ermittelt.

„Jetzt haben wir ein Bild und wissen, wo wir ansetzen können“, sagt Nico Schellmann, technischer Leiter der Stadtwerke, die die Wärmewende zusammen mit der Stadt schaffen sollen und wollen. Ziel ist, wegzukommen vom Erdgas als Hauptenergielieferant und bis 2040 alle Gebäude in Norderstedt klimaneutral mit Wärme zu versorgen. „Und da sind wir im Vergleich zu anderen Städten und Gemeinden gut davor“, sagt Schellmann.

Anschluss ans Fernwärmenetz: Stadt Norderstedt nennt geeignete Gebiete

Zum einen habe die Stadt schon jetzt die Auflage erfüllt, einen kommunalen Wärmeplan zu erarbeiten. Das Gesetz zur Wärmeplanung lässt Städten und Kommunen bis 100.000 Einwohnern dafür bis zum 30. Juni 2028 Zeit. Da deutschlandweit daran gearbeitet wird, wird es, so Schellmann, zu einer enormen Nachfrage nach Fördermitteln, Fachplanern und Handwerkern kommen.

Und auch bei der Fernwärme sei Norderstedt gut aufgestellt. Entlang der U-Bahn-Trasse verlaufe die Nord-Süd-Leitung, die sich wie eine Ingwerknolle in den dicht besiedelten Gebieten nach Osten und Westen verzweigt und beispielsweise die Bereiche um die Rathausallee und Alter Kirchenweg versorgt. Vom Lütjenmoor reicht eine zweite Hauptleitung bis nach Glashütte. Welche Wohnungen und Häuser schon jetzt von der umweltfreundlichen Energiequelle profitieren, zeigt das Wärmekataster der Stadtwerke.

Drei von vier Norderstedtern wünschen sich Fernwärme

Norderstedts Werkleiter Nico Schellmann will auch die Erzeugung von Solarstrom vorantreiben.
Norderstedts Werkleiter Nico Schellmann will auch die Erzeugung von Solarstrom vorantreiben. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

10.000 Haushalte seien ans Fernwärmenetz angeschlossen. „Auch damit sind wir relativ weit vorn“, sagt der technische Leiter der Stadtwerke. Es zahle sich jetzt aus, dass Norderstedt früh auf Blockheizkraftwerke (BHKW) gesetzt habe. Diese Energieproduzenten erzeugen nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung neben Strom auch Wärme. „Zusätzlich können wir noch die Abwärme der BHKW nutzen“, sagt Schellmann. So reiche Abwärme, die das BHKW am Rechenzentrum erzeugt, um zehn Prozent des Norderstedter Wärmebedarfs zu decken.

Das Wärmenetz soll ausgebaut werden, geplant ist, in den nächsten Jahren zwischen 5000 und 10.000 Haushalte anzuschließen. Damit kommen die Stadtwerke auch dem Wunsch vieler Norderstedter und Norderstedterinnen nach: Interaktive Umfragen hätten gezeigt, dass 73 Prozent der Befragten Fernwärme als Wunschtechnologie nannten.

Norderstedt: Es gibt 17 Eignungsgebiete für den Anschluss ans Wärmenetz

Die externen Fachleute haben kleinteilig Eignungsgebiete analysiert. Basis ist der Wärmebedarf, der in dicht besiedelten Bereichen am größten ist. 17 Quartiere mit Wohnungen, Gewerbe, Handel und Dienstleistern kommen danach für einen Anschluss ans Wärmenetz infrage, wobei Alternativen wie Luft-Wärmepumpen und Erdwärme-Pumpen mit geprüft werden. Da, wo ein Anschluss ans Wärmenetz nicht möglich ist, sollen Luft-Wärmepumpen klimafreundliches Heizen gewährleisten.

Detailliert werden Größe des jeweiligen Bereichs, die Länge der Leitungen und die Kosten aufgelistet. Und die sind gewaltig: So nennen die Gutachter beispielsweise für das „Teilgebiet FW4, Ulzburger Straße nördlich Waldstraße“ Netzbaukosten von ca. 28,7 Millionen Euro. Allerdings gibt es dafür eine Förderung von 40 Prozent.

In diesen Vierteln gibt es den höchsten Sanierungsbedarf

„Wir werden jetzt Schritt für Schritt in diese Quartiere gehen und das Interesse der Kunden ermitteln. Interessierte können auch selbst initiativ werden und die Stadtwerke ansprechen“, sagt Schellmann. Da die Werke wirtschaftlich arbeiten und kalkulieren müssten, müsse eine Mindestanzahl an Abnehmern zusammenkommen. Die Kosten für den Ausbau des Wärmenetzes müssten durch den Verkauf von Fernwärme gedeckt werden. Beim Anschluss ans Wärmenetz hat der örtliche Energieversorger auch die Gewerbegebiete im Blick.

Ermittelt haben die Gutachter auch die Gebiete mit dem höchsten Sanierungsbedarf, denn allein durch eine Verbesserung des Gebäudezustands könne der Wärmebedarf in Norderstedt um 16 Prozent reduziert werden. Schellmann rät, sich von einem Energieberater einen individuellen Sanierungsplan erarbeiten zu lassen.

Stadtwerke Norderstedt: „Wärmewende funktioniert nur, wenn wir Bürger mitnehmen“

Und fügt gleich einen entscheidenden Satz hinzu: „Die Wärmewende funktioniert nur, wenn wir die Bürger mitnehmen.“ Deswegen enthält der kommunale Wärmeplan auch ein Bündel an Maßnahmen, die die Norderstedter und Norderstedterinnen motivieren sollen, ihren Teil zur Klimaneutralität beizutragen. Hohe Priorität haben Quartiers-Rundgänge mit Blick auf erneuerbare Energien. Die Bewohner sollen sich in Stadtgebieten mit ähnlicher Baustruktur über Wärmepumpen, Photovoltaik oder Sanierung austauschen, eigene Beispiele vorstellen.

Geplant ist zudem der „Norderstedter Wärmewendehafen“, eine zentrale Anlaufstelle, die die Angebote der Energie- bzw. Sanierungsberatung sowie der Beschaffung von Fördermitteln bündelt. Der kommunale Wärmeplan wird zudem im Mittelpunkt der Wärmemesse stehen, die für den 8. März geplant ist.