Norderstedt. Reform der Netzentgelte, stabile Märkte: Stadtwerke geben Ausblick auf die kommenden Tarife. Eine Einsparnis ist bereits garantiert.
Der Strompreis in Norderstedt sinkt zum Jahreswechsel. Das kündigen die Stadtwerke bereits jetzt an, auch wenn die neuen Tarife erst im November bekanntgegeben werden. Der Grund hierfür: Die Reform der Netzentgelte, die zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt, wird direkte Auswirkungen auf die Haushalte haben. Im Gespräch mit dem Abendblatt erklärt Energie-Verkausfsleiter André Reißweck von den Stadtwerken, worauf sich Kunden einstellen können.
„Die jetzigen Netzentgelte sinken zum 1. Januar 2025 von 9,26 auf 6,4 Cent pro Kilowattstunde“, so der Fachmann, „das ist ein richtiger Schluck.“ Denn hierbei handelt es sich um einen wesentlichen Bestandteil des Strompreises, der allerdings unter den Bundesländern bislang ungerecht verteilt war.
Stadtwerke: Warum der Strom in Norderstedt ab 2025 günstiger wird
„Schleswig-Holstein hat den Ausbau der erneuerbaren Energien über Jahre hinweg mit teureren Netzentgelten im Vergleich zu anderen Bundesländern bezahlt. Und die Diskussion ist, auch auf Verbandsebene, in politischen Gremien überall geführt worden: Es könne ja nicht sein, dass wir die erneuerbaren Energien anschieben und dort, wo die Industrie sitzt, gibt es um 30 Prozent niedrigere Netzentgelte“, sagt Reißweck.
Das Problem ist die Infrastruktur, also Stromtrassen, die zwar gebaut werden, aber eben nicht schnell genug in Betrieb gehen. „Was können die Haushalte in Schleswig-Holstein dafür, dass die Leitungen fehlen, den Strom auch abzutransportieren. Denn wir müssen hier oben relativ regelmäßig abstellen.“ Dann stehen die Windräder still. Nicht, weil sie kaputt sind, sondern weil die Energie nicht komplett eingespeist werden kann.
Über 3000 Gigawattstunden Strom gingen 2023 in Schleswig-Holstein verloren
Man spricht hierbei von „Phantomstrom“. Über 3000 Gigawattstunden mussten Erzeuger im letzten Jahr abregeln, um das Netz zu entlasten. Das kostet Geld, denn Betreiber von Windkraftanlagen bekommen die erzeugte Menge vergütet, das ist garantiert. Und das reicht ein Netzbetreiber, in diesem Fall ist es die Schleswig-Holstein AG, weiter, sodass letztlich das Netzentgelt die Stromrechnung nach oben getrieben hat.
Die zuständige Bundesnetzagentur hat dieses Prinzip nun verändert, wie der Norderstedter Bundestagsageordnete Bengt Bergt (SPD) erklärt. „Dem beschlossenen Modell zufolge werden zunächst besonders belastete Netzbetreiber ermittelt – also jene, die hohe Kosten aufgrund von Strafzahlungen auf die Verbraucher umlegen müssen. Das ist zum Beispiel bei uns in Schleswig-Holstein der Fall. In einem zweiten Schritt werden diese Kosten des Netzbetreibers bundesweit verteilt.“
Bundestagsabgeordneter Bergt: „Bis zu 150 Euro jährlich“ sparen
Der Energiepolitiker rechnet vor: „Die Netzentgelte werden etwa um 27 Prozent sinken. Ein durchschnittlicher Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden spart bis zu 150 Euro jährlich. Auch Unternehmen profitieren von der Reform, bei ihnen sinken die Netzentgelte um bis zu 42 Prozent. Das ist eine deutliche und wichtige Entlastung für unsere Wirtschaft.“
In Norderstedt halten sich die Stadtwerke mit konkreten Zahlen, wie viel Geld gespart wird, zurück. Letztlich kann das jeder selbst ausrechnen, basierend auf dem Stromverbrauch. Ein Richtwert: Rund zwei Drittel der Stadtwerke-Kunden haben einen Jahresverbrauch von bis zu 4500 Kilowattstunden.
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Einnahmen würden dem Unternehmen dadurch nicht entgehen, so André Reißweck. „Das ist nichts, was wir in einer Marge kalkulieren, es ist ein durchlaufender Posten, der nichts mit unserem Gewinn zu tun hat.“
Stadtwerke Norderstedt: Im November werden die neuen Stromtarife veröffentlicht
Unabhängig davon ist ein günstigerer Strompreise auch in Sicht, da die Beschaffungskosten sinken. Die Märkte seien in einer „Seitwärtsbewegung“, würden auch auf Krisen eher unaufgeregt reagieren. Reißweck nennt aber auch einen anderen, unvorteilhaften Grund: „Die Konjunkturprognose in Deutschland ist nicht rosig. Und wo wir keine Nachfrage haben, da haben wir auch keine Preistreiber.“
Im Detail werden die Stadtwerke am 6. November dem zuständigen Ausschuss Zahlen vorstellen – zwar nur für die Grundversorgung, der politisch beschlossen werden muss, doch alle anderen Kunden, insbesondere bei den viel genutzten Fairwatt oder Tuwatt, bekommen sowieso Post. „Sechs Wochen vorher“, sprich: Mitte November.