Schackendorf/Kiel. 52-Jähriger hatte seine ehemalige Lebensgefährtin getötet. Die Frau wurde nun beerdigt, für die Tochter wurden Spenden gesammelt.
Gut drei Wochen nach dem Femizid von Schackendorf will die Kieler Staatsanwaltschaft nun auf Mord plädieren. „Der Zeuge, der schwer verletzt worden war, konnte mittlerweile vernommen werden. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft sollte die Anklage nun dahingehend erweitert werden, dass dass Mordmerkmal der Heimtücke dazukommt“, sagte der Kieler Oberstaatsanwalt Michael Bimler am Montag dem Abendblatt.
Das bedeutet eine erhebliche Wendung in dem Ermittlungsverfahren. Denn der Haftrichter hatte vor drei Wochen zunächst nur Haftbefehl wegen Totschlags gegen den 52-jährigen Tatverdächtigen erlassen. Merkmale, die auf Mord hindeuten – wie Heimtücke oder niedrige Beweggründe – hatten zunächst noch nicht belegt werden können. Der Hauptgrund: Der einzige Augenzeuge des Geschehens, der 45-Jährige Lebensgefährte der getöteten 51-Jährigen, war selbst von dem Angreifer schwer mit einem Messer verletzt worden. Weil er in einem Krankenhaus behandelt wurde, war er lange nicht vernehmungsfähig.
Schackendorf: Staatsanwaltschaft plädiert jetzt auf Mord
Ob die Anklage auch tatsächlich auf Mord lauten wird, war am Montag noch nicht bekannt. „Ein richterlicher Beschluss liegt noch nicht vor“, so Bimler. Bei einer Verurteilung hätte der Unterschied zwischen Mord und Totschlag erhebliche Folgen für den Angeklagten, der in U-Haft sitzt und bisher nicht vorbestraft war. Totschlag wird in der Regel mit 5 bis 15 Jahren Haft bestraft, Mord mit einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe.
Die Bluttat vom 16. November hatte Menschen weit über die Region hinaus entsetzt. Gegen 6 Uhr morgens eine 51 Jahre alte Frau aus Schackendorf getötet worden, vor ihrem Wohnhaus. Die Frau, die ein Nagelstudio in Bad Segeberg betrieb, hatte an diesem Morgen mit ihrem Hund spazieren gehen wollen, in Begleitung ihres 45 Jahre alten Lebensgefährten. Der frühere Lebensgefährte der Frau, ein 52-Jähriger, hatte ihr offenbar aufgelauert und sie dann mit einem Messer getötet.
Die Frau war noch vor Ort gestorben, 45-Jährige wurde per Rettungshubschrauber in ein Krankenhaus geflogen. Sein Zustand war zunächst extrem kritisch. Der 52-jährige Tatverdächtige war zunächst geflohen, die Polizei hatte eine Großfahndung ausgelöst. Dann hatte der Mann sich aber selbst in einer Polizeidienststelle gestellt, er war in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht worden.
Nach der Trennung wurde der 52-Jährige massiv gewalttätig
Die getötete Frau, die eine 16 Jahre alte Tochter hinterlässt, war in Schackendorf und in Bad Segeberg gut bekannt. Vor dem Segeberger Geschäft und auch vor dem Wohnhaus wurden Kerzen und Blumen niedergelegt. Von einer zuverlässigen Quelle aus dem Umfeld der Familie erfuhr das Abendblatt, dass der mutmaßliche Täter und das Opfer bis vor etwa einem Jahr ein Paar gewesen waren.
Verheiratet seien sie nicht gewesen und der 52-Jährige sei auch nicht der Vater der Tochter der 51-Jährigen. Der 52-Jährige habe psychische Probleme gehabt, die Frau habe trotzdem lange Zeit zu ihm gehalten, ihn auch geliebt. Im Frühjahr sei es dann aber zu einer Trennung gekommen. Und danach sei der 52-Jährige massiv gewalttätig geworden.
So sei der Mann im August in die Wohnung seiner Ex-Partnerin eingedrungen, in der sich zu dem Zeitpunkt die Tochter und ein weiteres Mädchen im Teenager-Alter aufhielten. Beide Mädchen habe er gefesselt. Als dann die 51-Jährige nach Hause kam, habe er diese mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen. Dazu Michael Bimler: „Wir haben wegen dieses Vorgangs am 22. Oktober Anklage erhoben. Dazu ist ein Gerichtsverfahren am Amtsgericht Segeberg anhängig.“
Es gab ein Kontaktverbot – dagegen verstieß er offenbar erstmal nicht
Laut Bimler hatte die Frau auch am 23. August, direkt nach der Gewalttat in ihrer Wohnung, vor Gericht ein Kontaktverbot gegen den Mann erwirkt, eine sogenannte Gewaltschutzverfügung. An dieses Kontaktverbot hatte sich der 52-Jährige dann offenbar gehalten – erst einmal. So Oberstaatsanwalt Bimler: „Der Verstoß gegen ein Kontaktverbot wäre eine Straftat. Ermittlungsverfahren gegen solche Verstöße gibt es aber nicht.“
Wie das Abendblatt erfuhr, hatte sich der 52-Jährige nach seiner Tat im August selbst ins Psychiatrische Krankenhaus Rickling eingewiesen. Michael Bimler wollte das weder bestätigen noch dementieren. Auf die Frage, weshalb der 52-Jährige nicht schon nach seiner Gewalttat im August in Untersuchungshaft kam, sagte Bimler: „Es gab keinen Haftbefehl, weil diese Tat weit von einem Tötungsdelikt entfernt war.“
Der Mann habe der Frau zwar mit einer Eisenstange auf den Kopf geschlagen, aber nur einmalig und so, dass „keine ärztliche Behandlung erforderlich war.“ Beide hätten sich danach noch unterhalten. Weiterhin sei der Mann „vorher nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten.“ Unter dem Strich habe eine „gefährliche Körperverletzung“ vorgelegen, das habe nicht für eine U-Haft gereicht. Bimler rechnet nun damit, dass es im ersten Quartal 2025 zu einer Anklage kommt.
Mehr aus der Region
- Norderstedt: War es Brandstiftung? Feuer beschädigt Restaurant „Zeytoon“
- Nach zwölf Jahren Wartezeit: THW Kaltenkirchen feiert Richtfest für Neubau
- Sievershütten: Amazon-Mitarbeiter prallt mit Auto gegen Baum – Totalschaden
Vergangene Woche ist die getötete 51-Jährige unter großer öffentlicher Anteilnahme beerdigt worden. Die Trauerfeier fand in der Christuskirche in Wahlstedt statt. Neben einem Pastor sprach auch die Tochter der Getöteten, fand bewegende Worte des Abschieds. Für die 16-Jährige hatten drei Freundinnen auf Gofundme eine Spendenaktion ins Leben gerufen, die mittlerweile beendet ist. Das avisierte Ziel von 20.000 Euro wurde deutlich übertroffen, es kamen rund 24.000 Euro zusammen.