Bad Segeberg. Spezialfirma prüft Untergrund für Bau des Autobahnkreuzes A20/A21. Ob 2025 wie geplant gebaut wird, entscheidet sich wohl vor Gericht.
Wenn die Autobahn 20 im nächsten Jahr weitergebaut werden sollte, geschieht es hier im Süden der Kreisstadt Bad Segeberg. Mitten im Travetal zwischen der A21-Anschlussstelle Segeberg-Süd und der Bundesstraße 432 wird eifrig gebohrt. Eine Fachfirma aus Stralsund ist zurzeit dabei, mit großen Bohrmaschinen den Untergrund bis zu einer Tiefe von 35 Metern zu untersuchen. Der muss an dieser Stelle besonders gut geeignet sein, weil hier eine etwa 300 Meter lange Brücke gebaut werden soll, die noch dazu ein neues Autobahnkreuz mit Auf- und Abfahrt zur A21 bilden soll.
„Hier wird ein 60 Meter breites Fundament entstehen mit den jeweiligen Einfädelungsspuren des neuen Autobahnkreuzes A20/A21“, erklärt der leitende Ingenieur Falk Seliger aus Neubrandenburg. Die normale Breite der Autobahn beträgt knapp 30 Meter. Fünf große Stützpfeiler würden für das gut 20 Meter hohe Brückenbauwerk benötigt, das hier zum Kernstück der neu geplanten Südumfahrung der Kreisstadt gehört.
Weiterbau der A20: Brücke über Trave-Tal wird Autobahnkreuz
„Für jeden Stützpfeiler machen wir fünf Tiefenbohrungen“, sagt Daniel Voigt von der Stralsunder Spezialfirma Vormann und Partner Bohrgesellschaft, die schon für zahlreiche Autobahnen in Norddeutschland, wie die A20, A1 oder A7, diese vorbereitenden Baugrund-Untersuchungen erledigt hat. Mit den Untersuchungen für die notwendigen Abstützungen der Bauarbeiten seien es insgesamt 27 Tiefenbohrungen, die hier von sechs Mitarbeitenden bis Februar nächsten Jahres bewerkstelligt werden. „Knapp die Hälfte haben wir geschafft.“
Bis zu 35 Meter tief werden die Bohrköpfe hydraulisch mit einem Druck von 200 bar in den zurzeit etwas morastigen Boden gedreht. Ein durchaus langwieriges und kompliziertes Verfahren, das nur Meter für Meter voranschreitet. Von jedem einzelnen Meter wird mit einem Plasterohr eine Bodenprobe des sogenannten Geschiebemergel-Sediments aus der Erde geholt und anschließend ins Labor zur weiteren Untersuchung geschickt.
„Wir prüfen damit, wie tief dann die Pfahlgründungen für die Betonstützpfeiler der Brücke sein müssen“, erklärt Bauleiter Voigt. Diese könnten bis zu 20 Meter tief sein. Zwei Bohrteams sind hier im Travetal für den geplanten Weiterbau dieses zehn Kilometer langen Abschnitts der A20 zwischen Weede und Wittenborn bei der Arbeit. Für jedes Bohrloch brauchten sie etwa drei bis vier Tage.
Weiterbau A20 könnte 2025 losgehen – wenn niemand klagt
Die planerischen Voraussetzungen für den Weiterbau der A20, die zurzeit direkt im Osten Bad Segebergs vor der B206 endet, seien so gut wie abgeschlossen, erklärt Ulf Evert von der Deges, die seit 2018 die noch fehlenden sechs Streckenabschnitte auf einer Länge von 80 Kilometern zwischen Bad Segeberg über Bad Bramstedt bis zum neuen Elbtunnel bei Glückstadt plant. Das Planfeststellungsverfahren liege bereits zur Genehmigung bei der zuständigen Behörde in Kiel vor.
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„Wir gehen davon aus, dass wir im Frühjahr nächsten Jahres den Planfeststellungsbeschluss erlassen können“, sagt dazu auf Nachfrage des Abendblatts Ministeriumssprecher Harald Haase. Dann wäre dieser Abschnitt als erster von den sechs noch fehlenden baureif und die Bauarbeiten könnten nach der Ausschreibung beginnen – sofern keine erneute Klage den A20-Weiterbau verhindere. „Wir rechnen mit ziemlicher Sicherheit mit Klagen“, sagt Haase.
A20: Seit 2013 ruht die Baustelle
Bereits 2012 schien die Planung für diesen Streckenabschnitt der A20 fertig zu sein. Doch das Bundesverwaltungsgericht gab den Klagen gegen das Autobahnprojekt im Jahr 2013 statt, sodass der A20-Bau seitdem ruht und sich der gesamte Verkehr nach wie vor durch Bad Segeberg quälen muss.
Darum mussten nun mögliche Beeinträchtigungen durch Stickstoffimmissionen in den FFH-Gebieten Travetal und der Leezener Au-Niederung mit ihren Hangwäldern ermittelt und bewertet werden, was vorher nicht ausreichend geschehen war. Und im zweiten Teil der Fehlerheilung hat die Deges nun auch die geforderten zusätzlichen Schutzmaßnahmen für die lebenden Fledermaus- und Haselmauspopulationen erarbeitet, indem sie 13 Brücken und Unterführungen für diese Tiere über die A20 schaffen will.
Weiterbau A20: Segebergs Bürgermeister Köppen hofft
Diese Habitat- und Artenschutzmaßnahmen gehen einigen Naturschützern noch nicht weit genug, wie sie bei der letzten Anhörung zum Planfeststellungsverfahren kritisierten. Bestimmte Flugrouten, vor allem im Osten der Kreisstadt zur Kalkberghöhle, seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Ob das die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Prüfung auch so sieht, wird sich zeigen.
Bad Segebergs Bürgermeister Toni Köppen jedenfalls hofft auf einen raschen Planfeststellungsbeschluss und auf die Einsicht der Naturschutzverbände. „Es ist hier sehr viel für den Natur- und Artenschutz getan worden“, sagt er. „Es gibt wohl keinen anderen Autobahnabschnitt in Deutschland, der so viele Querungshilfen für Flora- und Fauna beinhaltet.“
A20: Industrie und Handel sehnen sie herbei
Nun sollte auch an die Menschen in Bad Segeberg gedacht werden, die unter dem Dauerstau, dem Lärm und den Abgasen von täglich mehr als 30.000 Fahrzeugen litten, fordert Köppen. „Darum ist es zwingend erforderlich, dass es endlich losgeht mit dem Bau der A20 zumindest bis zu A21.“ Auch die Wirtschaft wünsche sich dringend, dass dieses Nadelöhr endlich beseitigt wird.
Das hat jüngst wieder eine Umfrage der Industrie- und Handelskammern von Schleswig-Holstein bestätigt. Demnach erwarten 85 Prozent von 430 befragten Unternehmen eine bessere Erreichbarkeit für sich und ihre Kunden, wenn die A20 fertig gebaut ist. Ein Viertel von ihnen überlegt bereits abzuwandern, falls die A20 doch nicht weitergebaut werden sollte.