Norderstedt/Kreis Segeberg. SPD-Kandidat beleidigte CDU-Parteichef Merz: Nun sieht sich die CDU im Rennen um Bundestags-Direktmandat im Kreis Segeberg im Vorteil.

Mit dem Instagram-Hinweis auf ein Satire-Video mit einem durch Künstliche Intelligenz (KI) generierten CDU-Chef Friedrich Merz hat sich der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt aus Norderstedt wahrlich keinen Gefallen getan. Rüffel im Bundestag von Friedrich Merz, Stirnrunzeln bei Parteifreunden und schließlich ein von Fraktionschef Rolf Mützenich veranlasstes Entschuldigungsschreiben Bergts an den empörten Merz.

Die Frage ist, was die KI-Affäre im aufziehenden Wahlkampf um das Direktmandat im Wahlkreis 8 (Segeberg-Stormarn Mitte) für Bengt Bergt bedeutet. Für den SPD-Mann ist die Sache nach der Entschuldigung an Merz erledigt. „Was ist eigentlich jetzt noch das Problem?“, fragt er sich angesichts der Empörung in der „CDU-Bubble“.

KI-Affäre um Bengt Bergt (SPD): „Was ist das Problem?“

Bengt Bergt
Bengt Bergt (SPD) im Bundestag. Sein Hinweis auf ein KI-Satire-Video über Friedrich Merz auf Instagram brachte nicht nur die gesamte CDU gegen ihn auf, sondern sorgte auch in der SPD für Kopfschütteln. © DPA Images | Lucas Röhr

Das sei „Wahlkampfgetöse“, und ihm ist klar, dass er dafür mit seinem „suboptimalen“ Instagram-Posting den rüden Ton gesetzt hat. Wie man in die Politik hineinruft, so schallt es auch wieder aus ihr heraus. Gleichwohl ist er darum bemüht, nach tagelangem Einstecken aus dem Reagieren wieder ins Agieren zu kommen, also in den an Sachthemen orientierten Wahlkampf um die wichtigen Weichenstellungen für die kommende Bundesregierung.

Sein Wahlkampfmobil erfahre gerade noch eine Umgestaltung für den Einsatz auf den Straßen des Kreises Segeberg. Und dann will Bergt nicht mehr über Verlinkungen von Satire-Deepfakes reden, sondern mit den Bürgerinnen und Bürger über die Schuldenbremse, Fachkräftemangel und Kita-Betreuungsplätze diskutieren. „Wenngleich Straßenwahlkampf im Winter schwierig ist. Vielleicht kommen wir eher an die Haustüren der Menschen“, sagt Bergt.

CDU hat seit dem Video Zulauf von Unterstützern

Bergt will den Wahlkampf aus seinem Kleinbus heraus gestalten.
Bergt will den Wahlkampf aus seinem Kleinbus heraus gestalten. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Bei der Wahl 2021 hatte Bergt das Direktmandat für den Bundestag noch mit 32 Prozent der Stimmen dem CDU-Kandidaten Gero Storjohann abgenommen. Nach dem Tod Storjohanns 2023 rückte Melanie Bernstein in den Bundestag nach. Und das Team Bernstein zeigt sich nach der Bergt-KI-Affäre reichlich zuversichtlich, dass die sie das Direktmandat im kommenden Jahr ziehen kann.

„Nach dem von Bergt verbreiteten Fake-Video erhält Melanie Bernstein starken Zulauf für ihr Unterstützerteam. Es sind nicht nur die CDU-Ortsverbände und generationsübergreifenden Vereinigungen Senioren Union und Junge Union, die sich noch mehr als vor dem Skandal für ihre Kandidatin einbringen“, sagt Uwe Voss, ehemaliger Sprecher und Vertrauter Storjohanns und Kreisvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung. „Zahlreiche Personen, die der CDU nicht nahestehen, bieten per Mail und telefonisch ihre Wahlkampfunterstützung im Wahlkreisbüro von Melanie Bernstein an.“ 

Bergts Fauxpas ist eine Steilvorlage für Bernstein

Melanie Bernstein (28.9.76) aus Bornhöved sitzt seit 2023 für die CDU im Deutschen Bundestag. 2025 wird sie im Wahlkreis Segeberg/Stormarn-Mitte kandidieren, dieser umfasst auch Norderstedt.
Melanie Bernstein aus Bornhöved sitzt seit 2023 für die CDU im Deutschen Bundestag. © CDU | cdu

Für Bernstein ist die KI-Affäre eine Steilvorlage, die sie gerne nutzt. „Der Wahlkampfauftakt des SPD-Kandidaten in meinem Wahlkreis hat aktuell gezeigt: Deren Wahlkampf wird schmutzig werden. Wir werden uns nicht auf dieses Niveau begeben. Ich gehe in diesen Wahlkampf mit Inhalten, nicht mit Beleidigungen oder Fake-Videos.“

Ihre Inhalte entsprechen dem konservativen Kanon: „Wir brauchen eine neue Politik für die übergroße Mehrheit jener, die jeden Tag arbeiten gehen und ihren Kindern eine gute Zukunft ermöglichen wollen. Die sich Sorgen machen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen können. Leistung muss sich wieder lohnen“, sagt Bernstein.

Die Abgeordnete aus Bornhöved sieht sich als „Dorfkind“ und möchte für gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land kämpfen. Sie wolle „effizienten Bürokratieabbau, wettbewerbsfähige Energiepreise, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren“, außerdem die illegale Migration stoppen und Bedürftige an den Grenzen in Asylfälle und „Erwerbsmigranten“ klar trennen. „Wer dauerhaft hier leben will, muss sich an unsere Gesellschaft anpassen. Nicht umgekehrt“, sagte Bernstein.

Bergt unbeeindruckt: „Ablenkungsmanöver!“

In Reaktion darauf zeigt sich Bengt Bergt wenig beeindruckt: „Dass Parteien vor einem Wahlkampf – egal ob es sich um eine Bundes- oder Landtagswahl handelt – ein Wachstum der Mitgliederzahlen erleben, ist kein Geheimnis, das verzeichnet auch die SPD. Daher bezweifle ich, dass ein geteiltes Video der alleinige Auslöser dafür ist, Mitglied einer Partei zu werden. Auch innerhalb der SPD verzeichnen wir seit dem 6. November einen enormen Zuwachs an neuen Mitgliedern.“

Dass die CDU ihm einen „schmutzigen Wahlkampf“ vorwerfe, sieht Bergt als Ablenkungsmanöver, um von der Halbzeitbilanz ihres Ministerpräsidenten Daniel Günther abzulenken. „Das wird allein schon dadurch deutlich, dass sie sich derzeit ausschließlich auf dieses eine Thema konzentriert, statt sich mit wichtigen Themen wie Kinderbetreuung und Bildung zu befassen“, sagt Bergt.

Bundestagswahlkampf: Arbeitnehmerrechte schützen

Was Bernstein meine, wenn sie von „Leistung soll sich lohnen“ rede, das kenne er aus seiner Zeit im Bundestag nur zu gut: „Schwächung von Arbeitnehmerrechten, späterer Renteneintritt, Anhebung des Renteneintrittsalters, Beschneidung der Mitbestimmung und Einschnitte bei denjenigen, die ohnehin nur das Existenzminimum haben. Als ehemaliger Betriebsratsvorsitzender und langjähriger Gewerkschafter kann ich vor solchen Ansätzen nur warnen.“

Für ihn seien in Segeberg und Stormarn attraktive Arbeitsbedingungen zur Gewinnung von Arbeitskräften zentrales Thema. „Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz haben wir bereits ein wirksames Instrument hierfür entwickelt. Trotzdem benötigen wir weitere Maßnahmen, die den Fachkräftemangel wirksam bekämpfen, ohne Arbeitnehmerrechte zu beschneiden. Zugleich sind Unterbeschäftigung und die unterdurchschnittliche Erwerbsquote von Frauen nach wie vor große Probleme.“