Norderstedt. Politik uneinig über Zukunft des Jugendlandheims in Lemkenhafen auf Fehmarn: FDP und Grüne wollen verkaufen, CDU und SPD sind dagegen.
Generationen von Norderstedtern haben hier einst Ostsee-Ferien und Klassenreisen verbracht. Das Thema ist emotional, aber am Donnerstagabend sollte im Jugendhilfeausschuss eine Vorentscheidung fallen. Darüber, was mit dem Jugendlandheim in Lemkenhafen auf Fehmarn passiert. Die sanierungsbedürftige Immobilie mit dem Grundstück direkt am Wasser gehört der Stadt, aber seit sechs Jahren wird das Heim nicht mehr betrieben. Auch der Leerstand kostet Geld. Die Frage also: Soll die Stadt das Heim für mindestens zehn Millionen Euro instand setzen und den Betrieb wieder aufnehmen, oder soll sie sich davon trennen und einen Verkaufserlös beziehungsweise mögliche Pacht-Einnahmen in den Haushalt stecken?
Um es vorweg zu nehmen: eine wirkliche Entscheidung fiel nicht, die Zukunft des Heimes ist weiterhin völlig offen. Das, was im Jugendhilfeausschuss beschlossen wurde, sorgte aber durchaus für Irritationen bei jenen, die sich einen Weiterbetrieb nach Sanierung wünschen. Denn dafür scheint es aktuell keine Mehrheit zu geben. Für einen Verkauf von Immobilie und Grundstück allerdings auch nicht. Etwas mehr Klarheit könnte nun eine Sitzung des Hauptausschusses am 25. November bringen.
Norderstedt: Was wird aus dem Jugendlandheim auf Fehmarn?
Das, was die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses jetzt einstimmig entschieden, sah so aus: Der Ausschuss beschloss, „die Wiederaufnahme des Betriebes des Jugendlandheims in Lemkenhafen als Jugendeinrichtung der Stadt Norderstedt nicht weiterzuverfolgen.“ Alles Weitere solle aber der Hauptausschuss entscheiden, „weil es sich um eine städtische Liegenschaft handelt“, so Cedric Gräper von der CDU, der den Ausschuss leitete. Aus seiner Sicht ist damit keine politische Aussage zur Zukunft des Heimes getätigt, man habe vor allem beschlossen, das Thema an einen anderen Fachausschuss zu delegieren. So sieht es auch Florian Jobst von der SPD.
SPD-Urgestein Jürgen Lange: „Ich bin enttäuscht“
Etwas anders nahm Jürgen Lange die Sache wahr. Das SPD-Urgestein ist nicht nur der frühere Chef des Fördervereins des Jugendlandheims, sondern auch der Sohn des ehemaligen Harksheider Bürgermeisters Carl Lange, der das Heim in den 50er-Jahren kaufte. Jürgen Lange war als Zuhörer im Ausschuss. Und er sagte am Freitag: „Ich bin enttäuscht, dass sich die Stadt nicht zu dem Heim bekannt hat. Das ist etwas, was über Jahrzehnte Kinder, Jugendlichen und auch Erwachsenen mit wenig Geld Freude gemacht hat. Solche Heime gibt es nur noch sehr wenige.“ Seiner Ansicht nach wären auch „viele Norderstedter“ enttäuscht, wenn sich die Stadt von dem Heim trennen würde.
Wie FDP und Grüne die Sache sehen
Aber tut sie das denn? Tatsächlich plädieren FDP und Grüne für einen Verkauf des Heimes, würden gespartes beziehungsweise eingenommenes Geld lieber in andere Projekte stecken, etwa in den Schulbau. So sagt etwa Ingrid Betzner-Lunding, Fraktionsmitglied der Grünen: „Das ist ein Projekt aus dem letzten Jahrhundert, aus einer Zeit, als Familien noch nicht in den Urlaub fahren konnten.“ Es ergebe keinen Sinn, zehn Millionen Euro in das Jugendheim zu stecken, „wenn Schulklassen heute nach Rom oder Barcelona fahren.“
Tobias Mährlein von der FDP sagt: „Warum sollte sich die Stadt Norderstedt so ein Heim leisten, in dem dann Jugendgruppen aus ganz Deutschland Urlaub machen?“ Mährlein unterstreicht auch, dass Vertreter des Kinder- und Jugendbeirats kürzlich ein Plädoyer gehalten hatten, die Stadt solle kein Geld mehr in das Gebäude von 1962 stecken.
Was CDU und SPD über einen Verkauf denken
Anders ist das Stimmungsbild aber bei CDU und SPD. Beide Parteien erteilen zumindest einem Verkauf eine klare Absage. Die Stadtverwaltung hatte einen möglichen Erlös mit 1,9 Millionen Euro taxiert. Dazu der SPD-Fraktionschef Nikolai Steinhau-Kühl: „Wir sind gegen einen Verkauf, zumindest zu so einem Schrottwert.“ Dennoch sei man „immer hoch interessiert, Lösungen für das Problem zu finden.“
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Sehr ähnlich sieht der CDU-Fraktionschef Gunnar Becker die Sache. „Ich persönlich bin gegen den Verkauf, eine Mehrheit in der Fraktion ist es auch.“ Selbst dann, wenn man drei Millionen bekäme, würden diese schnell im Haushalt verschwinden. Das sei einen Verkauf nicht wert. Zumal dann nicht, wenn niemand wisse, wie sich die Grundstückspreise nach der Fertigstellung des Fehmarnbelttunnels entwickeln, der 2029 fertig sein soll. Becker: „In so einer Situation sollten wir nicht das Tafelsilber verramschen. Es ist immerhin ein 1a-Sahnegrundstück direkt am Meer.“
Gunnar Becker: Stadt könnte einen Investor suchen und Neubau finanzieren
Gut, aber was dann? „Unsere Tendenz wäre es, dass die Stadt einen Investor sucht“, sagt Becker. Wenn sich dann jemand finde, der garantieren könne, dass ein Betrieb kostendeckend wäre, wären zehn Millionen Investition auch „darstellbar“, so Becker. Dabei spricht er aber nicht von einer Sanierung der bestehenden Gebäude, sondern von Abriss und Neubau. Eine Sanierung im Bestand hält er für „illusorisch“.
Letztlich schwebt ihm eine Art öffentlich-private Partnerschaft für einen möglichen Betrieb eines neu gebauten Heimes in der Zukunft vor, denkbar wäre auch ein Modell der „Erbpacht“. Becker sagt aber auch, dass die Idee „rechtlich bisher nicht geprüft“ sei, zudem müsste mit den Insel-Gemeinden und dem Kreis Ostholstein über die geltenden Rahmenbedingungen für einen Neubau gesprochen werden.
Hauptausschuss tagt am 25. November ab 18.15 Uhr
Es gibt also einige Fragezeichen. Möglich, dass sich nach der Sitzung des Hauptausschusses (Montag, 25.11., 18.15 Uhr, Sitzungsraum 2 in der Rathauspassage) ein klareres Bild für die Zukunft des Jugendheims ergibt. Gut möglich auch, dass dem nicht so ist und dass die Immobilie die nächsten Jahre einfach weiter im Dornröschenschlaf schlummert.