Norderstedt. Nach fast 15 Jahren in Norderstedt: Inhaber erklärt die Entscheidung. Ein Nachfolger ist bereits gefunden. So geht es vor Ort weiter.
Wehmut schwingt mit, als sich ein Mann an Cem Duman wendet und dem Inhaber des Cup & Cino am Schmuggelstieg in Norderstedt die Hand gibt. „Man sieht sich. Viele Grüße an deine Frau. Alles Gute“, verabschiedet sich der Gast. „Vielen Dank für eure Treue“, sagt der Gastronom. Diese Gespräche gibt es momentan in großer Zahl. „Für den letzten Tag haben sich noch einmal viele Menschen angekündigt, da wird auch die eine oder andere Träne fließen.“ An diesem Freitag (15. November) ist ein letztes Mal geöffnet, dann endet, vermutlich um Mitternacht, die Zeit des Restaurants, das zugleich auch Café und Cocktailbar ist.
Der 42-Jährige und seine Frau Tansu haben sich die Entscheidung gut überlegt. „Wir haben oft darüber nachgedacht, wie lange wir das machen, und welchen Preis wir dafür zahlen. Es ist sehr zeitaufwendig, es sind zwei Vollzeit-Jobs, die ich mache. Wir haben zwei kleine Kinder, die sind neun und vier Jahre alt, da fehlt der Papa immer ein bisschen, weil er als Erster aus dem Haus muss und als Letzter nach Hause kommt.“
Cup & Cino am Schmuggelstieg in Norderstedt: Beliebtes Restaurant hört nach 15 Jahren auf
Montag ist geschlossen, ansonsten kommt Duman auf eine kräftezehrende Sechs-Tage-Woche mit „80 bis 90 Stunden“, rechnet er vor. „Ich stehe auch dahinter, ich liebe die Gäste, die Kommunikation, liebe es, hier zu sein. Aber irgendwann kommen die Kinder, fragen, ob wir am Wochenende eine Aktivität machen können. Und Urlaub zusammen mit der Familie ist eigentlich nicht drin.“
Dazu seien dann Corona, der Ukraine-Krieg, die Energiekosten, die Mehrwertsteuer gekommen, „alles ist ein Gesamtpaket“. Allgemein ist das Cup & Cino eine Kette, Duman war Franchise-Nehmer, ihm gehörte das Inventar, er hatte die Immobilie gemietet. Doch natürlich hat das Lokal eine persönliche Note, etwa mit dem Frühstücks-Büfett, das gerade an Wochenenden gut besucht war.
Gastronomie-Krise: „Ich nehme es niemandem übel, der weniger essen geht“
Aber: Die Familie ist nicht der einzige Grund. Vielmehr beschreibt Duman die großen Schwierigkeiten in der Branche. „Jeder, der heute einkaufen geht oder ins Restaurant, sieht es am Preis, wie alles teurer geworden ist. Ich nehme es auch niemandem übel, der weniger essen geht. Vorher haben wir gutes Geld verdient, am Ende des Monats war genug da, um Rücklagen zu bilden, um selber ein angenehmes Leben zu haben.“ Man habe immer darauf geachtet, die Preiserhöhungen nicht zu hundert Prozent weiterzugeben. Doch wenn man den Leuten entgegenkomme, „verliert man am Ende selber“.
Und genau das ist der Fall, daher zieht er die Notbremse. Keinesfalls ist das Cup & Cino ein Einzelfall. Duman kennt viele Gastronomen in Garstedt, die aufgegeben haben: „Das Einstein hat einen neuen Besitzer, das Farinelli, das Mendoza, zum Griechen bei Kostas“, zählt er auf. „Der Schmuggelstieg ist ein sehr schwieriger Standort. Im Winter muss man schon etwas leisten, damit die Gäste kommen.“
Schmuggelstieg: „Nicht mehr das, was es mal war“
Und klar, es gibt einiges an Konkurrenz in der näheren Umgebung. Zudem sei das Einkaufsquartier „nicht mehr das, was es mal war“. „Das große Problem ist, dass jeder unterschiedliche Öffnungszeiten hat.“ Von Großveranstaltungen wie dem Weinfest profitierte das Cup & Cino nicht. „Wir sind schon sehr abseits.“
Was er jetzt machen wird? „Ich bin seit 25 Jahren Gastronom, mit 17 bin ich dort reingerutscht.“ Aber jetzt will er in eine andere Branche. „Ich habe eine kaufmännische Ausbildung, habe ein gutes Abitur, kenne mich mit Personalführung aus. Und der Markt ist offen, eigentlich kann man sich den Job aussuchen.“
„Mellow“: Nachfolger setzen auf gutbürgerliche Heimatküche
Die gute Nachricht: An gleicher Stelle wird es weitergehen. Denn die Nachfolger stehen schon bereit. Aus dem Cup & Cino wird das Mellow. Inhaber und Geschäftsführer ist Tobias Prehn, der zunächst einmal den Namen erklärt. „Das kommt vom englischen Begriff für Gemütlichkeit, und es beschreibt in der Küchensprache ein Mundgefühl, eine spezielle, sehr wohltuende Textur. Wir wollen ein sehr nahbares Nachbarschafts-Restaurant machen mit persönlicher Note, und vor allem Dingen mit persönlicher Ansprache, mit gutbürgerlicher, neuer deutscher Küche.“
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Konkret heißt das: „Es wird eine Mischung werden mit klassischer Heimatküche, einem Wienerschnitzel mit knusprigen Bratkartoffeln, wir werden Flammkuchen selber machen, haben Burger am Start, haben ein Kartoffel-Bun entwickelt, haben frisches Fleisch.“ Und es werde „fancy Drinks“ geben mit „umfangreicher Cocktail- und Longdrink-Karte“.
Restaurant am Schmuggelstieg: Neuer Betreiber arbeitete zuletzt bei Steffen Henssler
Prehn ist gelernter Koch und Betriebswirt, bringt fast 30 Jahre Gastro-Erfahrung mit, arbeitete unter anderem auch schon in der Sterne-Küche und zuletzt für Steffen Henssler. „Dann hat sich diese Option aufgetan. Schlussendlich sind wir uns einig geworden. Am 16. November übernehmen wir, machen dann am 22. November ein Silent-Opening und werden es bis 5. Januar betreiben.“ Auch eine Silvester-Party ist geplant. Anschließend soll renoviert und offiziell neu eröffnet werden.
Gerade die Terrasse mit 100 Plätzen hat es ihm angetan. „Wir sehen großes Potenzial am Standort. Auch, um das Liefergeschäft weiter auszubauen, für Gruppen und Veranstaltungen, wir wollen Motto-Abende machen, es soll Livemusik geben. Wir sind voller Ideen und haben viel Energie.“