Norderstedt. Mehrheit im Umweltausschuss will nichts mehr für das Fest auf der Ulzburger Straße ausgeben. Geld ist dabei nicht der einzige Grund.
Es war eines der größten, regelmäßigen Events in Norderstedt: das Autofreie Straßenfest auf der Ulzburger Straße, das seit mehr als zehn Jahren jeden September gefeiert wurde. Nun wird es das Fest aller Voraussicht nach nicht mehr geben. Eine Mehrheit der Politiker im Umweltausschuss stimmte dagegen, das nötige Geld für Organisation und Durchführung im nächsten Jahr zur Verfügung zu stellen. In Zeiten sinkender Steuereinnahmen müsse man sparen, hieß es. Aber es gab auch Gegenstimmen.
Schon in diesem September hatte das Fest unter einem schlechten Stern gestanden. Weil der Haushalt 2023/24 erst im März verabschiedet wurde, musste mit einem stark abgespeckten Budget gearbeitet werden. Man machte aus Not eine Tugend, statt Samba-Gruppen setzte man auf das Konzept „White Picknick“, das aber nur schlecht angenommen wurde.
Norderstedt: Autofreies Straßenfest soll nicht mehr stattfinden
Für 2025 sollte wieder ein Fest wie früher organisiert werden, 190.000 Euro hatte die Verwaltung dafür veranschlagt. Doch die Summe war einer Mehrheit zu hoch, die Vertreter von CDU, FDP und – mit einer Ausnahme – auch der SPD stimmten dagegen. Beschlossen wurde stattdessen, 20.000 Euro für „andere Aktionen mit Verkehrsbezug“ zur Verfügung zu stellen. Grüne und WiN setzten sich erfolglos für einen Erhalt des Festes ein.
„Unser Argument sind die Kosten. Wir müssen den Haushalt konsolidieren, weil die Einnahmen der Stadt geschrumpft sind. Das ist eine schwierige Situation“, begründete Joachim Brunkhorst (CDU) seine Entscheidung gegenüber dem Abendblatt. Er sagte auch: „Aus unserer Sicht ist der ursprüngliche Sinn des Festes abhandengekommen. Auswärtige Gäste kommen mit Autos dorthin. Das ist kontraproduktiv.“ Aus seiner Sicht habe Norderstedt mit dem Stadtpark einen „wunderbaren Ort für Feste und Treffen“, dem müsse man keine Konkurrenz machen.
„Kein richtiges Gemeinschaftsgefühl“ auf dem Straßenfest?
Reinhild Fincke-Samland von der SPD sagte: „Unser Hauptgrund, dagegen zu stimmen, war die große Summe Geld.“ Und auch sie bezweifelte, ob „das eigentliche Thema Mobilität beim Straßenfest so wirklich deutlich geworden“ sei. Dort sei zudem aus Sicht von SPD-Politikern, wegen der Länge der Straße, „kein richtiges Gemeinschaftsgefühl“ entstanden.
Anders sieht das Christine Bilger. Sie ist in der Linkspartei, aber in Norderstedt Mitglied der SPD-Fraktion. Als einzige Vertreterin dieser Gruppe stimmte sie gegen die Abschaffung. „Dort konnten sich immer ganz viele Vereine und Initiativen präsentieren. Ich finde es wichtig, solche Angebote aufrechtzuerhalten, die den Gemeinsinn fördern“. Löcher im Haushalt könne man auch anders stopfen, Konsolidierung dürfe „kein Totschlagargument“ sein.
Ingrid Betzner-Lunding (Grüne): „Viele Norderstedter werden traurig sein“
Auch Ingrid Betzner-Lunding (Grüne) wollte das Fest unbedingt erhalten: „Hier ist ein Fest gekippt worden, das sehr vielen Bürgern Freude gemacht hat, auf dem alle Generationen und sehr viele Familien aus dem Umkreis zusammenkommen konnten. Es war außerdem eine super Werbekampagne für die Geschäfte an der Ulzburger Straße, für Vereine und Verbände.“ Der Rotstift werde an der falschen Stelle angesetzt, „viele Norderstedter werden darüber traurig sein“.
Die Stadt hatte das Fest in den vergangenen Jahren zusammen mit dem Initiativkreis Ulzburger Straße (IKUS) umgesetzt, einem Zusammenschluss der Gewerbetreibenden. Dessen Vorsitzender ist Henning Schurbohm, Geschäftsführer des Traditionsbetriebs Elektro-Alster Nord. Und er sagt: „Natürlich sind wir enttäuscht. Denn wir glauben, dass das Fest über all die Jahre definitiv ein Erfolg gewesen ist.“ Auch zuletzt seien noch „über 10.000 Leute“ gekommen.
Mehr aus der Region
- Zu viele Menschen: Überraschendes Aus für großes zentrales Osterfeuer in Norderstedt
- Premiere: Kaltenkirchen bekommt mehrwöchigen Weihnachtsmarkt
- Norderstedt: Grundsteuer steigt zum Teil kräftig
Ähnlich wie Christine Bilger und Ingrid Betzner-Lunding spricht auch er von einem „Nachbarschaftsfest“, das eben ein Gegenmodell zu „krass kommerziellen“ Veranstaltungen gewesen sei. So etwas werde aus seiner Sicht gebraucht, „um das Gemeinwesen zu fördern, gerade in diesen komischen Zeiten, die wir durchleben“.
Hoffnung auf Rettung des Festes in letzter Minute
Schurbohm macht aber auch deutlich, dass er die Entscheidung der Politik respektiert und auch Verständnis für finanzielle Sachzwänge hat. Aber er hofft, dass das letzte Wort vielleicht noch nicht gesprochen ist. „Eventuell gibt es ja die Möglichkeit, dass die Politik noch einmal in die Gespräche einsteigt.“
Eine letzte Möglichkeit dazu böte sich in den nächsten Wochen. Final entscheiden wird die Stadtvertretung am 17. Dezember. Auch Ingrid Betzner-Lunding hofft, das sich das Fest noch retten lässt: „Es ist jetzt an den Bürgerinnen und Bürgern, ihre Stimme zu erheben, zum Beispiel in den Einwohnerfragestunden.“