Norderstedt. Hohe Bodenpreise treiben die Steuer in die Höhe. Auch für Mieter wird das Wohnen teurer. Wie viel Grundbesitzer künftig zahlen müssen.

Die meisten der 28.000 privaten Grundstückseigentümer in Norderstedt werden vom kommenden Jahr an mehr Grundsteuer an die Stadt abführen müssen. Das liegt an der Reform der Steuer, die durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor zwei Jahren bundesweit nötig wurde. Danach müssen alle Grundstücke neu bewertet werden.

Wie ist das Land Schleswig-Holstein vorgegangen, um die neuen Steuersätze zu berechnen? Zunächst haben die Finanzämter den Grundsteuerwert und den Grundsteuermessbetrag ermittelt. Das Finanzamt berechnet den Grundsteuerwert anhand der Daten, wie Wohnfläche, Alter des Hauses und Bodenwert bzw. Bodenrichtwert (aktueller Bodenpreis pro Quadratmeter). Dieser Wert wird durch 1000 geteilt und mit der gesetzlich vorgeschriebenen Steuermesszahl (0,31 für Wohngebäude) multipliziert. Das Ergebnis ist der Grundsteuermessbetrag.

Die Höhe der Grundsteuer ist auch abhängig vom Hebesatz

Dritte entscheidende Größe für die Berechnung ist der Hebesatz für die Grundsteuer, den jede Stadt und Gemeinde individuell festlegt. In Norderstedt beträgt er – noch – 410 Prozent. Um die Grundsteuer endgültig zu berechnen, muss der Grundsteuermessbetrag mit einem Prozent des Hebesatzes von 410 multipliziert werden. Beträgt der Grundsteuermessbetrag beispielsweise 300, ergibt sich eine Grundsteuer von 1230 Euro (300 x 4,1).

Die Bodenpreise bzw. Bodenrichtwerte in Norderstedt sind in den vergangenen Jahren kräftig in die Höhe geschnellt, sie können durchaus 800 Euro je Quadratmeter für Einfamilien- und bis zu 900 Euro für Mehrfamilienhäuser erreichen. Da diese Werte entscheidend sind für die Höhe der Grundsteuer, führen sie dazu, dass die meisten Haus- und Wohnungseigentümer in Norderstedt künftig mehr Grundsteuer zahlen müssen.

Grundsteuer kennt nur eine Richtung: nach oben

Haus & Grund in Norderstedt nennt Beispielberechnungen von Mitgliedern. Und da wird klar: Die neue Grundsteuer kennt nur eine Richtung, nach oben. Bei zwei Eigentumswohnungen von 1985 und 1995 sind es mit rund 170 Euro im Jahr etwa acht Euro mehr als bisher. Für ein Zinshaus mit sieben Wohneinheiten aus dem Jahr 1959 hat sich aber der Steuermessbetrag durch die hohen Bodenpreise von 174 auf 339 Euro fast verdoppelt, sodass der Eigentümer künftig selbst bei einem auf 390 Punkten gesenkten Hebesatz 1322 Euro statt bisher 713 Euro zahlen müsste, was umgerechnet eine Verteuerung von 87 Euro Mehrkosten im Jahr für jede Wohnung bedeuten wird.

Und für ein Einzelhaus, das 1965 in Norderstedt gebaut wurde, hat sich der Steuermessbetrag von 62 auf 154 Euro beinahe verdreifacht, sodass die Eigentümer dafür nun bei 390 Punkten für die Grundsteuer rund 601 Euro zahlen müssten statt bisher bescheidenen 255 Euro. Ein neueres Einzelhaus von 2017 würde künftig 928 statt bisher 763 Euro und eine fast neue Doppelhaushälfte von 2021 442 statt bisher 324 Euro Grundsteuer kosten – trotz der geplanten Senkung des Hebesatzes um 20 Punkte.

Grundsteuer: Stadt darf nur so viel einnehmen wie vor der Reform

Überall dasselbe Bild: Ein Reihenhaus von 1980 am Langenharmer Weg wird künftig mit 361 statt wie bisher mit 325 Euro Grundsteuer belegt. Und an der Rathausallee kostet eine Eigentumswohnung aus dem Jahr 2015 künftig 305 statt bisher 272 Euro Grundsteuer.

Jetzt kommt eine weitere Auflage der Grundsteuerreform ins Spiel: Die Gesamteinnahmen, die die Stadt aus der Grundsteuer erzielt, müssen „aufkommensneutral“ bleiben. Die Stadt darf insgesamt nur so viel einnehmen wie vor der Grundsteuerreform, nämlich 14,6 Millionen Euro. Würde der jetzige Hebesatz für die Grundsteuer B zugrunde gelegt, würde diese Grenze überschritten.

Haus & Grund: Hebesatz um 20 Punkte absenken

Um gegenzusteuern, muss der Hebesatz sinken, und zwar um 20 Punkte, von 410 auf 390 Prozentpunkte. Die Stadt Norderstedt würde dann weiterhin 14,6 Millionen Euro bei der Grundsteuer B von privaten Grundbesitzern einnehmen und 44.000 Euro bei der weniger wichtigen Grundsteuer A von den 200 Steuerpflichtigen, die landwirtschaftliche Güter ihr Eigen nennen.

Die politischen Fraktionen haben einstimmig beschlossen, die Hebesätze in Norderstedt entsprechend anzupassen, also um 20 Punkte zu senken. Sven Wojtkowiak vom Verein Haus & Grund, der 2100 Haus- und Grundeigentümer in Norderstedt vertritt, rennt also offene Türen ein, wenn er diese Forderung in einem offenen Brief an die Stadtvertreter stellt: „Sie tragen diesbezüglich eine hohe Verantwortung“, heißt es darin.

Höhere Grundsteuer: Auch Mieter müssen mehr zahlen

FDP-Fraktionschef Tobias Mährlein: Wir haben schon zweimal vergeblich beantragt, die Hebesätze für die Grundsteuer zu senken. Jetzt wird das im Dezember hoffentlich in der Stadtvertretung umgesetzt.  
FDP-Fraktionschef Tobias Mährlein: Wir haben schon zweimal vergeblich beantragt, die Hebesätze für die Grundsteuer zu senken. Jetzt wird das im Dezember hoffentlich in der Stadtvertretung umgesetzt.   © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

So sei die Grundsteuer zwar eine wichtige kommunale Einnahmequelle, aber sie „trägt maßgeblich zu den Wohnkosten bei, sowohl für die Eigentümer von Wohnimmobilien als auch für die Mieter, die diese Abgabe über die Nebenkosten mit bezahlen“ müssten. Damit also die ohnehin schon hohen Mieten nicht noch mehr steigen, sollten die Hebesätze unbedingt runter, forderte Wojtkowiak.

Und genau das wird passieren, wenn die Politiker bei den Haushaltsberatungen für 2025 auf der Stadtvertretersitzung am 17. Dezember endgültig über den Hebesatz für die Grundsteuer zu beschließen haben. Sie sind sich einig, dass der Hebesatz um 20 Punkte auf 390 Punkte reduziert wird. „Unser Beschluss im Hauptausschuss hilft auch der Verwaltung. Sie kann die Bescheide über die neue Grundsteuer noch rechtzeitig zum neuen Jahr verschicken“, sagt die SPD-Stadtvertreterin und stellvertretende Vorsitzende des Hauptausschusses, Katrin Fedrowitz