Norderstedt. Nach wochenlanger Diskussion: Bürogebäude in Norderstedt geht an Werkstätten. Politik schiebt Flüchtlings-Plänen der Stadt Riegel vor.
Eine der am meisten diskutierten Immobilien in Norderstedt ist vom Markt. Das über 8000 Quadratmeter große Bürogebäude am Bornbarch 9, gelegen im Gewerbegebiet Nettelkrögen, hat einen Käufer gefunden. Wie nun bekanntgeworden ist, geht das Objekt an die Norderstedter Werkstätten. Dessen Träger, die Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie, hat das Objekt für eine unbekannte Summe erworben, diese dürfte im einstelligen Millionenbereich liegen.
Zugleich sind damit die Pläne der Stadt Norderstedt gescheitert, an diesem Standort mehrere Hundert Flüchtlinge unterzubringen. Denn die Verwaltung hatte ihrerseits großes Interesse gezeigt – nicht an einem Kauf, sondern an einer langfristigen Miete. Als dies publik wurde, sorgte das Vorgehen für Kritik. Die Werkstätten fühlten sich brüskiert. Sie genießen hohe Anerkennung, ihr Engagement zugunsten der Teilhabe von Menschen mit Behinderung am Arbeitsalltag und der Gesellschaft gilt als vorbildlich. Viele sorgten sich darüber, dass hier zwei Gruppen gegeneinander ausgespielt würden.
Millionen-Immobilie Bornbarch in Norderstedt: Jetzt steht der Käufer fest
Allerdings deutete sich früh an: Die Verwaltung, allen voran Oberbürgermeisterin Katrin Schmieder und die zuständige Sozialdezernentin Kathrin Rösel, würden für das Vorhaben keine politische Zustimmung erhalten. Diese war nötig, denn auch eine Anmietung über die kolportierten mehr als zehn Jahre wäre eine Millioneninvestition gewesen. Nach Abendblatt-Informationen gab es kürzlich im Sozialausschuss einen nichtöffentlichen Beschluss, bei dem sich bis auf die Grünen alle Fraktionen gegen eine Nutzung der Bornbarch-Immobilie aussprachen.
Auf Nachfrage heißt es aus dem Rathaus hierzu lediglich knapp: „Die Stadt hat von dem Interesse an der genannten Immobilie Abstand genommen.“ Erleichtert ist hingegen Mathias Schneeloch, Einrichtungsleiter bei den Werkstätten. Er hatte wiederholt auf den schlechten baulichen Zustand des 1978 eröffneten Standortes an der Stormarnstraße hingewiesen. Zudem sind aus Platzgründen einige Bereiche ausgelagert. Nun könnte alles wieder zusammenfinden.
Norderstedter Werkstätten: Bis zu zwei Jahre Umbau-Zeit
Ende Oktober sei der Kaufvertrag unterschrieben worden, bestätigt Schneeloch. „Noch haben wir den Schlüssel nicht, alles ist in der Mache.“ Dazu gehört auch der Grundbucheintrag. „Die Belegschaft habe ich bereits informiert. Sobald alles sauber übertragen ist, werden wir in die Planung einsteigen.“
Denn sofort nutzbar wird das Gebäude nicht sein, vorsichtig wird mit bis zu zwei Jahren Umbauzeit kalkuliert, etwa für rollstuhlgerechte sanitäre Anlagen. Schneeloch hatte, auch öffentlich, mit Nachdruck für Unterstützung geworben, mehrere Fraktionen sahen sich die Werkstätten noch einmal an, um ein Bild von der Situation zu bekommen.
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Magnus Mineralbrunnen: Warum auch der Getränkehersteller profitiert
Diese sei „prekär“, so der Leiter. „Wir haben lange dafür gekämpft, um eine Lösung zu finden. Auf unserem Gelände neu zu bauen, wäre teurer geworden und mit massiven Einschränkungen für alle Beteiligten verbunden gewesen.“
Ein dritter Akteur freut sich nun vermutlich ebenfalls. Nämlich der Getränkehersteller Magnus, der seinen Sitz direkt neben den Werkstätten hat. Das Erfolgsunternehmen will expandieren und dafür die benachbarte Fläche seinerseits gerne kaufen. Auch hierüber können nun konkrete Verhandlungen geführt werden, bestätigt Mathias Schneeloch.