Norderstedt. Woran die gefälschten Steuerbescheide zu erkennen sind und was das Ministerium empfiehlt, wenn dubiose Post im Briefkasten landet.

  • Gefälschte Steuerbescheide sind in mehreren Bundesländern im Umlauf
  • Unbedingt Steuernummer und Identifikationsnummer überprüfen
  • Androhung von schwerwiegenden strafrechtliche Konsequenzen einfach ignorieren

Das Finanzministerium Schleswig-Holstein warnt vor gefälschten Steuerbescheiden, die zurzeit in mehreren Bundesländern im Umlauf sind. In Schleswig-Holstein ist bisher ein Fall dieser Betrugsmasche bekannt geworden. Demnach werden fälschlicherweise angebliche Steuerbescheide mit dem Absender existierender Finanzämter an Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verschickt. In dem Schreiben wird zur Zahlung mit äußerst kurzer Frist aufgefordert.

Das Finanzministerium empfiehlt Bürgerinnen und Bürgern beim Erhalt eines solchen Schreibens unbedingt ihre Steuernummer und ihre Identifikationsnummer kritisch zu überprüfen, diese sind im Fall der betrügerischen Schreiben falsch.

Finanzministerium: Auf rechnerische Fehler achten

„Bitte beachten Sie, dass die Ihnen einmal zugewiesene Identifikationsnummer nicht von Seiten des Finanzamtes in einem Steuerbescheid oder Schreiben geändert wird. Außerdem sind in den Schreiben auch rechnerische Fehler enthalten“, heißt es in einer Pressemitteilung des Finanzministeriums.

Auch gilt, dass vor einer Bezahlung von eingeforderten Summen die Daten der angegebenen Zahlungsstelle kritisch überprüft werden und mit der tatsächlichen Bankverbindung der Landeskasse Schleswig-Holstein abgeglichen werden sollten. „Diese finden Sie auf Ihrem letzten Steuerbescheid am Ende der ersten Seite“, betont das Ministerium.

Sollten sich Betroffene über die Echtheit eines Schreibens unsicher sein, wird in jedem Fall empfohlen, sich an das zuständige Finanzamt zu wenden. Den Kontakt zu den einzelnen Finanzämtern des Landes finden Bürgerinnen und Bürger unter hier.

Dubiose Post auch im Briefkasten eines Abendblatt-Redakteurs

Dubiose Post fand vor Kurzem auch Abendblatt-Redakteur Frank Best in seinem Briefkasten vor – sein Bericht: Der Briefumschlag ließ nichts Böses ahnen, er sah von außen so aus wie viele andere Kuverts, die meine Postbotin bei mir zu Hause abliefert. Doch der Inhalt war sowohl optisch als auch inhaltlich sehr ungewöhnlich. Ein schwarzer Bundesadler und ein schwarz-rot-goldenes Piktogramm in der linken oberen Ecke unterstrichen die Wichtigkeit des DIN-A-4-Schreibens, als Absender gab sich gleich daneben das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn zu erkennen.

Bundeszentralamt für Steuern? Dieser Name war mir bislang völlig unbekannt. Überrascht war ich auch vom Anliegen der Behörde: „Aufforderung zur Selbstauskunft nach §5 FKAustG“ hieß es natürlich in fetten Buchstaben. Wie bitte?

Betrügerischer Brief: Auf keinen Fall den genannten Link aufrufen

Einen Satz später wurde das Rätsel gelüftet: „Im Rahmen unserer gesetzlichen Verpflichtung gemäß dem Finanzkonten-Informationsaustauschgesetz (FKAustG), das die internationalen Bestimmungen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung umsetzt, fordern wir Sie auf, unverzüglich ihre Selbstauskunft zu übermitteln“. Hä?

Dann wurde mir nahegelegt, eine Webseite zu besuchen, einen Link aufzurufen, das Online-Formular zur Selbstauskunft auszufüllen. Bis spätestens bis Mittwoch, 23. Oktober. Andernfalls drohten schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen.

Das Schreiben ist sehr professionall aufgemacht

Spätestens jetzt waren meine Neugier und mein Misstrauen als unbescholtener Bürger sowie als Journalist geweckt. Mein Verdacht: Trotz des ohne Rechtschreibfehler formulierten und professionell aufgemachten Briefs könnte es sich ja möglicherweise um ein gefälschtes Schreiben im Namen des BZSt handeln.

Vor allem zwei Dinge machten mich stutzig: Warum war kein Ansprechpartner inklusive Telefonnummer für den Fall von Rückfragen erwähnt? Wieso wurde nicht auf meine Steuernummer oder Steuer-ID Bezug genommen?

Nur Banken und Versicherungen verlangen Auskunft über Konten

Was also tun? Ich tat genau das, was jeder in einer ähnlichen Lage tun sollte, und suchte Rat bei Experten. Mein Steuerberater war sofort skeptisch, das Finanzamt Bad Segeberg ebenso. Meine Bank wollte zwar keine Auskunft geben, gab mir aber die Telefonnummer des Bundeszentralamtes für Steuern. Und dort erklärte mir eine nette Dame, dass ihre Behörde „niemals“ ein solches Schreiben verschicken würde. Das würden nur Geldinstitute und Versicherungen tun.

Abends meldete sich dann sogar noch das Finanzministerium des Landes Schleswig-Holstein bei mir. „Ja, es gab diesbezüglich auch schon einige andere Fälle“, bestätigte die Pressesprecherin.

Dies soll über ein im Schreiben genanntes Online-Portal erfolgen. Bei verspäteter oder unvollständiger Einreichung wird mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht. Wir warnen ausdrücklich davor, den genannten Link aufzurufen und Daten zu hinterlegen!

Im Zweifel kontaktieren Sie das für Sie zuständige Finanzamt, wenden sich an Ihre örtliche Polizeidienststelle oder direkt an das Bundeszentralamt für Steuern. E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@bzst.bund.de, Postanschrift: Bundeszentralamt für Steuern, 53221 Bonn.

Ich bin jedenfalls erleichtert, werde der Aufforderung zur Selbstauskunft selbstverständlich nicht nachkommen – und stehe keinesfalls mit einem Bein im Knast. Meine wichtigsten Erkenntnisse für die Zukunft: Es gibt Behörden, denen entgegen aller Vorurteile das Wohl der Bürger am Herzen liegt. Nicht zu leichtgläubig sein, wenn dubiose Post im Briefkasten landet. In solchen Fällen unbedingt Rat bei Menschen holen, die wissen, wie Internet-Betrüger ticken und welche kriminellen Maschen en vogue sind. Und einfach auch mal dem eigenen Bauchgefühl vertrauen...