Kreis Segeberg. Es muss nicht immer Fußball sein: Die großen Vereine haben die Corona-Pandemie auch dank ungewöhnlicher Angebote gut überstanden.
- Die großen Sportvereine im Kreis Segeberg freuen sich über steigende Mitgliederzahlen
- Zuwenig Übungsleiter und Hallenzeiten: In den Clubs gibt es mehr oder weniger lange Wartelisten
- Exotische Sportarten wie Discgolf oder Hobby Horsing im Kommen
Es ist noch gar nicht lange her, dass die großen Sportvereine im Kreis Segeberg um ihr Existenz bangten. Wegen der Corona-Pandemie war zwischen 2020 und 2022 nur ein eingeschränkter Trainings- und Wettkampbetrieb möglich, Sportlerinnen und Sportler kündigten zuhauf ihre Mitgliedschaften, die Clubs hatten erhebliche finanzielle Einbußen.
Doch das Tal der Tränen ist durchschritten, die Lage hat sich grundlegend geändert, Sport im Verein ist ohne die von den Gesundheitsämtern verordnete Konzepte und in Gesellschaft wieder attraktiv. Das Abendblatt hat sich in der Region umgehorcht; die wichtigsten Zahlen und einige Trends.
SV Henstedt-Ulzburg: Mit 4600 Mitgliedern die Nummer eins im Kreis
Der Platzhirsch unter den Sportvereinen im Kreis Segeberg ist wie schon seit vielen Jahren der SV Henstedt-Ulzburg, der von Corona besonders schwer gebeutelt worden war. 2020/2021 brach die Mitgliederzahl auf 3500 ein, sie hat sich mittlerweile aber rasant erholt und ist auf 4600 angestiegen.
Damit ist der SVHU, der Sport in 25 Sparten anbietet, hinter dem Verein für Freizeit- und Gesundheitssport an der Uni Kiel, dem Kieler MTV, dem Elmshorner MTV, dem VfL Pinneberg und dem TSB Flensburg die Nummer sechs in Schleswig-Holstein.
Den größten Zulauf haben der Bereich Fitness- und Gesundheitssport (1100 Aktive), die Fußballabteilung mit (650), das Turnen (knapp 500) und Handball (420). Trendsetter ist aktuell das Bogenschießen – möglicherweise ein Resultat der fantastischen Fernsehübertragungen von den Olympischen Spielen in Paris. Die Ulzburg Archers des SVHU, die sogar schon auf internationaler Ebene Erfolge gefeiert haben, bieten nach Terminabsprache gern ein Probetraining an.
TuRa Harksheide: Athletic Cheerleading und Reha-Sport auf dem Vormarsch
Der mitgliederstärkste Norderstedter Sportverein ist TuRa Harksheide mit aktuell 4161 Sportlerinnen und Sportlern in 23 Abteilungen. Die Dickschiffe im Angebot sind das Turnen in zahlreichen Variationen, der Fußball und der Gymnastikbereich.
„Der positive Trend hat sich schon etwas länger abgezeichnet“, sagt TuRa-Geschäftsführer Tobias Claßen. Die größten Steigerungsraten gebe es beim akrobatischen Cheerleading, das unter der Bezeichnung Athletic Cheer Project firmiert (von 139 auf 241 Aktive) sowie im Reha-Sport (300/486). „Dort“, so Claßen, „haben wir unsere Kapazitätsgrenze mehr als erreicht. Auf der Warteliste stehen 80 Leute.“ Limitierende Faktoren sind zum einen die zu geringen Zahl an Übungsleitern, zum anderen der Mangel an Ärzten, die beispielsweise das Herzsport-Training überwachen und demzufolge beim Training stets vor Ort sein müssen.
Norderstedter SV: „Wir haben kontinuierlich mehr Ein- als Austritte“
Beim Norderstedter Sport- und Freizeitverein (50 Sparten) ist aktuell alles in Butter: Die Mitgliederzahl hat sich bei etwa 4000 eingependelt, das sind 600 mehr als noch vor zwei Jahren. Und ein Ende dieses erfreulichen Trends ist nicht in Sicht. „Wir haben kontinuierlich mehr Ein- als Austritte“, sagt Geschäftsführerin Tessa Horstmann.
Das Juwel des NSV ist die vereinseigene Reitabteilung (Syltkuhlen 293 a) mit 500 Mitgliedern, das ist einmalig in Schleswig-Holstein. „Dort gibt es immer eine Warteliste“, sagt Tessa Horstmann. Platz zwei auf der Beliebtheitsskala belegen nach der Fusion mit dem FFC Nordlichter Norderstedt die Fußballer, den dritten Rang teilen sich das Kinderturnen und der Kampfsport.
Auffällig: Immer beliebter werden zwei Exoten im breitgefächerten Angebot des Vereins: Discgolf und Boule. Beide Spiele sind Corona-Profiteure, da sie jederzeit draußen und mit Abstand ausgeübt werden können.
Kaltenkirchener TS: Große Lücke zwischen Nachfrage und Angebot
Die Top-3-Sportarten bei der 1894 gegründeten Kaltenkirchener Turnerschaft (2000 Mitglieder, 17 Abteilungen) sind dagegen eher traditionell: Turnen (Kinder- und Leistungsbereich), Fußball und Schwimmen. Dieses Dreigestirn bildet das Fundament des Clubs, es gibt allerdings keine Plätze mehr. Wer in diesen Bereich Mitglied werden möchte, muss sich auf eine Warteliste setzen lassen.
„Karate läuft ebenfalls ganz gut bei uns, außerdem wird der Herzsport wird immer beliebter“, sagt Geschäftsstellenmitarbeiterin Carola Kubisch. Doch genau wie bei TuRa Harksheide gibt es leider zu wenige Ärzte, die in den Trainingsbetrieb eingebunden werden können. Besonders groß ist das Missverhältnis zwischen Nachfrage und Angebot bei den Kindern und Jugendlichen. Kubisch: „Es gibt deshalb diverse Wartelisten. Alle wollen Sport machen, aber wir können zurzeit nicht alle Interessenten unterbringen.“
Glashütter SV: Lange Warteliste im Jugendfußball-Bereich
Der Glashütter SV (20 Sportarten) hat die harte Zeit der Corona-Pandemie gut überstanden, die Mitgliederzahl seit 2020 von 1090 auf 1720 gesteigert. Vereinschef Bodo Wittmann: „Unsere Zahlen entwickeln sich stetig nach oben. Das ist einerseits schön, andererseits aber auch problematisch, da wir nicht alle Interessenten so aufnehmen können, wie wir das gern tun würden.“
Sehr beliebt ist der GSV vor allem bei Jugendfußballern. In der Fußballabteilung (insgesamt 900 Aktive) stehen 251 Nachwuchskicker auf der Warteliste; ein Stau, der sich so schnell nicht auflösen lässt. „Einige Eltern werden deshalb schon mal mürrisch“, sagt Wittmann. Gut angenommen werden beim Glashütter SV neben König Fußball das Eltern-und Kind-Turnen und alles, was vom Oberbegriff Hallensport abgedeckt wird; unter anderem auch die Rhythmische Sportgymnastik. Im Vereinsleben bestens etabliert hat sich die 2021 gegründete Dart-Abteilung: Zwei GSV-Mannschaften des Glashütter SV starten in der Hamburg-Holstein-Electronic-Dart-Liga.
1. SC Norderstedt: Hobby Horsing wird zum Renner im Angebot
Der 1. SC Norderstedt, der zuletzt wegen seiner angespannten Finanzlage wochenlang für Schlagzeilen sorgte, fällt beim Mitgliederzahlen-Check der regionalen Sportvereine aus der Rolle. Stand 30. September hatte der zwischenzeitlich zahlungsunfähige, inzwischen aber wieder liquide SCN 1700 Aktive in seiner Kartei – kein Vergleich zu längst vergangenen glorreichen Zeiten. Geschäftsführer Christoph Blöh: „Vor Kurzem hat jemand zu mir gesagt: ,Ihr schrumpft euch jetzt wohl gesund.‘“ Das sei nicht ganz von der Hand zu weisen. Doch trotz der im kreisweiten Vergleich schlechten Statistik ist beim 1. SC Norderstedt (größte Abteilungen: Turnen, Basketball und Tanzen) nicht alles negativ.
Freude macht den Vereinsverantwortlichen beispielsweise die Entwicklung beim Hobby Horsing, das zusehends zum Renner wird. Hinter diesem Begriff verbirgt sich das aus Finnland stammende Steckenpferdreiten, das vor allem bei Mädchen immer populärer wird. Das Hobby Horsing ist eine Sportart mit Gymnastik- und Leichathletik-Elementen, bei der Bewegungsabläufe wie beim Springreiten oder der Dressur teilweise im Parcours nachgestellt werden, ohne dass echte Pferde zum Einsatz kommen.
SV Friedrichsgabe: Corona-Delle ist bravourös ausgebeult
Auch der kleinste Norderstedter Universal-Sportverein, der SV Friedrichsgabe, hat die zwischenzeitliche Corona-Delle bravouröse ausgebeult. 2021 hatten wir nur noch 800 Mitglieder, heute sind es 1000“, sagt Thomas Hanke, der Leiter der Geschäftsstelle, „das liegt unter anderem daran, dass viele Aktive, die den SVF damals verlassen haben, inzwischen wieder zurückgekommen sind.“
Mehr aus der Region
- Hempels Norderstedt: Lager sind voll, Annahme gestoppt
- Hammer: Eintracht Norderstedts Sportlicher Leiter wirft hin
- Riesenandrang bei Aurum, den Goldschürfern von Norderstedt
Das Angebot des Vereins von der Lawaetzstraße besteht aus traditionellen und modernen Sportarten wie Fußball, Darts oder Indoor-Cycling. Regional und überregional sorgt der Club seit Jahren durch ihre Tischtennisspielerinnen (das Damenteam spielt in der 3. Bundesliga) für Furore. Ein weiteres Herzstück des Clubs sind die Starlets Cheerleader (Minis, Juniors, Seniors und Masters), die Cheer-Dance für alle Leistungs- und Altersklassen von 4 bis 44 Jahren anbieten.