Boostedt. Gemeinde soll Deutschlands größte Kartbahn bekommen. Aber das Vorhaben drohte zu scheitern. Jetzt gibt es einen modifizierten Plan.

  • Das dänische Unternehmen Racehall will das Projekt am Rande von Boostedt realisieren.
  • Rechtliche Vorhaben stehen dem aber entgegen, das hat mit der Größe der Gemeinde zu tun.
  • Lösung: Für die Realisierung geht Boostedt eine Kooperation mit Neumünster ein.

Für die 7000-Einwohner-Gemeinde Boostedt ist es das ganz große Ding: Auf 12.000 Quadratmetern Acker am Rande des Dorfes und vor den Toren Neumünsters wollen der Lego-Erbe Casper Kirk Johansen und der Jysk-Eigentümer Jacob Brunsborg mit ihrem Unternehmen Racehall Deutschlands bislang größte Indoor-Kart-Rennbahn bauen. Ein Projekt mit landesweiter Ausstrahlung und lukrativen Gewerbesteuereinnahmen, das nicht alle Tage auf die Tische der Gemeindepolitiker kommt.

Die Pläne waren schon weit gediehen und in der Gemeinde beschlossen. Doch dann tauchte ein Problem auf, und zwar in Form des sogenannten Landesentwicklungsplanes. Das übergeordnete Planungsinstrument regelt grob, welche Projekte in welchen Regionen Schleswig-Holsteins möglich sind. Und bei der gewerblichen Entwicklung bemisst sich das an der zentralörtlichen Funktion einer Gemeinde. Boostedt hat da schlechte Karten, weil sie keine zentralörtlichen Funktionen hat.

Deutschlands größte Kartbahn entsteht in Boostedt

Kartbahn in Boostedt
36 Karts können durch die Halle flitzen. © Racehall | Racehall

Also darf Boostedt Gewerbe nur in einem Ausmaß entwickeln, das dem örtlichen Bedarf entspricht. Und Deutschlands größte Indoor-Kartbahn mit seiner gemeindeübergreifenden Funktion übersteigt dann doch nachvollziehbar „den örtlichen Bedarf der gewerblichen Sport- und Freizeitnutzung der Gemeinde Boostedt“, wie es heißt.

Doch daran sollte das Mega-Projekt nicht scheitern. Die Lösung: Boostedt geht für die Umsetzung der Kartbahn eine Art Projektehe mit der Stadt Neumünster ein. Auf Behördendeutsch nennt sich sowas interkommunale Kooperation. Das Oberzentrum Neumünster unterstützt die Gemeinde Boostedt bei dem Projekt, das „ein gemeinsamer Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsraums des Oberzentrums Neumünsters“ sei und „die wirtschaftliche Entwicklung im Stadt-Umland-Bereich durch Gewerbeansiedlung, Schaffung neuer Arbeitsplätze und Generierung von Einkommen und Steueraufkommen“ stärke.

Gewerbesteuer wird jetzt aufgeteilt

So definiert, bekommt man keine Probleme mit der Landesplanung. Boostedt ist also fein raus – und Neumünster mit im Boot. Der Wermutstropfen für die kleine Gemeinde: Die zu erwartende Gewerbesteuer der Freizeit-Rennstrecke fließt nun nicht mehr vollständig in die Gemeindekasse.

Üblich ist bei solchen „interkommunalen Kooperationen“ eigentlich das Prinzip Fifty-fifty. Doch Neumünster kann gönnen und gewährte Boostedt 60 Prozent des zu erwartenden Steueraufkommens. Aus Sicht von Neumünster immer noch ein Super-Deal, weil man so gut wie nichts leisten muss und trotzdem profitiert.

Boostedts Bürgermeister Hartmut König (CDU) und sein Neumünsteraner Amtskollege Tobias Bergmann (SPD) haben die Sache in Abstimmung der Politik vorgelegt. In Boostedt gab es grünes Licht, im Hauptausschuss Neumünsters ebenfalls, die abschließende Zustimmung der Ratsversammlung der Stadt gilt als Selbstgänger.

Größte Kartbahn Deutschlands, ein Restaurant und Klettertürme

Somit haben die dänischen Investoren und ihr Projektentwickler, Hans-Christian Mergel von H-Projektierung in Neumünster, Planungssicherheit. Mit dem Baubeginn wird nächstes Jahr gerechnet.

Entstehen werden eine riesige Gewölbehalle aus einer Holzkonstruktion mit einer Seitenlänge von 130 Metern, einer Breite von 75 Metern und einer Höhe von mindestens 15 Metern. Über der Kartbahn für bis zu 36 Karts soll ein Steakrestaurant thronen, daneben sollen auf dem Grundstück noch eine Freizeithalle mit Trampolinen und Klettertürmen gebaut werden.

Das Unternehmen Racehall von Kirk Johansen und Jacob Brunsborg betreibt zurzeit in Kopenhagen, Stockholm und Aarhus große Karthallen. In Boostedt rechnet man mit jährlich bis 100.000 Besucherinnen und Besuchern.

Kritik an Mega-Kartbahn von den Grünen

Unumstritten war die Ansiedlung der Kartbahn in Boostedt nicht. Es gab Stimmen, die zu viel Verkehr in der Gemeinde befürchteten. Außerdem wurde bemängelt, dass Verbrenner- und nicht Elektrokarts zum Einsatz kommen. Harsche Kritik kommt von der grünen Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Segeberg, Ulrike Täck: „Die Mega-Kartbahn in Boostedt ist ein Projekt, welches nicht das halten wird, was es verspricht. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, was Boostedt davon haben soll.“

Die Kartbahn bringe kaum Arbeitsplätze, dafür aber immense Belastungen, so Täck: „Emission klimaschädlicher Treibhausgase, Feinstäube und eine gigantische Flächenversiegelung. Wenn man wenigstens an elektrisch angetriebene Karts gedacht hätte, aber hier scheint zu gelten: Klimaschutz egal, Hauptsache die Kasse klingelt.“ Der Betreiber hatte angekündigt, auf Elektrokarts umstellen zu wollen, sobald es welche mit vergleichbarer Leistung wie die der Benzin-Karts gebe.

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Aus Täcks Sicht ist die Bahn ein sinnloses Projekt, zumal es in Schleswig-Holstein bereits vier Kartbahnen gebe. „Und eine davon ist eine Mega-Kartbahn mit elektrischen Karts in Norderstedt. Bei den absehbaren Belastungen tröstet es auch nicht, dass 60 Prozent der Gewerbesteuer in Boostedt bleibt. Eine Ansiedlung von produzierendem Gewerbe wäre wünschenswerter und würde Boostedt nachhaltig wirtschaftlich nach vorne bringen“, sagt Täck.