Norderstedt. Verein ließ Untermieter gegen Bezahlung auf städtisches Vereinsgelände. Verwaltung reagiert strikt und beendet Zusammenarbeit.

Ein Nachmittag auf dem Gelände des Norderstedter Schäferhundvereins: Eine Hundebesitzerin trainiert mit ihrem Tier Kommandos, dabei unterstützt sie ein Übungsleiter. Andere spielen einfach erstmal mit ihren Hunden, lassen sie auf der großen Wiese frei laufen. Auf der Terrasse des Vereinshauses wird Kaffee getrunken, zwei Kinder spielen auf dem kleinen Spielplatz. Doch Bilder wie diese sind schon bald Vergangenheit.

Denn der Verein steht „vor dem Nichts“, wie der Vorsitzende Hans-Peter Schweimer sagt. Sein Vereinsgelände am Kringelkrugweg muss Verein mit 25 Mitgliedern Ende 2025 verlassen, Ersatz wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Das hat mit einer anstehenden Erweiterung des VW-Vertriebszentrums, vor allem aber mit einem Zerwürfnis mit der Norderstedter Stadtverwaltung zu tun.

Norderstedt: Schäferhundverein „vor dem Nichts“

„Wir sind seit 46 Jahren in Norderstedt und seit 28 Jahren hier auf diesem Grundstück“, sagt Hans-Peter Schweimer. Von der langen Vereinsgeschichte, auf die man stolz ist, künden zahlreiche Pokale im Inneren des hölzernen Vereinshauses. Das ist etwa so alt wie der Verein.

1996, als man vom alten Grundstück an der Straße An‘n Slagboom heruntermusste, nahm der Verein das Haus kurzerhand mit auf das neue Grundstück. „Das haben wir eigenhändig demontiert und hier wieder aufgebaut“, erinnert sich Ausbildungswart Thomas Burmeister. Das neue Grundstück war, wie das alte, städtisches Gelände, das die Stadt erneut dem Verein zur Pacht überließ.

VW will bauen, der Verein muss weichen

Schäferhundverein
Pokale im Inneren des Vereinsgebäudes künden von der langen Geschichte. © FMG | Claas Greite

Dass der Verein erneut sein Gelände verlassen muss, ist schon seit Jahren bekannt. Denn die Volkswagen Original Teile Logistik GmbH & Co. KG (OTLG) möchte ihr Vertriebszen­trum Nord in Norderstedt erweitern, es sollen neue Hallen gebaut werden. Dafür braucht das Volkswagen-Tochterfirma, ansässig an der Straße am Stammgleis 6, städtische Flächen, die nördlich an ihr Firmengelände angrenzen. Für die Aufstellung des betreffenden Bebauungsplans Nr. 310 „Erweiterung Gewerbegebiet Harkshörn – Am Industriestammgleis“ läuft ein Bürgerbeteiligungsverfahren.

Verein sollte neues Gelände und ein neues Haus bekommen

Die OTLG-Pläne waren für den Verein nicht dramatisch – eigentlich. Denn in dem Verfahren, das schon vor mehr als zehn Jahren begann, war immer eine großzügige Entschädigung für die Schäferhund-Freunde vorgesehen. Sie sollten ein neues, städtisches Gelände bekommen, etwa gleich groß wie die derzeitige, rund 7000 Quadratmeter große Fläche. Und auch ein neues Vereinshaus sollte gebaut werden, in enger Abstimmung mit dem Verein und auf Kosten der OTLG. Nach einiger Suche wurde auch eine geeignete städtische Fläche gefunden, ein 7300 Quadratmeter großes Brachgelände ganz in der Nähe.

Doch dann kam das Aus für die Pläne Ende Mai 2024. Der Grund: Die Rathausmitarbeiter hatten von einem Vertragsverstoß des Vereines Wind bekommen. Der Schäferhundverein hatte das von der Stadt zur Verfügung gestellte Gelände ab Mitte 2022 unterverpachtet. Ein klarer Kündigungsgrund. Der Verein soll zu der Sache Stellung nehmen.

Zerwürfnis wegen einer Unterverpachtung

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Das gut 7000 Quadratmeter große Gelände durfte an einigen Tagen auch ein anderer Hundesportverein nutzen – gegen Geld. Das hatte der andere Verein so angeboten, heißt es vonseiten des Schäferhundvereins. © FMG | Claas Greite

Hans-Peter Schweimer erklärt: „Wir wurden von einem anderen Hundesportverein angesprochen, der gerne unser Gelände an einigen Tagen in der Woche nutzen wollte. Der hatte dann angeboten, dafür eine Pacht von 250 Euro monatlich zu zahlen.“ Das Angebot habe man angenommen, ohne zu wissen, dass das gegen den Vertrag verstoße. Der Schäferhundverein habe den Vertrag sofort gekündigt, nachdem es zum Konflikt mit der Stadt kam.

„Wir haben auch sofort angeboten, die Pachtbeträge, die wir seit 2022 eingenommen hatten, der Stadt zu überweisen“, sagt Schweimer. Die waren nämlich deutlich höher als das, was der Verein selbst an Pacht zahlt. Laut Schweimer überweist der Verein jährlich 798 Euro an die Stadt für das Gelände. Er versteht, dass man bei der Stadt mehr als verschnupft wegen des Vorganges war, „das ist natürlich ein Grund“, sagt er.

Verein beteuert: Nichts gewusst von Verbot

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Das Vereinshaus steht seit 1996 an dieser Stelle und wird wohl nächstes Jahr abgerissen. © FMG | Claas Greite

Aber er beteuert, dass man keinerlei Absicht hatte, Gewinne zu erzielen. Man habe ja auch Kosten, pflege das Gelände selbst. „Von den Pacht-Einnahmen haben wir zum Beispiel einen neuen Rasenmäher gekauft“, sagt Thomas Burmeister.

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Die Entschuldigungen, die Kündigung der Unterpacht und das Angebot, das Geld zurückzugeben – es half alles nichts. Ende August teilte der Bereich Liegenschaften der Stadt mit, dass der Vertrag zum Ende des Jahres 2025 gekündigt werde. Und: Die Planungen für die Verlagerung würden nicht fortgesetzt. Der Verein bekommt jetzt also doch kein neues Grundstück zur Pacht und auch kein neues Vereinshaus mehr, die mehr als zehn Jahre alte Planung ist damit null und nichtig.

Kündigung nach 46 Jahren: Was die Stadt sagt

Die Stadt reagiert damit auf einen offenkundigen Vertragsbruch. Ist das der einzige Grund für den Abbruch der Zusammenarbeit, oder gab es vielleicht noch andere Gründe? Die Stadtverwaltung gibt sich bedeckt. Auf eine entsprechende Abendblatt-Anfrage antwortet die Stadt: „Richtig ist, dass dem genannten Verein durch die Stadt fristgerecht zum 31. Dezember 2025 gekündigt worden ist. Das Gelände wird danach, auf Basis von seit mehreren Jahren vorangetriebenen und politisch diskutierten Planungen, einer anderen Nutzung durch ein ortsansässiges Unternehmen zugeführt. Von den zwischenzeitlichen Plänen, mit erheblichem finanziellen Aufwand für diesen (und mögliche andere) Verein(e) ein Ersatzgelände herzurichten, wurde Abstand genommen.“

„Ich habe irgendwie das Gefühl, man wollte uns ohnehin loswerden“, sagt Thomas Burmeister. Der Verein müsse jetzt versuchen, privat eine Fläche zu pachten. Aber das dürfte wesentlich teurer werden und nicht ganz einfach sein, nach dieser Vorgeschichte. Hans-Peter Schweimer hofft, dass es vielleicht doch noch irgendwie zu einer Einigung kommt: „Wir haben doch 46 Jahre mit der Stadt zusammengearbeitet. Eine Kündigung nach so langer Zeit, das verstehe ich menschlich nicht.“