Norderstedt. Vor 50 Jahren galt der Norderstedter Kirchenbau als einer der modernsten im Norden. Warum es mit der Sanierung nicht vorangeht.
Als die Schalom-Kirche am Lütjenmoor in Norderstedt im Jahr 1974 errichtet wurde, da staunten die Gläubigen und Ungläubigen nicht nur in Norderstedt, sondern im ganzen damaligen Nordelbien – denn so etwas Modernes hatten die Norddeutschen bis dahin noch nicht gesehen:
Ein schnörkelloser Sakralbau ohne Kirchturm, der von außen daherkommt wie ein schnödes Schulgebäude und zudem über eine spezielle Innenraum-Gestaltung ganz im architektonischen Geiste der frühen 1970er-Jahre verfügte.
Norderstedt: Pläne für die Sanierung der Kirche gibt es seit 15 Jahren
Doch nach 50 Jahren ist der Lack längst ab vom einstigen kirchlichen Rotklinker-Vorzeigebau. Pläne, den Kirchenbau von Grund auf zu sanieren, gibt es bereits seit 15 Jahren, doch immer wieder kam es zu Verzögerungen. Und auch im Herbst des Jahres 2024 steht fest: Erst in einem Jahr ist mit dem Beginn der weiteren Renovierungsarbeiten in der Vicelin-Schalom-Kirche am Lütjenmoor in Norderstedt zu rechnen.
Ursprünglich sollten sie bereits Anfang dieses Jahres starten. Doch das zugesagte Geld aus Berlin ist immer noch nicht angewiesen worden. Es kommt aus dem Fördermittel-Topf der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).
Norderstedt: Gottesdienste der Kirchengemeinde finden am Immenhorst statt
„Die Zusage des Bundes über die Bereitstellung der BKM-Fördermittel ist zunächst nur eine Inaussichtstellung, dass entsprechende Haushaltsmittel bereitgestellt werden“, schreibt Gunnar Urbach auf Anfrage des Hamburger Abendblatts. Der Pastor und Kommunikationswirt, der beim Kirchenkreis Hamburg-West/Südholstein als Fördermittel-Manager auch für Fundraising zuständig ist, hatte das Fördergeld über 850.000 Euro für die Renovierung des denkmalgeschützten Innenraums der Schalom-Kirche vor einem Jahr beantragt – ein kompliziertes Verfahren.
Für die Kirchgängerinnen und Kirchgänger der Vicelin-Schalom-Gemeinde, die am Reformationstag 2000 durch die Fusion der bis dahin selbstständigen Schalom- und der Vicelin-Kirchengemeinde entstand, eine schlechte Nachricht – genau genommen sind es sogar zwei schlechte Nachrichten: Denn um an Gottesdiensten und den christlichen Festen von Ostern über Taufen, Konfirmationen, Hochzeiten, Bestattungen bis zu Erntedank- und dem Weihnachtsfest teilnehmen zu können, müssen die Gemeindemitglieder seit Jahren zum zweiten Standort der Gemeinde, der Vicelin-Schalom-Kirche am Immenhorst in Glashütte, pilgern.
Norderstedt: Am Immenhorst ist ein großes Diakoniehaus geplant
Doch auch für diese Sakral-Immobilie gibt es große Pläne, denn am Immenhorst soll eine diakonische Einrichtung entstehen:
Geplant ist dort ein Diakoniehaus mit 86 Zimmern. Die Kindertagesstätte an der Vicelin-Schalom-Kirche und Räume für die tägliche Gemeindearbeit sollen am Immenhorst bestehen bleiben. Aber: Das Diakoniehaus kann erst gebaut werden, wenn am Lütjenmoor der kirchliche Betrieb wieder aufgenommen wurde. Und das – siehe oben – kann eben noch dauern!
Wie bereits erwähnt: Wegen der architektonischen Einmaligkeit des Gotteshauses am Lütjenmoor stellte das Landesamt für Denkmalpflege die Kirche schon 2008 als wichtiges Zeitdokument unter Denkmalschutz. Die kurz darauf vorgelegten Pläne für die mittlerweile notwendige Sanierung der Einrichtung, die sich in den Anfangsjahren aufgrund ihrer engagierten Flüchtlingsarbeit den Namen „rote Kapelle“ erworben hatte, wurden 2010 von der Norderstedter Politik als zu groß, zu hoch und zu teuer abgelehnt.
Pleiten, Pech und Pannen bei der Sanierung der Vicelin-Schalom-Kirche
Der kirchliche Entwurf sah einen Bau mit teilweise bis zu sieben Stockwerken vor und einen alles überragenden Kirchturm, den die Kirche nie hatte. Um den Kirchenraum sollten Kindergarten, Büros, ein Café mit Terrasse zum Willy-Brandt-Park und Läden für Eine-Welt- und weitere Umweltprodukte arrangiert werden, dazu Sozialwohnungen für betreutes Wohnen und Menschen mit Behinderung. Kosten schon 2010: bis zu 20 Millionen Euro. Nach dem städtischen Politik-Einspruch geschah dann bis zum November 2014 erst mal nichts.
Dann stand ein Budget von 3,8 Millionen Euro für die Sanierung zur Verfügung, und die Kirche plante wieder. Anfang 2016 rückten sogar die ersten Handwerker an, die jedoch auch schon bald wieder abrücken mussten. Durch Wasserrohrbrüche, durchgerostete Heizungsrohre und Schimmelbefall waren die Kosten nämlich auf 6,5 Millionen Euro gestiegen. Also wurde wieder umgeplant, aktuell gehen die Verantwortlichen von Renovierungskosten in Höhe von „nur“ zwei Millionen Euro aus.
Norderstedt: Mit dem Beginn der Arbeiten ist erst im zweiten Halbjahr 2025 zu rechnen
Und warum dauert es nun noch solange, bis erneut Handwerker am Lütjenmoor anrücken, wo doch das Geld aus dem Fördertopf angeblich bewilligt wurde? Dazu Pastor Urbach: „Mit der Bereitstellung beginnt ein vorgeschriebenes Verfahren mit dem Landesamt für Denkmalpflege, in dem die einzelnen Bestandteile der geplanten Sanierungsmaßnahmen auf ihre fachliche Notwendigkeit und Angemessenheit geprüft werden“, schreibt er.
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Dieses Abstimmungsverfahren würde gerade laufen und könne voraussichtlich erst Ende dieses Jahres abgeschlossen
werden. In diesem Verfahren werde festgelegt, welche Maßnahmen aus den bereitgestellten Fördermitteln finanziert werden sollen. „Erst nach Abschluss des Abstimmungsverfahrens können die Ausschreibung der Maßnahmen und die Festlegung des Bauzeitenplanes erfolgen“, erklärt Urbach. So laute nun einmal die Vorgabe aus den Fördergrundsätzen des Denkmalschutz-Sonderprogramms des Bundes. Kurzum, so Urbach: Mit dem Beginn der Arbeiten sei erst im zweiten Halbjahr 2025 zu rechnen.
Spenden für die Renovierung der Innenräume der Vicelin-Schalom-Kirche am Lütjenmoor gehen an Vicelin-Schalom-Kirche, Spendenkonto VReG IBAN DE83201901090031748590.