Kreis Segeberg. Im Kreis Segeberg sind viele Sirenen kaputt oder abgeschaltet. Für Reparatur oder Austausch fehlt das Geld. Nur in Norderstedt nicht.

Sie sollen die Feuerwehren alarmieren und die Bevölkerung warnen: Sirenen mit ihrem lauten Heulton. Die Flutkatastrophen der vergangenen Jahre, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die sensible Lage der öffentlichen Sicherheit mit Attentaten und Bedrohungen – all das sorgte für ein Umdenken bei der Sicherheitsbehörden und machte die Sirene wieder zum festen Bestandteil des Katastrophenschutzes.

Überall in Deutschland sollen Kreise, Städte und Gemeinden alte Sirenen erneuern und weitere anschaffen. Dafür aber fehlt Geld. Und: Weil neue Sirenen überall benötigt werden, gibt es erhebliche Engpässe in der Produktion.

Katastrophenschutz: Viele Sirenen heulen nicht mehr

Vor zwei Jahren hatte das Hamburger Abendblatt erstmals beschrieben, wie schlecht es um die Sirenen im Kreis Segeberg steht. Geschehen ist seitdem – nichts. Von den 219 vorhandenen Sirenen im Kreis sind 19 außer Betrieb. In zehn Gemeinden gibt es keine oder keine funktionstüchtigen Sirenen mehr. Kaltenkirchen hat 100.000 Euro für die Anschaffung von sechs neuen Sirenen in den Haushalt eingestellt. Zurzeit gibt es keine funktionierende mehr. Bad Bramstedt hat drei Sirenen, benötigt aber mehr.

Dach- oder Mastsirenen kosten 15.000 bis 20.000 Euro pro Stück, können aber wegen der großen Nachfrage zurzeit nicht geliefert werden. Eine Kommune, die heute neue Sirenen bestellt, muss etwa zwei Jahre auf die Auslieferung warten.

Sirenen: Stadt Norderstedt hat 2013 vorausgedacht

2013: Joachim Seyferth, damals noch Leiter des Amtes für Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz in Norderstedt, mit dem Info-Flyer über Sirenen, die damals an alle Norderstedter Haushalte gingen
2013: Joachim Seyferth, damals noch Leiter des Amtes für Feuerwehr, Rettungsdienst und Katastrophenschutz in Norderstedt, mit dem Info-Flyer über Sirenen, die damals an alle Norderstedter Haushalte gingen © Andreas Burgmayer

Allein die solvente Stadt Norderstedt hat vorausgedacht und investiert: Seit 2013 gibt es wieder ein modernes, flächendeckendes Sirenensystem im Stadtgebiet: Für 300.000 Euro wurden 14 Sirenen modernen Typs in Norderstedt verteilt und so montiert, dass der markante Heulton bei Bedarf im ganzen Stadtgebiet zu hören ist. Es können aber auch nur einzelne Stadtteile beschallt werden.

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Aber Norderstedt ist eine Ausnahme, auch im Landesvergleich. In ganz Schleswig-Holstein gibt es etwa 2600 Sirenen. 5000 müssten es nach den Aussagen des Innenministeriums mal werden. Bundesweit gibt 36.000 Sirenen. Und am 12. September ist für all die Geräte mal wieder der Tag der Wahrheit: Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) löst um 11 Uhr in ganz Deutschland den Probealarm der höchsten Warnstufe eins aus.

Während die modernen Sirenen in Norderstedt heulen werden, wird es in anderen Kommunen still bleiben. Weil die Sirenen nicht mehr funktionieren. Die Kreisverwaltung hat ermittelt, dass in den Dörfern und Städten Sirenen stehen, die über 60 Jahre alt sind und nur selten, in den letzten Jahren überhaupt nicht mehr gewartet wurden.

Der Kreis will helfen und hofft, Geld von Land dafür zu bekommen

So sehen moderne Sirenen aus: In Norderstedt gibt es 14 Stück davon, in vielen anderen Orten stehen noch Sirenen alten Typs, in manchen Orten gar keine.
So sehen moderne Sirenen aus: In Norderstedt gibt es 14 Stück davon, in vielen anderen Orten stehen noch Sirenen alten Typs, in manchen Orten gar keine. © DPA Images | Rolf Vennenbernd

Sirenen sind im digitalen Zeitalter natürlich nur noch ein zusätzliches Warnmittel. Aber eines, das im Falle eines kompletten Stromausfalls die gesamte Bevölkerung erreichen kann. Warn-Apps wie Nina oder Katwarn sorgen zwar für flächendeckende Information. Aber nur, wenn das Mobiltelefon aufgeladen und die Apps installiert sind. Wer das nicht gemacht hat, wird über das Cell-Broadcast-Verfahren erreicht: Das Handy vibriert und zeigt einen Warntext – wenn das Gerät nicht zu alt ist.

Da es mit der Finanzierung von neuen Sirenen aktuell nicht klappt, weil der Bund zu wenig Geld zur Verfügung stellt, sollen zunächst die alten Sirenen wieder flott gemacht werden. Das soll nach diesem Schema funktionieren: Der Kreis beschafft dafür die Komponenten für die Warnung der Bevölkerung, die Kommunen die Komponenten für die Alarmierung der Feuerwehren.

Katastrophenschutz: Zu wenig Geld für neue Sirenen

Diese Kosten trägt jeder für sich. Da die Kommune bereits die vorhandene Sirene kostenlos zur Verfügung stellt, übernimmt der Kreis Segeberg den Einbau der Komponenten vollständig und hofft, dass diese Kosten vom Land erstattet werden.

Aber die Aussichten, dass Zuschüsse schnell fließen, sind schlecht. Im vergangenen Jahr habe Schleswig-Holstein gerade einmal 1,8 Millionen Euro für den Ausbau eines flächendeckenden digital anzusteuernden Sirenennetzes erhalten, teilt das Innenministerium mit. „2023 hat der Bund allen Bundesländern zusammen nur noch fünf Millionen Euro zur Verfügung gestellt.“