Henstedt-Ulzburg. Baustellen-Besuch in Henstedt-Ulzburg beim größten Infrastrukturprojekt im Norden: Wann die 380-Kilovolt-Stromtrasse fertig sein soll.
In knapp 80 Meter Höhe hängen zwei Männer an einem Strommast und arbeiten. Schon beim Zusehen von unten könnte so manch einer das Gefühl bekommen, der Boden unter ihm gerate ins Wanken. „Sie regulieren noch die Seile, dann sind wir fast durch mit dem Mast“, sagt Projektleiter Paul Braun vom Netzbetreiber Tennet. Nur die Schrauben müssen noch festgezogen werden, dann ist der neu gebaute Mast 4 der Ostküstenleitung endgültig fertig.
Hier, auf einem Acker am Rande von Henstedt-Ulzburg, wird ein Teil der 380-Kilovolt-Stromtrasse zwischen Ostholstein und der A7 gebaut. Die Ostküstenleitung ist eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte im Norden. Vor mehr als einem Jahr begannen die Bauarbeiten, nun gibt Tennet einen weiteren Einblick in den aktuellen Stand. „Der erste Abschnitt ist leicht in Verzug. Die Fertigstellung soll aber 2027 wie ursprünglich geplant erfolgen“, sagt Sprecher Peter Hilffert.
Ostküstenleitung: 111 neue Strommasten werden gebaut
Für den rund 50 Kilometer langen Abschnitt zwischen Ulzburg und Lübeck West werden 118 alte Freileitungsmasten zurückgebaut und 111 neu errichtet. „Es fehlen noch 14 Masten“, sagt Projektleiter Braun und wagt einen Blick in die Zukunft: „Wir liegen gut im Zeitplan. Im Oktober 2025 werden wir mit den Freileitungen fertig sein.“
Die Arbeiten sind aufwendig. Um eine durchgehend sichere Stromversorgung zu gewährleisten, können alte Masten nur abgerissen werden, wenn der Strom umgeleitet wird. Dafür werden sogenannte Provisorien eingerichtet. Sie bestehen nur so lange, ehe die Neubau-Variante fertiggestellt ist. Dann werden sie wieder abgebaut. Ein solches Provisorium steht auch auf dem Feld nahe der Straße Achterkoppel in Henstedt-Ulzburg. „Der Bau eines Provisoriums dauert nur wenige Tage. Aber die Vorbereitungen brauchen mehrere Wochen. Bis zu 40 Lkws liefern alle Einzelteile an“, erklärt Braun.
Stromtrasse in Henstedt-Ulzburg verläuft auch unterirdisch
Die Bauzeit eines Neubau-Mastes dauert hingegen rund zwölf Wochen. Derzeit wird an mehreren Orten gleichzeitig gebaut. Die Arbeiter, von denen viele aus dem Ausland kommen, arbeiten sieben Tage die Woche. In Spitzenzeiten sind bis zu 150 Personen auf der Baustelle beschäftigt.
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Die Trasse verläuft aber nicht nur über der Erde, sondern Teile der Stromleitungen werden auch unterirdisch als Erdkabel verlegt. Derzeit kämpft sich ein Bohrer durch die Tiefe und gräbt einen Tunnel von der Startgrube am Suhrrehm bis zum Endpunkt westlich der Hamburger Straße und jenseits der AKN-Gleise. Bis zu zwölf Meter unter der Erdoberfläche werden zwei Röhren verlegt. Die Kabel verlaufen dann in jeweils 250 montierten Rohrstücken, die direkt hinter dem Bohrer als Tunnelstrang in die Erde kommen. Bis zu drei Monate soll die Bohrung dauern. Mitte September soll die erste Röhre gebohrt sein, danach folgt die zweite.
Die Ostküstenleitung hat eine lange Vorgeschichte. Über ein Jahrzehnt wurde an dem Projekt geplant und darüber gestritten. Henstedt-Ulzburg wollte verhindern, dass das Erdkabel durch die Gemeinde verläuft und plädierte für einen Bau an der künftigen Autobahn 20. Doch das Vorhaben scheiterte. Nun wird eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte für die Energiewende in Deutschland umgesetzt. Künftig soll die Trasse unter anderem Strom von Windparks und Photovoltaikanlagen aus Ostholstein transportieren, der dann vom Kreis Segeberg in Richtung Süden weiterfließt.