Norderstedt. Schränke und Arbeitsplatten kommen jetzt von externen Zulieferern. Was Geschäftsführer Matthias Flick zu den Gründen sagt.
- Im Juni wurde am Stammsitz Norderstedt der letzte Schrank produziert.
- Mitarbeiter der Produktion wurden entlassen, Maschinen werden verkauft.
- Beratung, Verkauf, Vertrieb und Kundenservice bleiben in Norderstedt.
Paukenschlag in Norderstedt: Das Traditionsunternehmen Hummel Küchenwerk hat seine Produktion in Norderstedt geschlossen, Mitarbeiter wurden entlassen. Der Grund sind wirtschaftliche Schwierigkeiten, die derzeit auch andere Unternehmen in der Branche haben. Das Ende der Produktion am Stammsitz bestätigte Geschäftsführer Matthias Flick auf Abendblatt-Anfrage. „Hier am Standort Norderstedt wurde im Juni der letzte Schrank gefertigt“, sagte er.
Damit ende ein Prozess, der schon vor fünf Jahren begonnen habe. Flick: „Wir haben damals damit angefangen, weniger in Norderstedt zu produzieren.“ So sei schon vor fünf Jahren die Fertigung der Highend-Linie „Hummel Plus“ komplett an einen Zulieferer aus dem Kreis Osnabrück vergeben worden. Vor zwei Jahren habe man die Fertigung der Arbeitsplatten an einen „externen Spezialisten aus Sachsen-Anhalt“ ausgegliedert.
Hummel Küchenwerk: Zuletzt wurden nur noch Schränke in Norderstedt gefertigt
Verblieben sei danach in Norderstedt noch die Fertigung der „Korpusmöbel“, also der Schränke. Aber Anfang dieses Jahres sei dann entschieden worden, auch dieses letzte Element der Produktion in Norderstedt einzustellen.
Die Korpusmöbel liefern jetzt externe Zulieferer-Betriebe zu, und zwar aus Magdeburg und Ostwestfalen, wie Matthias Flick sagt. Die Entscheidung zur Entlassung von Mitarbeitern in Norderstedt sei ihm nicht leicht gefallen. „Als Familienunternehmen in 4. Generation haben wir eine enge Bindung zu unseren Mitarbeitern.“
Über die Zahl der entlassenen Mitarbeiter gibt es keine Angaben
Über die Zahl der entlassenen Mitarbeiter macht Flick keine Angaben. Er betont aber, dass die anderen Bereiche wie Beratung, Verkauf und Vertrieb sowie der Kundenservice am Firmensitz in Norderstedt bleiben. Und er sagt auch: „Wir investieren auch, etwa in den Bereich Digitalisierung und in die Erneuerung unserer Ausstellungen in Norderstedt und Hamburg-Hoheluft.“ Beide Ausstellungen würden bei laufendem Betrieb „nach und nach“ erneuert. Sie sollen Ende Oktober eröffnet werden.
Einbruch beim Wohnungsbau trifft auch Hummel Küchen
Zum Grund für die Produktionsverlagerung sagt Flick: „Es gibt einfach starke Veränderungen in der Branche, durch den Konjunktureinbruch. Privatkunden halten das Geld zusammen und Bauträger leiden unter einem Einbruch der Wohnungsbaukonjunktur.“ Besonders Letzteres treffe Hummel hart, da mittlerweile 75 Prozent des Geschäfts der „B2B“-Bereich sei, also die Ausrüstung von großen Wohnungsbauprojekten mit Küchen. Deshalb seien auch die Hummel-Umsätze „rückläufig“, man habe reagieren müssen.
Mit der nun erfolgten Ausgliederung der Fertigung könne Hummel „flexibler auf Auftragsschwankungen reagieren“, sagt Flick. Zudem könne man leichter als früher andere Regionen in Deutschland bedienen. „Wir haben nun geringere Logistikkosten, wenn wir etwa Küchen nach Süddeutschland liefern wollen.“ Eine Orientierung über Norddeutschland hinaus sei für das Unternehmen notwendig, da „der Kuchen kleiner“ werde.
Aktuell arbeiten noch 65 Mitarbeiter am Firmensitz
Aktuell arbeiten noch „65 Mitarbeiter“ am Sitz in Norderstedt, so Matthias Flick. Katja Roycroft, Mitarbeiterin im Bereich Marketing bei Hummel, betont, dass die Ausgliederung der Produktion auch eine „Sicherung der restlichen Arbeitsplätze für die Zukunft“ bedeute.
Von Kündigungen betroffen waren laut Matthias Flick unter anderem Tischler, Holzmechaniker, Lageristen und Hilfsarbeiter. Ein Teil von ihnen habe neue Anstellungen gefunden. Flick: „Es herrscht ja Fachkräftemangel. Wir wurden von Unternehmen angesprochen, zum Beispiel von Tischlereien, und konnten einige unserer Leute vermitteln.“
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Was mit der ehemaligen Werkshalle in Norderstedt passieren soll
Zu der ehemaligen Werkshalle sagt Flick: „Wir versuchen aktuell, die Maschinen zu verkaufen. Dann schauen wir, was wir mit der Halle machen. Eine Option ist Vermietung.“
In den vergangenen Wochen wurden bei Google Maps einige negative Rezensionen gepostet, unter anderem wurden lange Lieferzeiten und mangelnde Erreichbarkeit moniert. Auf die Frage, ob das etwas mit den jüngsten Umstrukturierungen zu tun habe, antwortet Katja Roycroft: „Die auf Google Maps sichtbaren Beschwerden über lange Lieferzeiten und Erreichbarkeitsprobleme des Service-Personals spiegeln nicht die Gesamtsituation wider.“
Katja Roycroft zu aktuellen Kundenbeschwerden auf Google Maps
Roycroft weiter: „Solche Herausforderungen sind in der Küchenausstattungsbranche nicht ungewöhnlich und betreffen auch andere Hersteller. Wir haben eine Vielzahl von zufriedenen Kunden, die sich aber seltener öffentlich äußert. Somit ist es wichtig zu betonen, dass diese negativen Rezensionen nur einen Bruchteil der Kundenerfahrungen darstellen. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen lassen wir keine der Rezensionen löschen, was inzwischen bei vielen anderen Unternehmen üblich ist.“
Das unterstreiche „die Transparenz und Integrität in der Kundenbeziehung. Man sehe „negative Bewertungen als wertvolle Gelegenheit zur Verbesserung und sind dankbar für das Feedback unserer Kunden.“
Die Hummel Küchenwerk GmbH ist eine Firma mit langer Tradition. 1917 gründete Carl Flick das Unternehmen in Hamburg-Eimsbüttel. Er begann mit der Produktion von Küchenschränken und -tischen, später kamen „Aufwaschtische“ hinzu. Nach dem 2. Weltkrieg ging es schnell aufwärts, die Firma kaufte Ende der 50er-Jahre das Grundstück in Friedrichsgabe dazu, das heute der Stammsitz ist. Ab den 70er-Jahren wurden Hummel-Küchen sogar über den Otto-Katalog verkauft. Matthias Flick führt das Familienunternehmen seit 1999.