Norderstedt/Kreis Segeberg. Egal ob Sportwoche, Weinfest oder Oktoberfest – das Thema Sicherheit steht in diesen Tagen im Zentrum des Interesses.
- Sicherheitskonzepte werden an neue Lage angepasst
- Höhere Präsenz von Ordnern und Polizei
- Taschenkontrollen und eingezäunte Festgelände nicht immer möglich
Soll man hingehen oder nicht? Und falls ja, muss man besonders vorsichtig und wachsam sein? Nicht wenige, die in diesen Tagen auf ein größeres Fest gehen wollen, werden sich Fragen wie diese stellen. Der Terroranschlag von Solingen, bei dem drei Menschen starben, bringt erneut in dramatischer Weise das Thema Sicherheit auf die Agenda.
Wir haben die Veranstalter großer Events in Norderstedt und Umgebung gefragt, wie sie die Besucher vor Gefahrenlagen schützen wollen und ob nach dem Attentat in Solingen nachgebessert werden muss.
Weinfest am Schmuggelstieg: Nach Solingen zusätzliche Maßnahmen
Am Schmuggelstieg in Norderstedt steigt von Freitag bis Sonntag das beliebte Weinfest. In diesem Jahr wird dort mehr für die Sicherheit getan als in den Vorjahren: „Wegen der Ereignisse in Solingen haben wir eine erhöhte Präsenz von Polizei und Ordnungsamt vor Ort, zusätzlich zu unserer eigenen Security“, sagt Matthias Brötzmann, Inhaber der Firma Brötzmann Events, die das Fest veranstaltet.
Polizei, Ordnungsamt und Security würden auch „Menschen mit größeren Taschen kontrollieren“, so Brötzmann weiter. 100 Prozent Sicherheit könne es aber nicht geben, schon deshalb nicht, weil man am Schmuggelstieg keine Einlasskontrollen machen könne. „Dazu müsste man das Gelände einzäunen. Das ist aber schon rechtlich nicht möglich, da es sich um öffentlichen Raum handelt. Es gehen ja auch einfach so Menschen die Straßen entlang, die gar nicht Besucher des Weinfestes sind.“
Tobias Mährlein, Mitglied des Organisationsteams, sagt allerdings, dass man auch am Schmuggelstieg schon vor Jahren zusätzliche Sicherungsmaßnahmen eingeführt habe, nachdem es 2016 zu einem Terroranschlag am Berliner Breischeidplatz kam. Mährlein: „Seitdem müssen auf den Straßen, die zu einem großen Fest führen, Lkw geparkt werden, damit keiner dort hereinrasen kann.“
Oktoberfest in Norderstedt: Sicherheitskonzept wird überarbeitet
In Norderstedt steigt am 27. September ein Oktoberfest, und zwar in der TriBühne. Dort wird das Thema Sicherheit ähnlich gehandhabt wie in Bad Segeberg: „Wir haben einen zentralen Eingang, dort gibt es eine Rucksack- und Taschenkontrolle“, sagt Benjamin Mattai, stellvertretender Geschäftsführer der Mehrzwecksäle Norderstedt GmbH (MeNo), die für die Organisation zuständig ist. Mattai weiter: „Für die Eingangskontrolle und Security haben wir einen externen Sicherheitsdienstleister beauftragt. Mitarbeiter dieser Firma sind dann auch während der Veranstaltung in der TriBühne unterwegs.“
Darüber hinaus habe die MeNo auch ein eigenes Sicherheitskonzept, auch für andere Veranstaltungsorte wie das Kulturwerk am See. „Da geht es um Themen wie Flucht- und Rettungswege.“ Nach Solingen, so Mattai, werden diese Konzepte jetzt auf den Prüfstand gestellt: „Wir sind aktuell in der Überarbeitung, um sie noch sicherer zu machen.“ Das Oktoberfest wird vorerst die letzte Veranstaltung in der TriBühne sein, danach wird Veranstaltungshaus für eine umfassende Renovierung geschlossen.
Eintracht Norderstedt: „Sicherer, als durchs Herold-Center zu laufen“
Auch Finn Spitzer, Geschäftsführer von Eintracht Norderstedt, sieht seinen Verein gut aufgestellt in Sachen Sicherheit. Er bezieht sich etwa auf die Heimspiele der Regionalliga-Kicker des Vereins im Edmund-Plambeck-Stadion. „Es ist sicherer, bei uns zuzuschauen, als durchs Herold-Center zu laufen“, sagt der 29-Jährige.
Verantwortlich für die Maßnahmen auf der Sportanlage an der Ochsenzoller Straße ist die Firma Power, die zuletzt unter anderem bei den Taylor-Swift-Konzerten in Hamburg im Einsatz war, bei den Zweitliga-Heimpartien des Hamburger SV für Ordnung sorgt, mit der Eintracht seit vielen Jahren zusammenarbeitet und abhängig vom Zuschaueraufkommen mit bis zu 15 Personen nach Norderstedt kommt. Bei ganz kniffligen Spielen ist auch die Polizei mit im Boot.
Spitzer bedauert den Vorfall in Solingen sehr, sagt aber auch: „Messerattacken sind keine neue Situation, die gibt es jeden Tag.“ Um das Risiko für die Besucher zu minimieren, kontrolliert Power im Eingangsbereich sei jeher alle Zuschauer vor dem Betreten des Stadions auf etwaige gefährliche Gegenstände. Also auch am Sonntag, wenn es um 14 Uhr zum Aufeinandertreffen mit dem SC Weiche Flensburg 08 kommt. „Dieses Konzept“, so der Eintracht-Geschäftsführer, „hat sich bewährt.“
Sportwoche: Sicherheitskonzept mit Stadtpark Norderstedt GmbH
Große Menschenmengen zu kontrollieren, ist bei Events wie der Norderstedter Sportwoche, die noch bis zum 1. September läuft, im und rund um den Stadtpark mit vierstelligen Aktiven- und Zuschauerzahlen schon wesentlich schwieriger. Um für den Ernstfall gewappnet zu sein, haben die Veranstalter bei den letzten beiden Wettbewerben, dem Hamburg-Airport-Abendlauf am Mittwochabend sowie dem 17. Tribühne-Triathlon am Sonntag, den Rahmenbedingungen angepasste Maßnahmen getroffen.
So werden auf dem weitläufigen Gelände ein Rettungsdienst sowie Helfer und Streckenposten in ausreichender Personenzahl vor Ort sein und können – falls Gefahr im Verzug ist – untereinander per Funk kommunizieren.
Oktoberfest bei Möbel Kraft: „Jeder Besucher wird gefilzt“
Bei Möbel Kraft in Bad Segeberg wird vom 13. September bis 6. Oktober zum 20. Mal ein großes Oktoberfest gefeiert. Firmenvorstand Günter Loose sieht das Fest in Sachen Sicherheit aber gut aufgestellt: „Es gibt einen zentralen Eingang, und dort wird jeder gefilzt. Jeder Besucher muss durch diese Sicherheitsschleuse. Hieb- und Stichwaffen und andere gefährliche Dinge würden Besuchern selbstverständlich abgenommen werden.“ Für die Sicherheit sei ein „sehr professionelles, etabliertes, zertifiziertes Unternehmen“ zuständig, dort würden auch „alle Mitarbeiter geprüft.“
Eine Notwendigkeit, dieses Sicherheitskonzept nach dem Anschlag in Solingen zu überprüfen oder nachzubessern, sieht Loose nicht. „Sicherheit ist uns seit Jahren ein sehr, sehr großes Anliegen. Das Thema steht über allem.“ Das Sicherheitskonzept habe sich „über Jahre entwickelt“, sei etwa auch zuletzt bei der EM-Arena zum Tragen gekommen, man stimme sich mit der Stadtverwaltung und der Polizei ab und erhalte von dort auch immer wieder Lob. Looses Fazit: „In Sachen Sicherheit sind wir gut aufgestellt.“
Bad Bramstedt: Polizei wird voraussichtlich mehr Personal einsetzen
In Bad Bramstedt werden am Wochenende gleich drei Veranstaltungen Polizei und Ordnungsamt beschäftigen: Auf dem Programm stehen der Jahrmarkt, ein Weinfest und das „Fest der Demokratie“. Die Stadtverwaltung stehe im engen Kontakt mit der Polizei, sagte der Leiter des Bürgeramtes, Jörg Kamensky. Dort werde geprüft, mehr Beamte als zunächst geplant einzusetzen.
Einige Ideen, die Sicherheit zu erhöhen, hat die Stadt nach einer Prüfung wieder verworfen. Vom Tisch ist zum Beispiel eine Waffenverbotszone, die nur die Kreisverwaltung anordnen könne. Voraussetzung dafür sind Zwischenfälle mit Waffen an den Veranstaltungsorten, zu denen es jedoch – glücklicherweise – bislang nicht gekommen ist.
Auch Eingangskontrollen werde es nicht geben, sagte Kamensky. Dabei könnten Menschenschlangen entstehen, die ein Attentäter ebenfalls als Ziel auswählen könnte. Außerdem müsste das jeweilige Gelände kostspielig eingezäunt werden. Kamensky sagte: „Das Thema ist für die Ordnungsbehörden wirklich schwierig.“ Einerseits seien die Behörden bemüht, die Sicherheit zu gewährleisten. Andererseits müsse die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben.
Polizei hat nach Solingen Einsatzkräfte noch einmal sensibilisiert
„Die Ereignisse in Solingen führen auch in Schleswig-Holstein und damit ebenso in der Polizeidirektion Bad Segeberg zu einer weiteren intensiven Lageauswertung und -bewertung“, sagt Polizeisprecher Jens Zeidler. Bei Veranstaltungen sei die Polizei in Zivil und in Uniform präsent. Die Einsatzkräfte seien nach dem Anschlag erneut sensibilisiert worden.
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Die Polizei gehe weiterhin von „abstrakten Gefährdungslagen“ bei öffentlichen Veranstaltungen und Menschenansammlungen aus. „Jedoch liegen der Polizei keine Hinweise auf eine konkrete Gefährdungslage in unserem Bereich der Direktion Bad Segeberg vor“, sagte Zeidler. Er wies darauf hin, dass grundsätzlich die Veranstalter für die Sicherheit ihrer Veranstaltung verantwortlich sind. Die Polizei sei beratend tätig.