Norderstedt. In einem Buch über Norderstedts Stadtteil Harksheide, der jetzt 650 Jahre alt wird, ist ein Kapitel auch „Uns Uwe“gewidmet.
Jürgen Lange kennt die Geschichte Norderstedts und den Stadtteil Harksheide nicht nur aus mehreren Jahrzehnten intensiver politischer Arbeit als Stadtvertreter, sondern auch aus vielen Erzählungen seines Vaters Carl Lange. Der war von 1947 bis 1969 Harksheides Bürgermeister und von 1970, dem Jahr, in dem Norderstedt die Stadtrechte bekam, bis 1974 Erster Stadtrat. Jürgen Lange ist mit den Harksheider Geschichten aufgewachsen. Hautnah.
Nun hat er einige dieser Erzählungen in dem kürzlich erschienenen Buch „Döntjes & Co. – 650 Jahre Harksheide – Eine Sammlung von Geschichten und Erinnerungen von Bürgern aus Harksheide“ veröffentlicht. Mit ihm schrieben mehr als 70 Autorinnen und Autoren ihre Erfahrungen, Erlebnisse, ihre Lebenserinnerungen an und aus Harksheide auf.
Herausgekommen ist eine abwechslungsreiche Erzähl-Chronik von 460 Seiten mit vielen Farb- und Schwarzweiß-Abbildungen, ein mal ernstes, nachdenklich stimmendes, aber auch heiteres Nachschlagwerk, das in jedes Norderstedter Bücherregal gehört.
650 Jahre Harksheide: Viele Bürger haben Geschichten zur Chronik beigesteuert
Eineinhalb Jahre haben der Hobby-Historiker Gerd Meincke, Herausgeber und Mit-Autor des Buches, Hobby-Historiker und Buch-Gestalter Klaus Dreger und Layouter und Autor Hans Poggensee an dem Buch gearbeitet. Sie haben Geschichten gesucht, gefunden und eingesammelt, Autorinnen und Autoren angesprochen, mit ihnen in Fotoalben und Tagebüchern gestöbert, haben die Bilder und Geschichten geordnet und für das Buch zusammengestellt. Alles zum 650. Geburtstag von Norderstedts Ortsteil Harksheide.
Die Stadt indes feiert dieses Harksheide-Jubiläum nicht. „Wir haben mehrmals in den verschiedenen Gremien nachgefragt, ergebnislos“, sagt das Buchmacher-Trio. Auch Jürgen Lange wurde bei seinen Politik-Freunden aktiv – ebenfalls ergebnislos. So wird das Jubiläum des 650-jährigen Bestehens von Harksheide tatsächlich nur durch das Erscheinen des Buches gefeiert.
Wie sich Harksheide aus einer Heidefläche zum Stadtteil entwickelte
„Als Bezeichnung für eine Landschaft wurde der Name Harckesheyde erstmalig 1374 urkundlich erwähnt. Harksheide gehörte bis 1876 zum Gut Tangstedt. Tangstedt war ein Vorwerk im Amt Tremsbüttel bis es 1693 ein selbständiges Gut wurde. Zum Gut Tangstedt gehörten neben Harksheide und Glashütte noch Wilstedt, Dorf Tangstedt, Duvenstedt und Lemsahl-Mellingstedt“, heißt es unter www.norderstedt.de in einem veralteten Eintrag auf Norderstedts Website.
Gleich in der ersten Geschichte des Buches schreibt Jürgen Lange unter dem Titel „Die Gartenstadt Falkenberg“, wie der Falkenberg, Kern von Harksheide, aus einer Heidefläche zu dem wurde, was er heute ist, wie 1954 plötzlich in dieser Weite eine einsame Kirche stand, wie das Rathaus, der Festsaal, Schulen, Sportzentrum und Wohnungen folgten.
„Ich bin an der Kiebitzreihe 61 und in dem Wohnhaus Ulzburger Straße 152 aufgewachsen, und viele Geschichten, die ich erlebt habe, sind durch das Buch wieder bei mir präsent geworden“, sagt Jürgen Lange, der unter anderem auch eine Geschichte über seine Helden, die Feuerwehrfrauen und -männer, geschrieben hat.
650 Jahre Harksheide: Heinrich Lönnies, der „Löwe von Norderstedt“
Hans Poggensee, der als Kind erst in Garstedt wohnte und zur Schule ging, zog im Sommer 1962 „unters Strohdach“ mit Plumpsklo in den „Schmöckerhof“ in Harksheide. Das war aus Garstedter Sicht ein Abstieg, aber er wurde in der Harksheider Schule im Gegensatz zur Garstedter Schule nicht mehr gemobbt und erlebte mit seinen Mitschülern und – mit Hanne – viele Abenteuer.
Margot Bankonin wiederum, die heute den Kulturverein Kothla-Järve, Johvi und Umgebung leitet, erzählt von der „Idylle am Steindamm“. Günther Stapelfeldt, Senior von Stapelfeldt-Haustechnik, steuert die lange Familien-Tradition ebenso bei wie Bäckermeister Peter Beeken. Hildegard Waack erinnert an ihren Vater Heinrich Lönnies, den „Löwen von Norderstedt“, der die Stadt Norderstedt aus ihren vier Ursprungsdörfern unter dem Reetdach seines Hauses an der Ulzburger Straße 476 geplant hat.
Junge Juden und Jüdinnen lebten auf dem Brüderhof in Harksheide
Es gibt Berichte über die Alijah, die Auswanderung junger Jüdinnen und Juden, die auf dem Kibbuz Brüderhof lebten, von NSDAP-Landwirt Ernst-Heinrich Leuschner in Landwirtschaft ausgebildet wurden und sich in letzter Minute vor den Nazis nach Israel und Dänemark retten konnten – eine Gedenkstele am Kringelweg erinnert an diese dunkle Zeit.
Erzählungen über den letzten Heidjer und die Harksheider Feuerwehr („1924, Knackwurstessen mit Damen, 30 Mark“), über den Harksheider Markt, den Wohnungsbau, das Sommerbad, den Schmuggelstieg, über die Rosa-Settemeyer-Stiftung, das SOS-Kinderdorf und den CVJM, den DLRG, die Gasthäuser, Kneipen und Kirchen sind ebenfalls in dem Buch versammelt.
Lesenswert: Dieter Matzs Reportage über „Ilka und Uwe Seeler“
Vor allem aber gibt es die wunderbaren Geschichten über einen der berühmtesten Harksheider, über „Uns Uwe“. Der langjährige Abendblatt-Sportreporter Dieter Matz ist ein Freund der Familie Seeler und setzte dem großen Fußballer mit seiner Reportage „Ilka und Uwe Seeler“ ebenso ein Denkmal wie den HSV-Granden Erwin Piechowiak und Kuno Klötzer. Dieter Matz äußert aber auch harsche Kritik an Norderstedt, weil sich in Sachen Denkmal für Uwe Seeler bis jetzt in der Stadt nichts getan hat: „Das finde ich beschämend.“
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Auch Norderstedts Kulturpreisträgerin und Plattdeutsch-Autorin Christa Heise-Batt kannte „Uns Uwe“ gut und schrieb mit „Mien Erinnern an Uwe Seeler“ einen seelenvollen Abschiedsgruß an den einstigen Harksheider.
650 Jahre Harksheide: Das Buch kostet im Buchhandel 25 Euro
Das Buch „Döntjes & Co. – 650 Jahre Harksheide – Eine Sammlung von Geschichten und Erinnerungen von Bürgern aus Harksheide“ ist bei Books on Demand (BoD) erschienen, kostet 25 Euro und ist in Norderstedter Buchhandlungen und bei Hans Poggensee unter 040/52193858 , 0157/03031470 oder unter hans.poggensee@wtnet.de erhältlich.