Norderstedt. Anbieter und Stadt verlängern Vertrag. Angebot wird moderner und größer. Es gibt viele Gründe, warum das System so gut funktioniert.
Die Zahlen sind verblüffend, und sie sprechen dafür, dass die Verkehrswende in Norderstedt durchaus angenommen wird: 80.000-mal wurde in der Stadt 2023 ein Leihrad des Anbieters Nextbike genutzt, auch in diesem Jahr ist die Tendenz deutlich steigend. „Fast schon exponentiell“ sei das Wachstum, sagt Baudezernent Christoph Magazowski. Und weil es ein Erfolgsmodell ist, wurde der Vertrag mit dem Unternehmen nicht nur um fünf Jahre verlängert, vielmehr wird das Angebot auch modernisiert und erweitert.
„Es geht im Kern um die Verkehrswende. Wir wollen ja aus Umwelt-, aus Klimagesichtspunkten CO₂ einsparen, die Verkehrsträger wechseln.“ Sprich: der sogenannte „Modal Split“ zwischen Auto, ÖPNV, Fußgängern und dem Fahrrad. „Und da sind Alternativen wichtig, um den Menschen Möglichkeiten zu bieten, auf das Auto zu verzichten“, so Magazowski.
Nextbike: Rekord – Norderstedt fährt auf die Leihräder ab
Nextbike sei da eine von vielen Maßnahmen, zu denen auch der ÖPNV-Ausbau beziehungsweise dessen Taktverdichtung zählt. „Und das greift. Wir haben seit Jahren stagnierende Pro-Kopf-Zahlen im Pkw-Bereich.“ Und das, obwohl Norderstedt selbst immer größer wird.
Das Leihrad-Wachstum in Zahlen: „Als ich 2020 in der Norderstedter Verwaltung eingestiegen bin, hatten wir Leihzahlen von 6000 bis 8000, vorletztes Jahr waren es 60.000, dann 80.000 Ausleihen pro Jahr“, sagt Magazowski. Im Schnitt also theoretisch eine jährlich von jeder Norderstedterin und jedem Norderstedter. „Das ist eine Erfolgsgeschichte und ein wichtiger Baustein für die Verkehrswende, stadtentwicklungstechnisch enorm wichtig.“
2011 wurde das System zur Landesgartenschau eingeführt
Das Leihsystem gibt es schon viel länger, „seit 2011, Anlass war damals die Landesgartenschau“, so Christine Haß für Amt für Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr. Die Aufträge werden zwar ausgeschrieben, aber eben von Nextbike gewonnen. Pro Jahr kostet das Norderstedt mittlerweile etwa 250.000 Euro.
„Norderstedt ist rein von der Zahl der Einwohnerinnen und Einwohner und der Flotte nicht unser größtes System, aber eines der langjährigsten“, sagt Marius Orth, Projektleiter bei dem Leipziger Unternehmen Nextbike, das weltweit in mehr als 20 Ländern aktiv ist. Nun wird es „24 fabrikneue Lastenräder“ geben, dazu ab September 100 neue Standardräder. „Die alten bleiben zum Teil erhalten, wir haben dann 170, 180, den Rest behalten wir als Puffer, um im Sommer mehr zur Verfügung zu haben.“ Denn das ist die Hauptsaison. „In den Sommermonaten wird jedes Rad pro Tag im Schnitt zwei- bis zweieinhalbmal geliehen. An manchen Tagen ist es weit höher. Es gibt nur den Trend nach oben.“
Leihräder werden in der Regel per App und QR-Code gebucht
Die Flexzonen, also die Bereiche, in den Fahrräder ausgeliehen und wieder abgestellt werden können, werden angepasst, je nach Bedarf und Nutzung. Dazu gibt es 20 feste Stationen. Gebucht wird in der Regel per App und QR-Code. „Wir sehen auf den Meter genau, wo die Räder ausgeliehen und zurückgegeben werden, wissen schon ganz gut, wo es funktioniert.“ Allerdings werden die Routen nicht aufgezeichnet, nur Start und Ziel, mehr geht aus Datenschutzgründen nicht.
Neue Wohngebiete werden sowieso integriert, so Baudezernent Magazowski. „Bei allen größeren Vorhaben sind Nextbike-Stationen inbegriffen.“ Am stärksten frequentiert: Norderstedt-Mitte und das Herold-Center. Aber, so Christine Haß, „wir können Räder hinstellen, wo wir wollen, die Leute nutzen sie einfach“.
Nextbike: Nutzer zwischen 20 und 45 Jahre alt
Im Altersschnitt, das weiß Nextbike durch Umfragen, sind die Nutzerinnen und Nutzer zwischen 20 und 45 Jahre alt, „und mit einem gewissen Hang zum Umweltverbund, allgemein diejenigen mit gewisser Affinität zum ÖPNV und allgemein zum Sharing“, so Orth. „Es ist unser Markenkern, die Dienstleistung zu erbringen, um wegzukommen vom Auto“.
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Norderstedt kommt dem entgegen, da die ersten 30 Minuten für die Leihräder gratis sind, die Kosten trägt die Stadt. Danach kosten 15 Minuten jeweils 1 Euro. Bei den Transporträdern ist es nun anders: 1 Euro für die ersten 30 Minuten, danach 1 Euro für 15 Minuten.
Norderstedt: Lastenräder immer wieder Ziel von Vandalismus
Dass die Lastenräder nicht mehr anfangs umsonst sind, hat einen Grund, denn diese sind immer noch zu oft Ziel von Vandalismus. Die unschuldigen Gefährte rufen bei manchen Menschen offenbar Emotionen hervor. Haß: „Es besteht die Hoffnung, dass, wenn es ab der ersten Sekunde etwas kostet, die Räder vielleicht nicht ausgeliehen werden, um sie auseinanderzunehmen.“
Das Gute hierbei: Die Einnahmen behält Nextbike nicht, diese gehen an die Stadt, so ist es vertraglich vereinbart, können also in das System reinvestiert werden.