Henstedt-Ulzburg. Die Henstedt-Ulzburgerin Annika Lott spielt beim olympischen Turnier für Deutschland. Mit welchen Erwartungen sie nach Paris fährt.

Wenn in wenigen Tagen die Olympischen Sommerspiele 2024 beginnen, blickt die ganze Welt auf den Austragungsort Paris. Und bei uns im Norden werden viele Sportbegeisterte mitfiebern, wenn Tennisspieler Alexander Zverev, Weitspringerin Malaika Mihambo oder Schwimmer Florian Wellbrock um die Medaillen kämpfen. Was aber nur wenige wissen: Auch eine Handballerin aus der Region ist in der französischen Hauptstadt dabei und macht sich Hoffnungen, mit der deutschen Nationalmannschaft ein erfolgreiches Turnier zu spielen.

Für die gebürtige Henstedt-Ulzburgerin Annika Lott ist die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Paris der vorläufige Höhepunkt einer Karriere, die 2005 beim SV Henstedt-Ulzburg unter den wachsamen Augen von Trainerlegende Erich Eggenstein begann. In der Saison 2013/2014 lief Lott gemeinsam mit Katharina Filter, die das Tor des deutschen Teams hütet, für die JSG Alstertal/Norderstedt auf. Nach ihrer Rückkehr zum SVHU gewann die 1,80 Meter große Rechtshänderin 2015 mit der weiblichen B-Jugend die Bronzemedaille bei der nationalen Meisterschaft.

Olympia 2024: Annika Lott soll in Paris im Rückraum eingesetzt werden

2016 wechselte sie zum TSV Bayer 04 Leverkusen und wurde mit den Rheinländerinnen 2018 Deutscher A-Jugend-Meister. Noch im selben Jahr ging es für Annika Lott zurück in den Norden zum Buxtehuder SV, für den sie schließlich ihr Bundesligadebüt gab. 2022 folgte dann der Wechsel nach Erfurt zum Thüringer HC, für den sie bis zu diesem Sommer in der höchsten deutschen Spielklasse antrat. Für die Nationalmannschaft kam die 24-Jährige in bislang 26 Partien auf 38 Tore. In Paris soll sie zusammen mit Co-Mannschaftsführerin Alina Grijseels (CSM Bukarest) auf der Mittelposition im Rückraum spielen.

Die 24 Jahre alte Rückraumspielerin hat bislang in 26 Länderspielen 38 Tore erzielt.
Die 24 Jahre alte Rückraumspielerin hat bislang in 26 Länderspielen 38 Tore erzielt. © Buxtehuder SV | DIETER LANGE

Ihren sportlichen Weg begleitet hat Frank Hamann. Er trainierte die hoffnungsvolle Nachwuchsspielerin sowohl in der U-18-Auswahl des Deutschen Handballbundes als auch bei den Drittliga-Frauen des SV Henstedt-Ulzburg, damals zusammen mit Sebastian Schräbler. „Annika stand 2015 in unserem Kader für die U-17-Europameisterschaft in Mazedonien, bekam aber nicht die erhofften Spielanteile. Wir haben dann versucht, sie in Henstedt-Ulzburg über die 3. Liga langsam aufzubauen. Es war früh klar, dass sie die Chance auf eine hochklassige Handball-Laufbahn hat.“

Hamann blickt gern auf die gemeinsame Zeit zurück und fügt an: „Es freut mich zu sehen, wie die Spielerin ihren Weg gegangen ist, sich weiterentwickelt und auch anfängliche Schwierigkeiten gemeistert hat. Annika Lott ist ein tolles Beispiel dafür, wie man trotz Umwegen ganz oben ankommen kann.“ Im Interview mit dem Hamburger Abendblatt verrät Annika Lott, was ihr die Teilnahme an den Olympischen Spielen bedeutet, mit welchen Gefühlen sie in die französische Hauptstadt fährt – und was sie sich für das Turnier vorgenommen hat.

„Olympia ist der Traum einer jeder Sportlerin“

Hamburger Abendblatt: Frau Lott, wie kann man sich den Moment vorstellen, in dem Sie von Ihrer Nominierung für Paris 2024 erfahren haben?

Annika Lott: Das war mega. Es ist der Traum einer jeder Sportlerin, an Olympia teilzunehmen. Die Nachricht hat uns der Nationaltrainer (Markus Gaugisch, Anm. d. Red.) während eines Athletiklehrganges mitgeteilt. Uns war klar, dass dort Gespräche mit allen Spielerinnen geführt werden und die finale Entscheidung bekannt gegeben wird. Ich habe danach sofort meine Freundin und meine Familie angerufen und erzählt, dass ich mit dabei bin. Mein Vater hat daraufhin angefangen zu weinen. Es ist alles sehr aufregend.

Annika Lott (2. v. l.) wird in Paris bei den Spielen der deutschen Mannschaft von Vater Andreas, Freundin Nikoline Lundgreen und Mutter Susan angefeuert.
Annika Lott (2. v. l.) wird in Paris bei den Spielen der deutschen Mannschaft von Vater Andreas, Freundin Nikoline Lundgreen und Mutter Susan angefeuert. © Frank Best | Frank Best

Wegen Ihrer Verletzung im Frühjahr war es keineswegs sicher, dass Sie nominiert werden. Wie sind Sie mit dieser Situation umgegangen?

Ich bin Anfang des Jahres neun Wochen lang mit einer Knieverletzung ausgefallen. Dadurch habe ich auch unsere Olympiaqualifikation verpasst. Es gab aber einen engen Austausch mit dem Bundestrainer. Er hat mir in Aussicht gestellt, dass ich dabei bin, wenn ich rechtzeitig fit werde. Ich bin deshalb sehr erleichtert, dass meine Reha gut gelaufen ist und ich jetzt tatsächlich mit nach Paris fahren darf.

Deutschlands Auftaktspiel gegen Südkorea findet am 25. Juli statt

Die Zeit bis zum Auftaktspiel gegen Südkorea am 25. Juli muss aufregend und anstrengend gleichermaßen sein…

Schon die offizielle Einkleidung aller deutschen Athletinnen und Athleten in Düsseldorf war ein riesiges Event. Das Ganze hat mehr als vier Stunden gedauert. Und am Ende bin ich mit mehr als 80 Ausrüstungsgegenständen nach Hause gekommen. Da habe ich so richtig realisiert, dass es bald losgeht. Ich war jetzt noch einige Tage bei meiner Familie in Henstedt-Ulzburg, am Freitag gegen Ungarn und am Sonntag gegen Brasilien stehen die letzten Testspiele an. Am Montag reisen wir dann von Stuttgart aus mit dem Zug nach Paris.

Welche Ziele haben Sie sich mit dem Team, aber auch persönlich für Ihre ersten Spiele gesetzt?

Bei Olympia starten nur zwölf Mannschaften, das sind die besten Handballteams der Welt. Und wir sind mit dabei. Unsere Gruppe ist mit Norwegen, Schweden, Dänemark, Südkorea und Slowenien sehr schwer. Wir wollen aber unter die ersten vier Teams kommen und somit das Viertelfinale erreichen. Ich persönlich muss auf meine Chance warten. Ich weiß genau, was ich draufhabe, von meiner Verletzung merke ich zum Glück nichts mehr. Wir haben aber auch sehr gute Physiotherapeuten dabei, die uns fit halten.

Olympia-Eröffnungsfeier mit Bootsfahrt aller Nationen über die Seine

Annika Lotts Karriere begann beim SV Henstedt-Ulzburg. Mit der weiblichen B-Jugend gewann die 1,80 Meter große Rechtshänderin 2015 die Bronzemedaille bei der nationalen B-Jugend-Meisterschaft.
Annika Lotts Karriere begann beim SV Henstedt-Ulzburg. Mit der weiblichen B-Jugend gewann die 1,80 Meter große Rechtshänderin 2015 die Bronzemedaille bei der nationalen B-Jugend-Meisterschaft. © Thomas Maibom | Thomas Maibom

Neben Ihren eigenen Partien warten mit der Eröffnungsfeier, dem Olympischen Dorf und vielen weiteren Sportarten jede Menge Eindrücke auf Sie. Worauf freuen Sie sich besonders?

Die Olympischen Spiele sind das größte Sportevent überhaupt. Natürlich liegt mein Fokus in erster Linie auf dem Handball. Aber wenn ich Karten bekomme, möchte ich an spielfreien Tagen gerne einmal bei anderen Sportarten zugucken. Ich lasse das auf mich zukommen. Da wir bereits am Tag vor der Eröffnungsfeier unser erstes Spiel haben, nehmen wir an der Bootsfahrt aller Nationen über die Seine teil. In das Stadion werden wir danach als Team aber nicht einlaufen, weil wir dort mehrere Stunden lang stehen müssten und die Veranstaltung bis in die Nacht dauert.

Werden Sie in Paris auch von Ihrer Familie unterstützt?

Ja, meine Eltern werden extra aus Henstedt-Ulzburg anreisen. Sie haben Eintrittskarten für unsere Spiele bekommen, auch wenn die Tickets nicht gerade günstig sind. Meine Freundin Nikoline Lundgreen ist Dänin und ebenfalls vor Ort. Sie freut sich natürlich besonders auf unser Duell mit Dänemark in der Gruppenphase.

Olympia 2024: Karrierebeginn in Henstedt-Ulzburg und Norderstedt

Denken Sie in diesen Tagen auch an Ihre handballerischen Anfänge in Henstedt-Ulzburg und Norderstedt zurück?

Auf jeden Fall. Es ist verrückt, was ich erreicht habe. Olympia war immer ein großer Traum von mir. Als ich zum ersten Mal für die Nationalmannschaft nominiert worden bin, war das schon eine riesige Sache. Immer, wenn ich bei meinen Eltern in Henstedt-Ulzburg bin und an der Halle des Alstergymnasiums vorbeifahre, denke ich an die Zeit beim SVHU und meine damaligen Wegbegleiter zurück.

Nach den Olympischen Spielen in Paris werden Sie mit dem Wechsel vom Thüringer HC aus der Bundesliga zu Brest Bretagne Handball in die französische Division 1 bereits den nächsten großen Schritt in Ihrer Karriere machen...

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Das ist ein großer Verein. Ich will mich im Ausland beweisen und zum ersten Mal Champions League spielen. Die Gespräche mit dem Club haben mir schnell ein gutes Gefühl gegeben. Der Plan ist, mit meinen Eltern direkt nach Olympia meine Wohnung in Brest einzurichten.

Mit Ihrer Nationalmannschaftskollegin Katharina Filter spielt bereits eine Deutsche in der Hafenstadt in der Bretagne. Welchen Anteil hat Sie an Ihrem Wechsel?

Mit Katharina habe ich schon in Norderstedt und in Buxtehude zusammengespielt. Wir verstehen uns sehr gut, haben natürlich viel über den Verein und ihre Erfahrungen gesprochen. Als mein Wechsel feststand, hat sie mir gleich geschrieben, dass im Block neben ihr eine Wohnung frei wird.