Henstedt-Ulzburg. In Henstedt-Ulzburg sollen am AKN-Bahnhof Sozialwohnungen entstehen. Politik macht Stellplatz-Vorgabe. Jetzt wird die Zeit sehr knapp.
- Firma PSB will geförderte Wohnungen am Bahnhof bauen
- Planungsausschuss: Mindestens ein Stellplatz pro Wohnung
- Zeitdruck, um städtebaulichen Vertrag auszuhandeln
Im Grunde genommen sind es Projekte wie dieses, die Henstedt-Ulzburg dringend benötigt: 41 geförderte Wohnungen in der Ortsmitte, an der Hamburger Straße, unmittelbar am AKN-Bahnhof. Für die Großgemeinde wäre es ein wichtiger Schritt, um Wohnraum zu schaffen. Doch auch nach der Sitzung des Planungsausschusses steht nicht fest, ob das „Neue Mitte Ulzburg“ genannte Quartier tatsächlich realisiert werden kann. Mindestens einen Stellplatz pro Wohnung müsse es geben, hat die Politik einstimmig entschieden, und liegt damit über den Vorstellungen der Investorin, die aus Kostengründen lediglich 0,7, also umgerechnet 29 Plätze, schaffen wollte.
Bebaut werden soll ein Grundstück, auf dem sich bis zum Frühjahr 2022 der Garten- und Blumenhandel der Familie Bade befand. Der Betrieb siedelte um nach Kisdorf, zurück blieb eine Fläche, die als Filetstück gilt. Denn hier sind die Wege kurz zum ÖPNV, zum Einkaufen im CCU und im Gewerbepark Nord. Es handelt sich um ein Vorhaben der Firma PSB von Architektin Beata Trczinski, ein bekannter Name, wenn es um Neubauprojekte in der Großgemeinde geht. Die Wohnungen sollen zwischen 46 und 85 Quadratmeter groß sein.
41 günstige Wohnungen am Bahnhof Henstedt-Ulzburg geplant
Doch was heraussticht, ist das Mobilitätskonzept. Der Vorschlag: Eine „Anpassung an eine zunehmend nachhaltige Verkehrspolitik, die darauf abzielt, den Individualverkehr zu reduzieren und alternative Mobilitätsformen zu fördern“. Und das würde bedeuten: Die geplante Tiefgarage soll deutlich kleiner ausfallen als eigentlich in Henstedt-Ulzburg gefordert. Denn der Bebauungsplan 86, in dessen Bereich sich das Bade-Areal befindet, sieht vor: Für Wohnungen unter 50 Quadratmetern muss ein Stellplatz nachgewiesen werden, für alles darüber sogar zwei. Das wären hier umgerechnet 68.
PSB beantragte, das erheblich zu reduzieren. Das hat zwei Gründe: Die Nähe zum Bahnhof und zu den Einkaufsmöglichkeiten, auch zum Rathaus, gilt als Argument dafür, dass Menschen hier kein Auto benötigen könnten, sondern eben AKN oder Fahrrad nutzen, oder eben zu Fuß gehen. Zudem sei die „Förderung umweltfreundlicher Verkehrsmittel und die Reduzierung von Parkflächen als Maßnahme zur Verringerung des Flächenverbrauchs und zum Schutz von Grünflächen“ ein Ziel des Integrierten Gemeinde-Entwicklungskonzeptes, dem sich Henstedt-Ulzburg vor einigen Jahren bekanntlich verschrieben hat.
PSB: Investor will „Pilotprojekt für autofreie Quartiere“ schaffen
Noch ein Aspekt: Tiefgaragenstellplätze sind teuer, kosten in der Regel um die 30.000 Euro. Das Land Schleswig-Holstein fördert allerdings nur Bauprojekte, die einen Stellplatzschlüssel zwischen 0,4 und 0,7 (pro Wohnung) haben. PSB hat sogar berechnet, dass eine Quote von 0,2 möglich wäre, beantragt aber 0,7. Somit könnte ein „Pilotprojekt für autofreie Quartiere“ entstehen, perspektivisch sogar mit noch weniger Parkraum, falls dieser nicht benötigt würde und in Abstellflächen für Fahrräder umgewandelt werden könnte.
Im Rathaus scheint PSB damit aber abzublitzen. Denn die Ortsplanung antwortet, dass pro Wohnung mindestens ein Stellplatz zur Verfügung stehen müsse. Mehr will die Gemeinde nicht entgegenkommen. Denn es gebe in der Umgebung kein „Überangebot an Stellplätzen“, vielmehr sei die Parkplatzsituation „sehr angespannt“. Und: „Weder die Park- & Ride-Parkfläche entlang der Hamburger Straße, noch die Parkfläche auf dem Marktplatz können für Dauerparker herangezogen werden, da diese zweckgebunden sind.“
Henstedt-Ulzburg: „Stellplatzbedarf in zentraler Lage höher als angenommen“
Zudem bietet „das Vorhabengrundstück bgenügend Fläche sowohl für eine Tiefgarage als auch für Stellplätze im oberirdischen Bereich“, heißt es. Kritisiert wird PSB dafür, dass kein Nachweis vorliege, dass tatsächlich alle Wohnungen öffentlich gefördert sein würden, es gebe bisher keinen städtebaulichen Vertrag, der dies regeln würde.
Auch das Mobilitätskonzept enthalte aus Sicht der Verwaltung keine „konkrete Lösung zur bewussten Vermeidung des motorisierten Individualverkehrs“, vielmehr werde mit der Lage und grundsätzlichen Zielen argumentiert. Car-Sharing wie in Großstädten gebe es in Henstedt-Ulzburg aber nicht, in der Vergangenheit waren solche Angebote mangels Nachfrage eingestellt worden. Das Fazit: „Der hier beantragte Stellplatzschlüssel von 0,7 ist aus verkehrsrechtlicher Sicht [...] nicht vertretbar. Der tatsächliche PKW-Stellplatzbedarf ist auch in dieser zentralen Lage höher als angenommen.“
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Doch niedriger als mindestens einen Stellplatz pro Wohneinheit ging die Politik eben nicht, wobei die Gesamtzahl von 41 auch zwei öffentliche Kurzzeitparkplätze beinhaltet. PSB hatte gewarnt, dass das Projekt dann nicht mehr wirtschaftlich sei, wobei das manche Politiker anzweifeln. Das Unternehmen sagt, dass man die neuen Bedingungen „prüfe“. Die Zeit ist allerdings knapp, denn eigentlich soll in der Gemeindevertretung am Dienstag, 16. Juli (19.30 Uhr, Bürgerhaus), bereits der städtebauliche Vertrag präsentiert und beschlossen werden. Bei einer weiteren Verzögerung ist die Gefahr erheblich, dass es 2025 keine Förderung mehr gibt.
Wohnungsbau Henstedt-Ulzburg: Zusammenhang mit weiterem Vorhaben auf dem Rhen?
Das Quartier spielt auch aus einem weiteren Grund eine spezielle Rolle. Denn wie zu hören ist, sollte dieses eigentlich einmal Teil einer Vereinbarung sein, die ein zweites Projekt betrifft, nämlich auf dem Rhen. Dort will PSB an der Wilstedter Straße gegenüber der Paracelsus-Klinik ein Hotel bauen und ebenfalls Wohnungen, allerdings frei finanzierte. Der Deal sah vor: Das könnte genehmigt werden, sofern an der Hamburger Straße das genaue Gegenteil, also komplett gefördert, entsteht.
Nur: Die Landesplanung und der Kreis lehnen Wohnungsbau hier ab, da das Gebiet unmittelbar an das Naturschutzgebiet Henstedter Moor grenzen würde und sich dazu außerhalb der Siedlungsachse befinde. Als Reaktion darauf empfahl die Verwaltung, hier lediglich eine landwirtschaftliche Fläche zu schaffen, also die Neubaupläne zu stoppen. Der Planungsausschuss lehnte das wiederum aber im letzten September mit den Stimmen von CDU, FDP und BFB ab. Seitdem ist dieses Verfahren in der Schwebe.