Norderstedt. Noch vor Kurzem waren die Pumpen in Norderstedt und Umgebung extrem nachgefragt, es gab lange Wartezeiten. Das hat sich jetzt geändert.
- „Verbraucher sind verunsichert“, sagt Innungsobermeister Lars Krückmann.
- Ein Grund: Norderstedt legt seinen kommunalen Wärmeplan erst Ende 2024 vor.
- Darin ist u.a. geregelt, welche Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen werden können.
Die Wärmewende in Deutschland kommt nicht voran, sie tritt auf der Stelle. Die Losung Wärmepumpe statt Gas-Heizung verfängt nicht mehr auf dem Heizungsmarkt. Wurden die Pumpen, getrieben durch die Gaspreisexplosion und das Heizungsgesetz noch vor nicht langer Zeit stark angefragt und verbaut, so bleiben nun die Handwerksbetriebe auf den Pumpen sitzen.
„Die Verbraucher sind verunsichert“, sagt Lars Krückmann. Der Norderstedter Installateur- und Obermeister der Sanitär-Heizung-Klima-Innung im Kreis Segeberg, der 93 Betriebe angehören, könnte jedem Kunden sofort eine neue Wärmepumpe einbauen. Lange Lieferzeiten für die Geräte? Längst passé.
Wärmepumpen: Leute warten Wärmeplan der Stadt ab
„Wir haben Wärmepumpen auf Lager“, sagt Krückmann, der einen Sechs-Mann-Betrieb in Norderstedt leitet. Aber die Auftragslage sei eher mau. „Neue Gasheizungen sind tot“, sagt er. Wärmepumpen würden noch wenig bestellt. „Wir konzentrieren uns jetzt auf die Sanierung von Bädern.“
Krückmann könnte innerhalb von einer Woche mit zwei Mitarbeitenden beim Kunden anrücken und eine neue Wärmepumpe einbauen. „Doch die Leute warten ab“, sagt er. Sie wüssten noch nicht, was ihnen der kommunale Wärmeplan verspricht, den die Stadt Norderstedt zurzeit erarbeitet und der bis Ende dieses Jahres vorliegen soll, wie Werkleiter Nico Schellmann bestätigt.
Wärmepumpen kommen für 8000 Haushalte infrage
Ein erstes Zwischenergebnis dazu hatte im Mai das beauftragte Hamburg-Institut bei einer öffentlichen Veranstaltung vor 150 Besuchern in der „TriBühne“ gegeben Demnach wären 5100 Gebäude in Norderstedt gut geeignet, um an das Fernwärmenetz angeschlossen zu werden. Etwa 8000 Haushalte sollten sich darauf einstellen, eher eine Wärmepumpe als eine Heizungsanlage anzuschaffen und für weitere 3600 der insgesamt 16.700 Gebäude in Norderstedt müssten noch andere Lösungen gefunden werden.
20 bis 30 Häuser würden derzeit von den Stadtwerken im Jahr an das Fernwärmenetz angeschlossen, sagt Werkleiter Schellmann. „Wir können und müssen 100 Fernwärmeanschlüsse im Jahr schaffen.“ Den genauen Zeitplan, das Tempo und wo es losgehen solle, werde die Politik Ende des Jahres vorgeben. Zurzeit investierten die Stadtwerke fünf Millionen Euro in diese kommunale Wärmeplanung, sagt Werkleiter Schellmann. „Norderstedt ist da schon recht weit. Wir sind neben Flensburg und Kiel Vorreiter im Land bei der kommunalen Wärmeplanung.“
Bis Fernwärme kommt: „Was passiert in der Zwischenzeit?“
Doch selbst bei 100 neuen Fernwärmeanschlüssen im Jahr wird es noch viele Jahre dauern, bis alle Gebäude, die dafür in Frage kämen, an das Netz angeschlossen werden. Darum fragt sich auch Kreishandwerksmeister Krückmann, wie die Leute in der Zwischenzeit heizen sollen. „Was passiert, wenn die alte Gasheizung plötzlich kaputt geht? Werden sie die dann trotzdem für einige Tausend Euro reparieren lassen? Warten sie lieber ab? Wer übernimmt die Gewährleistung für gebrauchte ältere Heizungsanlagen?“
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Fragen, die auch für die Fachleute bis heute nicht ausreichend geklärt seien. Gut 100 neue Gasheizungen habe seine Firma voriges Jahr noch eingebaut, sagt Krückmann – dagegen nur sechs Wärmepumpen in zwei Jahren, erklärt Krückmann. Etwa 12.000 Euro koste eine neue Gasheizung mit Einbau, für die Wärmepumpe würden etwa 30.000 bis 40.000 Euro fällig. Allerdings gebe es Zuschüsse vom Bund, die bis zu 70 Prozent der Einbaukosten ausmachen könnten.
Zu der normalen 30-Prozent-Förderung kämen bis zu 20 Prozent für diejenigen hinzu, die ihre Gasheizung möglichst rasch noch vor 2028 durch eine Wärmepumpe austauschen ließen. Weitere 30 Prozent der Kosten könnten gefördert werden, wenn das zu versteuernde Haushaltseinkommen unter 40.000 Euro im Jahr liegt.
Wärmepumpe: Norderstedter ist zufrieden und spart
Einer, der sich schon vor zwei Jahren für eine neue Luftwärmepumpe entschieden hat, ist der Norderstedter Sascha Glover. „Unsere alte Gastherme war kaputt und schon 20 Jahre alt. Sie verlor Wasser und die Ventile waren undicht.“ Da wollte er auch aus umweltpolitischen Gründen auf eine mit Strom betriebene Wärmepumpe wechseln, die er später dann auch mit Solarstrom auf dem Dach seines Reihenhauses betreiben könnte, sagt der Norderstedter Familienvater.
Allerdings brauchte seine dreiköpfige Familie einen etwas längeren Atem. Elf Monate dauerte es, bis die neue Wärmepumpe endlich geliefert und eingebaut werden konnte. Die vorhandenen Heizungsrohre und Heizungskörper im Haus mussten nicht ausgetauscht werden. Aber er brauchte einen sogenannten Verdichter für das Kühlmittel, das die Wärme erzeugt und mit der Wärmepumpe draußen vor dem Haus verbunden ist. Und ein Pufferspeicher, der bis zu 500 Liter warmes Wasser aufheizen kann, steht im Keller und ist etwa so groß wie zwei Waschmaschinen.
Wärmepumpe: Gasheizung verbrauchte mehr Energie
Nach jetzt genau einem Jahr des Heizens mit der Wärmepumpe sagt Glover: „Wir sind voll zufrieden. Die Wohnung ist immer warm, das Duschwasser jederzeit heiß.“ Weder Frau noch Tochter oder er hätten im Winter gefroren. Alle Räume in allen Stockwerken wurden gut beheizt. Und der Stromverbrauch mit 4500 Kilowattstunden nur für die Wärmepumpe in einem Jahr sei auch zufriedenstellend.
„Wir haben sogar zehn Prozent Energiekosten im Vergleich zur Gasheizung vorher eingespart“, sagt Glover. Auch die erste Wartung der Wärmepumpe sei gut verlaufen, die ihn abzüglich der Bundesförderung etwa 20.000 Euro gekostet habe. Er könnte den Einbau einer Wärmepumpe nur weiter empfehlen.