Bad Segeberg. Marie Holtfreter aus Norderstedt holt auf Amorio den Titel bei den Jungen Reitern. Welche Entscheidung dafür verantwortlich war.

Bei der Siegerehrung beim Landesturnier der Reiter in Bad Segeberg fing Amorio dann doch an zu tanzen. Ganz freiwillig. „Weil er nie richtig stillstehen kann“, hatte Marie Holtfreter vorher schon erzählt, so als hätte sie es geahnt. Machte aber ja auch nichts, denn Amorio hatte bis dahin wirklich alles richtig gemacht. Und Holtfreter ganz offensichtlich auch.

Die 18 Jahre alte Dressurreiterin hatte erst Anfang des Jahres entschieden, von nun an lieber freiwillig eine Klasse höher starten zu wollen: bei den Jungen Reitern statt bei den Junioren. Dabei hätte sie eigentlich erst im kommenden Jahr gewechselt, wäre also erst dann die S-Dressur geritten. „Aber mein Pferd ist auf der Galoppstrecke besonders stark – und die ist eben in der S-Dressur und nicht in der M-Dressur besonders wichtig.“

Dressurreiten: Der Amorio ist etwas hibbelig und zappelig

Wäre der zwölfjährige Holsteiner ein Kind, würde man vielleicht sagen, er sei etwas hibbelig und zappelig. Doch wenn Marie Holtfreter ihn reitet, ist er all das nicht mehr – und scheint sichtlich Spaß an seinem Job als Dressurpferd zu haben. Zur Musik aus dem Film „Top Gun“ zeigten die beiden auf dem Landesturnierplatz in Bad Segeberg eine tolle Leistung. „Die Musik zu meiner Kür hat meine frühere Klavierlehrerin für mich zusammengestellt“, erzählt die junge Reiterin.

Klavierunterricht allerdings hat sie schon lange nicht mehr. Und auch mit dem Ballett habe sie längst aufgehört. Das Reiten nahm nämlich in den vergangenen Jahren neben der Schule allen Platz ein. Und doch wirken Ballett und Klavier sicherlich bis heute nach. Ganz im Einklang ist sie mit ihrem Pferd, beherrscht ihren Körper zur Musik, spürt den Takt, fühlt den Rhythmus des Tieres.

Auch die Eltern von Marie Holtfreter sind begeisterte Reiter

Ihre Eltern, die ebenfalls begeisterte Reiter sind und sich sogar im Stall ineinander verliebt haben, legten ihr die Sache mit dem Reiten geradezu mit in die Wiege: „Als meine Mutter nach meiner Geburt mit mir aus dem Krankenhaus kam, ist sie gleich in den Stall gegangen. Mich hat sie immer im Kinderwagen mit dabei gehabt. Und später, als ich drei oder vier Jahre alt war, bekam ich mein erstes Pony. Wahrscheinlich bin ich mehr als 30 Mal von ihm heruntergefallen – er war ziemlich frech, aber irgendwie auch richtig toll.“

Jedes Pferd reiten, sich immer wieder ausprobieren, neue Herausforderungen annehmen – Marie Holtfreter hat das seit diesem frechen kleinen Pony nie wieder aufgehört und reitet inklusive Amorio bis zu fünf Pferde am Tag. Damit die Schule nicht darunter leidet, hat sie sich die jeweils halbstündige Autofahrt vom Hamburger Stadtteil Eppendorf, wo sie lebt, bis nach Norderstedt, wo sie reitet, als Hausaufgabenstrecke auserkoren: „Ich glaube, wenn ich zu den Leuten gehört hätte, denen beim Lesen und Schreiben während des Autofahrens schlecht wird, hätte ich das alles nicht geschafft. Außerdem bin ich eine Frühaufsteherin, so konnte ich den Rest der Hausaufgaben immer auch noch morgens vor der Schule machen.“

Die 18-Jährige beginnt 2024 ein Pharmazie-Studium

So packte sie diesen Sommer locker das Abi und plant, im kommenden Jahr zum Sommersemester ein Pharmazie-Studium zu beginnen. Bis dahin will sie vor allem: reiten! Während Marie Holtfreters ihr eigenes Pferd Amorio im Reiterhof Syltkuhlen in Norderstedt untergebracht hat, trainiert sie wenige Meter davon entfernt im Stall von Christina Lebens, wo auch Fantango steht – das andere Pferd, das sie auf Turnieren reitet.

Mehr zum Thema

Richtig viel Freizeit bleibt zwischen all dem nicht, und das bereits seit Jahren. Ihre Freundinnen und Freunde haben sich daran gewöhnt: „Ich bin meistens die, die etwas später kommt, aber ich genieße meine beiden Freundeskreise sehr.“ Die eine Gruppe seien die Menschen, mit denen sie ihre Liebe zu Pferden teilt, die andere seien ihre ganz normalen Freunde in der Stadt – „und das finde ich immer wieder schön, auch mit Menschen zusammen zu sein, bei denen es gar nicht um Pferde geht, sondern mit denen ich einfach nur abends weggehen und Spaß haben kann.“