Henstedt-Ulzburg. Erst Corona-Pandemie, dann plötzliches Berufsverbot: Doch Anika Heinsohn hat ihren Traum von einer Reitschule nie aufgegeben.

  • Anika Heinsohn bietet auf einem Pferdehof in Henstedt-Ulzburg nicht nur gewöhnlichen Reitunterricht an. Hier können Interessierte viel über die Gesundheit von Pferden und Beziehungen zwischen Mensch und Tier lernen.
  • Weil die 41-Jährige keinen speziellen Trainerschein hatte, wurde ihr ein sofortiges Berufsverbot verordnet.
  • Sie kämpfte gegen die Bürokratie und baute sich Reitschule wieder auf.

Ob eine schlechte Phase im Leben im Nachhinein Sinn ergibt? Für Anika Heinsohn stand das immer außer Frage. Auch wenn sie auf so manchen Tiefschlag der vergangenen Monate ganz gerne verzichtet hätte.

Ein kleiner Holztisch mit zwei Stühlen. Daran sitzt die 41-Jährige und erzählt. Zuerst von früher. Als sie ein kleines Mädchen war und ihr Opa noch lebte. Auf dem kleinen Pferdehof in Henstedt-Ulzburg, der seit Generationen ihrer Familie gehört. „Er hatte zwar Milchvieh, aber eben auch Arbeitspferde. Irgendwann fing er an, ein bisschen zu züchten. Er liebte Pferde und hat mir das ohne große Worte mitgegeben.“ Schon als Kleinkind saß Heinsohn auf dem Pferderücken. Im Grundschulalter erhielt sie Reitunterricht, mit elf Jahren dann ihr erstes eigenes Pony: Hella.

Reiterhof: Prägendes Kindheitserlebnis mit einem Reitlehrer alter Schule

Mit ihr zusammen hatte sie ein sehr prägendes Erlebnis mit einem Reitlehrer alter Schule: „Als sie nicht direkt gehorchte, wollte er, dass ich sie mit der Gerte schlage. Ich bin abgestiegen, hab ihm gesagt, dass ich das nicht möchte und bin nie wieder zum Unterricht gegangen.“

Da war eine ganze Menge Trotz. Und ein untrügliches Gespür für das, was sich für sie richtig und was sich falsch anfühlt. „Das ist Jahre her, und er war ein alter Lehrer. Aber von da an sah ich vieles in der klassischen Reitausbildung kritisch und suchte mir über Praktika, später über Fortbildungen und Ausbildungsgänge andere, eigene Wege.“ Die Liste der alternativen Lehrgänge ist lang und reicht von „Reiten in Harmonie“ und über klassische Dressur bis hin zu Reiki. „Ich wollte so auf das Wesen der Pferde eingehen. Die Tiere wirklich fühlen und verstehen.“

Kein Halfter, kein Strick, einfach nur sanfte Berührungen

Beobachtet man Anika Heinsohn, scheint genau das zu funktionieren. Kein Halfter, kein Strick. Einfach nur sanfte Berührungen, eine Art innere Verbindung. 2004 machte sie sich als Reitlehrerin selbstständig, unterrichtete zuerst mobil auf anderen Höfen und von 2010 an auf dem elterlichen Hof. Mit den Jahren wurde der Betrieb immer größer. Insgesamt 17 Pferde und Ponys, vom Shetty bis zum Holsteiner. Tiere von Einstellern kamen hinzu. Rund 50 Reitschülerinnen und Reitschüler jeden Monat. Reitstunden, Seminare…

Das Motto in Henstedt-Ulzburg:  Muskelcoaching und Reiki statt konventioneller Trainingsmethoden.
Das Motto in Henstedt-Ulzburg: Muskelcoaching und Reiki statt konventioneller Trainingsmethoden. © Unbekannt | Tanja Breukelchen

Besonders die Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen macht ihr heute großen Spaß. „Weil ich ihnen zeigen kann, wie wichtig es ist, das Pferd oder Pony zu verstehen – und es zu spüren. Denn man muss ja zuallererst begreifen, dass Pferde Fluchttiere sind. Sie lesen unsere Körper- und Energiesprache, können unseren Herzschlag schon auf knapp drei Meter Entfernung spüren. Wenn wir dann gehetzt und vom Alltag abgelenkt mit ihnen arbeiten und unsere Gedanken dabei von ihnen weg wandern, bemerkt das Pferd das und reagiert darauf.“

Die Corona-Pandemie war ein herber Schlag ins Kontor

Ein Ansatz, der ihr wichtig ist und nicht nur im Netz gute Bewertungen und begeisterte Kommentare hervorrief. Dann allerdings kam das Jahr 2020 – und die Corona-Pandemie. Der Reitunterricht wurde massiv eingeschränkt, war eigentlich gar nicht mehr möglich. Die mehr als 4000 Euro Kosten pro Monat für Futter, Tierarzt und Versicherungen blieben jedoch.

Es wurde knapp für Anika Heinsohn. Und noch knapper, als sie zuletzt auch noch die Corona-Beihilfe zurückzahlen musste. Über eine Spendenaktion und einen Aufruf über das Hamburger Abendblatt schaffte sie es so gerade eben, ihre Reitschule durch die Pandemie zu bringen.

Ohne den FN-Trainerschein C gab’s ein Problem mit dem Ordnungsamt

Doch genau in dem Moment, als sie dachte, jetzt geht es wieder aufwärts, kam ein Anruf vom Ordnungsamt: „Man fragte mich nach meiner tierschutzrechtlichen Erlaubnis. Die hatte ich tatsächlich nicht, denn mein Reitunterricht hatte sich über Jahre aufgebaut, mit all meinen Qualifizierungen und Fortbildungen. Was ich gebraucht hätte, wäre der FN-Trainerschein C gewesen. Aber dieser klassische Weg war ja genau das, was ich nie wollte.“

Was dann kam, wollte Anika Heinsohn auch nicht: ein sofortiges Berufsverbot bis November 2022. Eine harte Zeit, in der sie per Fernstudium anfing, Tierpsychologie zu studieren und zu Hause auf ihrem Hof zwischen Verordnungen, Paragrafen und Kleingedrucktem an allen Fronten kämpfte. „Am Ende wurde ich vor mehrere Prüfungen gestellt, die ich alle bestand, so dass mir das Ordnungs- und das Veterinäramt am Ende wieder grünes Licht gaben.“

Reiterhof: Weniger normaler Unterricht, mehr Seminare und Coachings

Ihre Reitschule gibt es wieder, wenn auch auf zehn eigene Pferde und Ponys abgespeckter – und in abgewandelter Form. „Ich habe aus den letzten drei Jahren gelernt und bin mehr denn je überzeugt davon, dass die schlechte Zeit auch ihr Gutes hatte. Ich fange noch einmal ganz neu an, reduziere den normalen Reitunterricht und werde mehr Seminare und Coachings anbieten. Momentan sitze ich parallel zur Abschlussarbeit in Tierpsychologie an Konzepten, mit denen ich sehr bald starten möchte.“

Alles zurück auf Anfang also. Mit einem guten Gefühl. Und ganz vielen Plänen im Kopf. An einem Holztisch mit zwei Stühlen. Zwischen Ponys, Pferden. Und mit ganz viel neuem Mut.

Auf der Anlage an der Norderstedter Straße sind Idylle und artgerechte Tierhaltung an der Tagesordnung.
Auf der Anlage an der Norderstedter Straße sind Idylle und artgerechte Tierhaltung an der Tagesordnung. © Unbekannt | Privat

Das sind die Angebote von Coaching Healing Horses

Einzelbegleitung
45 Minuten/50 Euro; Boden- und Energiearbeit, Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen, Reiten. Inhalte sind u. a. Gesunderhaltung von Pferd und Pony, Schulung der eigenen Balance, Bedeutung der Atmung, Körpersprache und Kommunikation.

Intensivbegleitung

90 Minuten/120 Euro; Bedürfniskommunikation/innere Losgelassenheit, Harmonisierung der Beziehung zwischen Pferd/Reiter.

Hilfe zur Selbsthilfe

120 Minuten/240 Euro; Begleitung der Pferde und Ponys,u. a. art- und verhaltensgerechte Haltung und Fütterung, Pferdeflüstern, Putzen, Bodenarbeit, Wahrnehmung, Körpersprache.

Tierenergetik

60 Minuten/80 Euro; u. a. Reiki, Kinesiologie, Muskelcoaching, Tierkommunikation.

Infos: Anika Heinsohn Coaching Healing Horses, Norderstedter Straße 81, 24558 Henstedt-Ulzburg; Kontakt: 0173/673 11 92.